Die Minister Özdemir und Lauterbach stellen bei einer Pressekonferenz die Gesetzespläne für den Konsum und Verkauf von Cannabis vor.
Kommentar

Eckpunkte zur Cannabis-Legalisierung Endlich langfristig gedacht

Stand: 12.04.2023 17:46 Uhr

"Cannabis-Clubs" und Modellversuche mit wissenschaftlicher Auswertung: Die Pläne zur Cannabis-Legalisierung sind kompliziert. Doch das ist kein Nachteil. Denn es ist langfristig gedacht.

Ein Kommentar von Bianca Schwarz, ARD Berlin

Was für ein Glück, dass es so kompliziert ist mit der Cannabis-Freigabe. Denn hier wird endlich mal langfristig und groß gedacht, an eine EU-weite Regelung nach deutschem Vorbild. Damit die kommen kann, muss es erst mal kompliziert sein. 

Dass Cannabis freigegeben werden soll, ist eine gute Nachricht. Die bisherige Politik hat Millionen von Menschen kriminalisiert und ihre Gesundheit durch verunreinigte Ware gefährdet. Die alte Politik hat den Schwarzmarkt gestärkt und einen effektiven Kinder- und Jugendschutz nicht wirklich mitgedacht. Zudem war sie erfolglos: Die Zahl der Konsumenten steigt seit Jahren, Cannabis konnte nicht ansatzweise aus Deutschland verdrängt werden. 

Deutschland wählt den sicheren Weg

Die neuen Pläne sind eine gute Sache, weil sie die Vogel-Strauß-Politik beenden könnten. Nur klingt die Regelung, die Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Agrarminister Cem Özdemir vorgestellt haben, zunächst furchtbar kompliziert. "Cannabis-Club" hier, lokale Modellversuche da, wissenschaftliche Auswertung der Daten, dann eventuell kommerzielle Shops überall: Warum denn das alles? 

Weil nach EU-Recht Cannabis verboten ist. Die Niederlande, Luxemburg, Portugal - sie alle haben sich Gesetzeslücken gesucht, in deren Rahmen sie Cannabis irgendwie teil-legalisiert haben und verkaufen können. Deutschland geht am ehesten den luxemburgischen Weg. Der gilt als der sicherste, der Weg der Niederlande als der wackeligste. 

Eine gemeinschaftliche EU-Drogenpolitik

Aber die Bundesregierung will in dieser Frage noch ein bisschen mehr. Gesundheitsminister Lauterbach hat gesagt: Deutschland soll eine Vorreiterrolle einnehmen und andere EU-Länder davon überzeugen, mitzumachen und letzten Endes zu einer neuen, gemeinschaftlichen EU-Drogenpolitik zu kommen. 

Das ist ein guter Plan, weil er zukunftsorientiert ist. Die Niederlande zum Beispiel können schon lange ein Lied davon singen, dass Drogenkriminalität nicht an Landesgrenzen halt macht. Wenn es zu einer starken EU-Regelung kommen kann, die Kinder und Jugendliche, aber auch erwachsene Konsumenten besser schützt, die einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Genussmittel Cannabis postuliert - dann gerne auch so kompliziert und langfristig gedacht, wie das gerade klingt. 

An einen Gedanken muss man sich noch gewöhnen: Deutschland als Vorreiter einer liberalen Drogenpolitik - ein gutes Gefühl, weil die Politik der Schlupflöcher damit beendet wäre. 

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Bianca Schwarz, Bianca Schwarz, ARD Berlin, 12.04.2023 18:39 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 12. April 2023 um 18:00 Uhr.