EU-Korruptionsskandal Ein plumper Versuch der katarischen Herrscher
Katar ist reich. Und die Herrscher glauben offenbar, sich nicht nur die Fußball-Weltmeisterschaft, sondern auch Ruhm und Ansehen kaufen zu können. Ihr Versuch, Europaabgeordnete dafür zu bestechen, war jedoch plump und unprofessionell.
Die Handlung könnte aus einem mittelmäßigen Film stammen. Eine schöne, junge Abgeordnete lässt ihren Vater einen Aktenkoffer tragen. Er ist voller Geldscheine, im Wert von 600.000 Euro. Der Vater wird auf frischer Tat ertappt, beim Verlassen eines Hotels mitten im Europaviertel von Brüssel. Die Spur führt in die Wohnung der Abgeordneten, seiner Tochter. Und da finden sich noch viel mehr Geldscheine. Alle verpackt in Koffern und Säcken, gebündelt in 20- und 50-Euroscheinen - weshalb die Ermittler anschließend von ungewöhnlich vielen Koffern und Säcken in der Wohnung berichten. So etwas sehe man sonst eher in der Drogenbranche.
Für manche ist das besonders bitter. Vor allem für die jungen Abgeordneten der kleineren Fraktionen, der Grünen und der Liberalen, die jahrelang für Gesetze gekämpft haben, die die Korruption in Mitgliedsländern wie Ungarn und Polen endlich unter Strafe stellen.
Jetzt ist die Korruption mitten im Parlament angekommen - das ist mehr als bitter. Umso wichtiger ist jetzt, dass das Parlament die Kontrollen verschärft - nicht nur bei Treffen der Abgeordneten mit Lobbyisten, das passiert schon, sondern auch bei Kontakten der Abgeordneten zu Vertretern autoritärer Staaten.
Warum Katar so viel Geld in Abgeordnete investiert
Umgekehrt stellt sich natürlich auch die Frage, warum ein Golfstaat wie Katar so viel Geld in die Bestechung einer relativ unbekannten Europa-Abgeordneten investiert.
Auf den ersten Blick klingt das absurd, weil das Europäische Parlament im Bereich der Außenpolitik nur ganz wenige Zuständigkeiten hat. Auf den zweiten Blick fühlt man sich erinnert an das, was vor zwölf, dreizehn Jahren passierte. Da schien es auch völlig absurd, dass eine Fußballweltmeisterschaft zur Weihnachtszeit ausgetragen würde - mitten in einem Wüstenstaat.
Katar hat das Unwahrscheinliche wahr gemacht. Die regierenden Scheichs bezahlten einfach unvorstellbar hohe Bestechungsgelder an FIFA-Funktionäre. Damals ging es nicht um Fußball, sondern um eine langfristige Investition für ein besseres Image der Diktatoren von Katar.
Einfach mal Wertschätzung
Das scheint auch jetzt hinter dem Versuch der Bestechung im Europaparlament zu stehen. Man möchte einfach auch mal positive Reden über Katar hören - Wertschätzung von westlichen Politikern - und nicht immer nur Kritik an der Ausbeutung von Arbeitern beim Stadionbau zum Beispiel, an der Unterdrückung von Minderheiten oder der Unterstützung islamischer Terrororganisationen.
Die Herrscher in Katar glauben, sich Ansehen und Ruhm kaufen zu können. Bei dem Versuch sind sie allerdings vorzeitig aufgefallen. Und das ist in dem ansonsten traurigen Korruptionsskandal fast schon wieder versöhnlich. Denn der Versuch war einfach zu plump und zu unprofessionell - wie in einem mittelmäßigen Film eben.
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