Sondersitzung zu Belarus EU tappt nicht in Putins Falle
Keine militärische Drohgebärde, kein verbaler Ausfall: Beim Belarus-Sondergipfel haben sich die EU-Staaten gemeinsam gegen politisches Kräftemessen entschieden. Nicht einmal Ungarn scherte aus. Das ist bemerkenswert.
In die Falle, die Russlands Präsident Wladimir Putin aufgestellt hatte, ist die EU nicht getappt. Jeder Anschein der direkten Einmischung in Belarus wurde vermieden. Bis zuletzt arbeiteten die Diplomaten an der Gipfelerklärung, feilten an Formulierungen, strichen alles, was dem Kreml Anlass hätte liefern können, die Krise in der Nachbarrepublik mit dem Militär zu lösen.
Europa hat sich gegen außenpolitische Kraftmeierei entschieden und das ist kein Zeichen von Schwäche. Jedes weitere Vorpreschen, jeder verbale Kraftakt hätte nur dem strauchelnden Diktator Alexander Lukaschenko geholfen und Argumente geliefert für seine Version: Demnach plant der Westen seinen Umsturz, die Aufständischen in Belarus werden aus den europäischen Hauptstädten ferngesteuert.
Geschlossenheit demonstriert
Die Europäer haben der Versuchung widerstanden, Stärke zu demonstrieren gegenüber den Machthabern in Moskau und Minsk. Stattdessen haben sie eine klare Botschaft an die Menschen in Belarus gesendet. Die Botschaft lautet: Europas Staats- und Regierungschefs stehen geschlossen an der Seite der friedlichen Demonstranten, sie verurteilen die brutale Gewalt der Sicherheitskräfte. Und sie fordern für die Bürger in der früheren Sowjetrepublik wirklich freie und faire Wahlen. Sie sollen das Recht haben, ihre politische Zukunft nach 26 Jahren Diktatur jetzt selbst zu bestimmen.
Fehlende Alternativen
Das sind erst einmal nur Worte, sicher. Aber jeder, der das halbherzig nennt, muss sagen, wie die Alternative aussehen könnte. Drohgebärden durch NATO-Truppen in Osteuropa? Mit der Option, militärisch einzugreifen? Kein Mitgliedsland würde das mittragen. Die Stärke der EU gründet nicht auf Armeen, sondern auf den Regeln des Rechts, auch in den internationalen Beziehungen.
Die klaren Worte werden ihre Wirkung nicht verfehlen. Denn bis vor kurzem noch konnte Lukaschenko auf einen Ansprechpartner im Kreis der EU-Spitzen zählen. Ungarns Premier Orban sprach gern und offen über seine guten Beziehungen zum Diktator in Minsk.
Dass es den Staats- und Regierungschefs jetzt trotzdem gelungen ist, mit einer Stimme zu sprechen und gemeinsam Solidarität mit den Aufständischen zu demonstrieren - das ist ein Fortschritt, der nicht unterschätzt werden darf. Schon bei kleineren internationalen Konflikten war es oft nicht möglich, die nationalen Interessen der 27 unter einen Hut zu bringen. Da sind die EU-Spitzen heute einen Schritt weiter gekommen.
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