Medikamentenmangel Gesundheitssystem braucht Rundum-Kur
Viel wurde herumgedoktert am Gesundheitssystem - doch all die politischen Therapien haben wenig genützt: Die Kliniken sind überlastet und Medikamente fehlen. Jetzt muss eine systemische Rundum-Kur her.
Unser Gesundheitssystem zeigt bedenkliche Schwächen. Regierung nach Regierung hat an den Problemen nur herumgedoktert und sie damit verschlimmbessert. Jetzt ist es Zeit für eine Rundum-Kur.
Schon vor Jahren lautete die Diagnose: Unser Gesundheitssystem ist zu teuer. Die Therapie: Ein bisschen Preisdruck könnte doch gut tun. Jahre später hat sich nichts daran geändert, dass wir in Europa am meisten für Gesundheit ausgeben.
Immer mehr Symptome
Aber weil an den falschen Stellen gespart wurde, zeigen sich noch mehr "Krankheitssymptome": Kliniken sind überlastet, es fehlt an Ärzten und Pflegepersonal, wichtige Medikamente sind nicht lieferbar.
Die Einsicht in der Politik kommt spät, aber immerhin: Die "Therapie" des Sparens ist gescheitert. Nun versucht der Bundesgesundheitsminister es mit dem Gegenteil: mehr Geld für Krankenhäuser, mehr Geld für Pflegepersonal, mehr Geld für Medikamente. Kurzfristig sind Anreize gut, damit etwa Hersteller wieder mehr Kindermedikamente nach Deutschland verkaufen. Lauterbach sollte als Professor für Gesundheitsökonomie allerdings wissen, dass dies eine teure Langzeittherapie würde.
Systemische Lösung muss her
Stattdessen muss das viele Geld im System neu verteilt werden. Es ist keineswegs so, dass Deutschland zu wenig ausgibt: Zuletzt haben die Krankenkassen mehr als 46 Milliarden Euro im Jahr für Medikamente gezahlt. Die Ausgaben steigen sogar, vor allem bei den patentgeschützten Medikamenten.
Ungesund ist dagegen der Preisdruck bei den patentfreien Arzneien wie Fiebersaft oder Antibiotika. Da hatte die Politik verordnet, immer nur das Billigste einzukaufen. Und der Markt hat sich nicht etwa gesund- sondern krankgeschrumpft.
Für Hersteller lohnt es sich nicht mehr, in Europa zu produzieren oder nach Deutschland zu verkaufen. Wenn dann nur noch ein oder zwei Produzenten ein wichtiges Krebsmedikament liefern können, ist das lebensbedrohlich. Jetzt wäre es falsch, wieder ein Symptom mit einer radikalen Therapie zu bekämpfen. Es muss eine systemische Lösung her.
Langwieriger Heilungsprozess
In Lauterbachs Vorschlägen sind Ansätze dafür zu finden: die Verpflichtung, Medikamente nicht nur beim billigsten Anbieter weltweit, sondern auch aus Europa zu beziehen; der Plan, Vorräte und Engpässe im Blick zu behalten. Das ist richtig, wird aber klare Regeln und regelmäßige politische Visiten erfordern, ob sich der Zustand bessert oder neue Mittel nötig sind.
Die Produktion von Medikamenten zurück nach Europa zu verlagern, wird Jahre dauern. Genauso langwierig wird der Heilungsprozess bei den Krankenhäusern und in der Pflege. Für all das wird das Gesundheitssystem mehr brauchen als nur Geld. Immerhin hat es inzwischen die notwendige Aufmerksamkeit, die es als "schwieriger Patient" verdient.
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