Bundeswehrreform Eher kein großer Wurf
Mit der Strukturreform bei der Bundeswehr geht Verteidigungsminister Pistorius viele logische Schritte. Doch um die vielen Probleme der Truppe zu lösen, ist noch viel Feinabstimmung nötig.
Ja, die Bundeswehr muss kriegstüchtig werden. Es ist richtig, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius das nicht nur ausspricht, sondern auch die Truppe entsprechend umbaut. Das ist seit Jahren überfällig. Doch der Weg dahin wird lang und beschwerlich. Denn Pistorius muss sich mit vielen in der Bundeswehr anlegen. Er will Strukturen verschlanken, Hierarchien abbauen, wodurch Menschen Macht verlieren.
Es gab schon viel interne Kritik und es wird noch einige folgen, sagt Pistorius. Wichtig ist, dass sich der Minister diesen Machtkämpfen stellen will, sich nicht wegduckt und diese Reform ernsthaft angeht. Der SPD-Politiker will das Signal aussenden: Ich schaffe das! Wenn es so wäre, würde ihn das von einigen seiner Vorgängerinnen unterscheiden.
Wichtige Aufwertung der Cybersicherheit
Für viele Diskussionen dürfte die Neustrukturierung des Unterstützungsbereichs sorgen, also der Teile der Bundeswehr, die dafür zuständig sind, dass die Streitkräfte kämpfen können: Logistik, Feldjäger, Sanitätsdienst. Sie werden unter ein Kommando gebündelt und verlieren damit an Eigenständigkeit.
Aber dieser Schritt ergibt Sinn: Alle Teilstreitkräfte - Heer, Luftwaffe, Marine - sollen künftig die Unterstützung anfordern können, die sie gerade benötigen - auch die zusätzliche Teilstreitkraft Cybersicherheit, die nun kommen soll. Dass dieser Bereich aufgewertet wird, ist wichtig. Die Bundeswehr muss sich besser gegen Kriegsführung im digitalen Raum aufstellen, die eine immer größere Bedrohung wird. Dazu bekommt sie eine einheitliche Kommandostruktur, was auch ein logischer Schritt ist.
Verschlankung ohne Einsparungen
Ist diese Reform also der ganz große Wurf? Wohl eher nicht. Es ist zwar von Verschlankung die Rede, aber der Minister sagt gleichzeitig: Einsparungen sind nicht geplant - und auch nicht, dass die Zahl der Generäle und Admiräle schrumpfen soll.
Das klingt danach, als würde es bald einige Könige ohne Reich bei der Bundeswehr geben: Personal, das an Einfluss verliert, aber weiter hochbezahlt wird und schlimmstenfalls nichts mehr zu tun hat. Dagegen werden weiter 20.000 zusätzliche Soldatinnen und Soldaten gebraucht, um die Truppe auf die Stärke zu bekommen, die sie haben soll. Wie das funktionieren soll, beantworten die Reformpläne nicht. Und zu einer möglichen Reaktivierung der Wehrpflicht wird der Minister auch nicht konkret. Hier sind Antworten fällig.
Kriegstüchtig wird die Bundeswehr durch diese Umbaupläne noch nicht. Dafür ist die Liste mit Mängeln an Ausstattung und Infrastruktur zu lang. Und diese Probleme lassen sich nicht auf einen Schlag lösen. Das weiß Pistorius. Wohl auch, dass sein Projekt eher die Bundeswehr der näheren Zukunft darstellt, für die noch jede Menge Feintuning nötig ist - und einige Widerstände zu überwinden sind.