Neue Imam-Vereinbarung Die Türkei wird weiter Einfluss haben
Laut Bundesinnenministerium sollen künftig mehr Imame in Deutschland ausgebildet werden - und zwar durch den Moscheeverband DITIB. Am Einfluss des türkischen Staates wird sich daher leider nichts ändern, meint Ulrich Pick.
Auf den ersten Blick sieht die Mitteilung aus dem Bundesinnenministerium gut aus. Indem künftig weniger Imame aus der Türkei entsandt und dafür mehr Vorbeter in Deutschland - genauer gesagt am DITIB-Seminar im nordrhein-westfälischen Dahlem - ausbildet werden, wird den Lebensumständen der hiesigen Muslime Rechnung getragen.
Denn erstens haben die meisten entsandten Imame von den politischen wie sozialen Bedingungen in Deutschland fast keine Ahnung. Zweitens sprechen sie in der Regel nur Türkisch, was gerade für jüngere Muslime, die hier aufgewachsen sind und besser Deutsch als die Sprache ihrer Eltern sprechen, ein Problem ist.
Im DITIB-Beirat sitzen Vertreter des Religionsministeriums
Doch so erfreulich diese zu erwartenden Neuerungen sind, das eigentliche Problem der aus der Türkei entsandten Imame wird durch die Abmachung im Grunde nicht berührt: nämlich die politische Einflussnahme des Amtes für religiöse Angelegenheiten in Ankara. Denn der Moscheeverband DITIB ist - auch wenn es oft abgestritten wird - der deutsche Arm eben dieser politisch-religiösen Instanz.
Innerhalb von DITIB gibt es nämlich einen fünf Personen umfassenden Beirat, in dem nach wie vor Vertreter des türkischen Religionsministeriums sitzen und der weitgehende Durchgriffsrechte innerhalb des Verbandes hat. Kurzum: Der Einfluss des Staates Türkei auf hiesige Muslime, den Präsident Erdogan seit Jahren durch DITIB in Deutschland betreibt und auch ausnutzt, dürfte auch bei einer künftigen Ausbildung in Dahlem anhalten.
Verband ist nicht zur Zusammenarbeit bereit
Der Fehler der neuen Vereinbarung, die das Bundesinnenministerium jetzt bekannt gegeben hat, ist, dass DITIB im Grunde nicht mit anderen Moschee-Verbänden hierzulande zusammenarbeiten möchte - und zwar mutmaßlich, um die bisherige politisch-religiöse Verbindung zur Türkei beibehalten zu können.
Das wurde schon im Herbst 2018 deutlich, als der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer bekannt gab, in Osnabrück als erstes unabhängiges Imam-Seminar das Islamkolleg Deutschland errichten zu wollen. Damals schlug DITIB eine Zusammenarbeit mit dem neuen Projekt aus. Stattdessen gab man wenige Monate später bekannt, eine eigene Ausbildungsstätte für Vorbeter in Deutschland aufmachen zu wollen - und zwar in Dahlem.
Fazit: Auch wenn das Bundesinnenministerium jetzt sagt, dass man im Rahmen des neuen DITIB-Ausbildungsprogramms in Dahlem eine "Kooperation mit dem Islamkolleg Deutschland anstrebt", wird sich an der Einflussnahme des türkischen Amtes für religiöse Angelegenheiten auf hiesige Imame wohl so schnell nichts ändern. Schade!
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