EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen äußert sich im September 2023 vor der Presse, neben ihr stehen Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (re.) und Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst.
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Treffen der Länderchefs Ein falsches Signal an Brüssel

Stand: 07.09.2023 18:19 Uhr

Eigentlich wollen die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten Druck auf die Bundesregierung ausüben. Doch unbewusst schieben sie die Schuld für die schwächelnde Wirtschaft auch der EU zu - und das zu Unrecht.

Es ist zwar keineswegs ihre Absicht, aber die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten aus Deutschland schieben Europa und Brüssel trotzdem irgendwie den schwarzen Peter zu. Bedeutungsschwer haben sie ihre Konferenz in Brüssel abgehalten, mit EU-Kommissarin Ursula von der Leyen und einigen ihrer Kommissare gesprochen und diverse Statements vor EU-Kulisse abgegeben. Die Botschaft: Nehmt uns und unsere Interessen endlich ernst.  

Als ob die EU das bisher nicht gemacht hätte. Um das klar zu stellen: Der sogenannte Green-Deal, das Ziel der Klimaneutralität bis 2050, dient ja nicht dazu, irgendwen in Europa kleinzukriegen oder auch nur zu schwächen. Sondern im Gegenteil: Europa und ja - auch und gerade die europäischen Regionen - stärker zu machen. Also auch die Bundesländer. Weil dieser Green-Deal nämlich die Voraussetzung ist, um künftig im internationalen Wettbewerb mitzuhalten, um unabhängig von fossiler Energie zu werden und um neue unternehmerische Ideen und neues Wachstum auf den Weg zu bringen. 

Wachstum dank Hilfe für wenige Großunternehmen

Neues Wachstum - darauf kommt es an. Wenn man die Ministerpräsidenten aus Deutschland hört, dann klingt es so, als würde da einem Wachstum von gestern das Wort geredet. Einem Wachstum, das nur dann funktioniert, wenn der Staat jetzt einigen wenigen und meist großen Unternehmen mit viel Geld unter die Arme greift. Damit für sie - und im Prinzip nur für sie - der Strom möglichst günstig bleibt. Unternehmen etwa aus der Stahl- oder der Chemieproduktion.  

Damit senden die Länderchefs - bei aller Europafreundlichkeit, die man ihnen ohne jeden Zweifel abnehmen darf - leider zwei völlig falsche Signale. Zum einen nämlich jenes, dass der Green-Deal die Wirtschaft überfordert, letztlich also überzieht. Womit sie Brüssel zumindest einen erheblichen Teil der Verantwortung dafür zuschieben, dass Deutschlands Wirtschaft ins Straucheln kommt. Und zum anderen, dass solche Subventionen ökonomisch tatsächlich sinnvoll seien. Sind sie nicht, im Gegenteil: Sie verzerren den Wettbewerb, nicht nur im europäischen Binnenmarkt, sondern auch in Deutschland selbst.  

Drohender Schub für EU-Verdrossenheit

Kaum minder ärgerlich, dass die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten auf diese Weise auch noch unfreiwillig die EU-Verdrossenheit befördern. Weil sich bei der deutschen Bevölkerung der Eindruck verfestigt: Brüssel wolle mit seinen grünen Ambitionen Deutschland schaden. Das könnte den Rechtspopulisten bei den nächsten Wahlen und auch bei der Europawahl im kommenden Jahr in die Hände spielen. Leider.  

Natürlich wollen das Deutschlands Länderchefs nicht. Sie sollten sich deshalb genau überlegen, welche Botschaften sie aussenden wollen und welche sie tatsächlich aussenden. Schließlich: Deutschlands Wirtschaft schwächelt derzeit nicht wegen des Green-Deals der EU, sondern weil viele Jahre lang der Umbau hin zu einer klimaneutralen Basis entweder verschlafen oder bewusst verzögert wurde. Das rächt sich jetzt. Aber damit hat Brüssel nichts zu tun.   

Holger Beckmann, Holger Beckmann, WDR Brüssel, tagesschau, 07.09.2023 17:28 Uhr
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Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 07. September 2023 um 17:36 Uhr.