EU-Einigung auf Gas-Sparplan Eine erstaunliche Leistung
Auch wenn es nur freiwillige Sparziele sind, die die EU-Staaten beschlossen haben - eins ist klar: Es ist ein Signal der Geschlossenheit. Im Notfall kann man hoffen, dass Europa dann schnell handelt.
Das war mehr, als man erwarten konnte. Noch keine Woche ist es her, dass Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihren Vorschlag zum Gassparen vorlegte.
Die Einigung jetzt, sozusagen im Expressverfahren, ist für Brüsseler Verhältnisse eine erstaunliche Leistung und ein Signal der Geschlossenheit. Am Ende stimmte nur Ungarn gegen den Kompromiss, der sicher auch unter dem Eindruck der gestern angekündigten weiteren russischen Gasreduzierung zustande kam.
Gemeinsames Vorgehen
Die Angst vor dem Winter ist bei allen groß, und wenn man sich nicht gemeinsam gegen Russland behaupten kann - ein Land allein würde es schon gar nicht schaffen. Und wer im Ernstfall mit der Solidarität der anderen rechnen möchte, der darf sich dem gemeinsamen Vorgehen nicht verschließen. Zumal dies vorerst nur symbolisch ist, und sich jedes Land auch weiter vorrangig um seine Belange kümmern kann.
Denn Kommissionspräsidentin von der Leyen scheiterte auch diesmal mit ihrem Versuch, sich in nationale Kompetenzen bei der Energiepolitik einzumischen. Die EU-Länder wollen selbst über die Ausrufung eines Gas-Notstands entscheiden und haben da der EU-Kommission das Heft des Handels aus der Hand genommen.
Diverse Ausnahmeregelungen
Im Vergleich zum Vorschlag der Kommission gibt es jetzt auch zahlreiche Ausnahmeregelungen. Länder wie Zypern, Malta oder Irland, die traditionell kaum vom russischen Gas abhängig sind, sollen nicht zum Gassparen verpflichtet werden, so lange sie eben nicht direkt mit dem Gasverbundnetz eines anderen Mitgliedstaats verbunden sind.
Für Länder mit großen Gasvorräten sollen die Zielvorgaben zur Drosselung ebenfalls niedriger ausfallen. Und Staaten, die den Verbrauch von Gas als Rohstoff etwa zur Erzeugung von Lebensmitteln oder Düngemitteln brauchen, dürfen die Einsparmenge ebenfalls reduzieren.
Sparplan kaum machbar
Diese Aufzählung der Sonderrechte ließe sich noch fortsetzen. Auch wenn es für jede einzelne Ausnahme eine nachvollziehbare Begründung gibt, ist absehbar, dass mit dem, was jetzt als Notfallplan auf dem Tisch liegt, es nicht gelingen wird, 15 Prozent Gas einzusparen.
Aber darum geht es auch nicht. Brüssel liebt einfach Zahlen, auch wenn es wie in diesem Fall nur symbolische Zielvorgaben sind. Denn niemand weiß, ob wir mit den dahinter stehenden rund 45 Milliarden Kubikmeter Erdgas tatsächlich einen überdurchschnittlich kalten Winter überstehen, falls Russland die Lieferungen einstellt.
Und Moskau sieht wahrscheinlich wenig Gründe, die Verpflichtungen aus Friedenszeiten einzuhalten. Vor diesem Hintergrund bedeutet dieser EU-Gasnotfallplan nur die erste Stufe. Je nachdem wie dann der Notfall konkret aussieht - vorerst kann man das wohl nicht einmal ahnen - muss dieser Plan dann den Realitäten angepasst werden. So wie man Stufe eins genommen hat, kann man Hoffnung haben, dass Europa dann schnell handelt und mit den Herausforderungen auch weiter zusammenwächst.
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