Hintergründe noch unklar Zahl junger Drogentoter deutlich gestiegen
Nach Recherchen von STRG_F hat sich die jährliche Zahl der Drogentoten unter 22 seit 2016 mehr als verdoppelt. Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Blienert, fordert einen neuen Kurs in der Sucht- und Drogenpolitik.
Die Zahl junger Drogentoter im Alter unter 22 Jahren ist zuletzt deutlich gestiegen. Laut einer Abfrage von STRG_F (NDR/funk) in allen Bundesländern sind im Jahr 2021 insgesamt 131 Menschen gestorben, die jünger als 22 Jahre alt waren. Darunter waren drei Kinder bis einschließlich 13 Jahren.
Zwischen 2016 und 2019 waren es pro Jahr noch zwischen 44 und 59 Drogentote bis einschließlich 21 Jahre, 2020 waren es 78. Die Zahl der Drogentoten aller Altersklassen war 2021 ebenfalls auf ein Langzeithoch von 1826 gestiegen.
Ursache noch unbekannt
Der Grund für den starken Anstieg junger Drogentoten ist offenbar noch unklar. Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, zeigte sich gegenüber STRG_F überrascht: "Diese Zahl war mir so noch nicht bekannt, belegt aber eindeutig, dass wir den von mir bereits mehrfach geforderten neuen Kurs in der hiesigen Sucht- und Drogenpolitik unbedingt brauchen."
Der Beauftragte der Bundesregierung, Blienert, fordert eine neue Sucht- und Drogenpolitik.
Blienert fordert einen Paradigmenwechsel. "Drogenkonsum darf kein Gesprächstabu bleiben, suchtkranke Menschen dürfen nicht mehr ausgegrenzt werden, Hilfe muss schneller und direkter ankommen." Gesundheitsminister Karl Lauterbach antwortete auf STRG_F-Anfrage nicht.
Toter bei illegaler Rave-Party
Hintergrund der Abfrage der Zahlen ist eine Recherche von STRG_F zu illegalen Rave-Partys. Nach solch einem Rave in einem Bunker in Köln war im August ein 20-Jähriger gestorben - offenbar an einer Überdosis. Die Todesursache ist aber noch nicht abschließend geklärt. Kurz nach dem Todesfall waren Gerüchte aufgekommen, dem jungen Mann sei zu spät geholfen worden, weil andere Feiernde gezögert hätten, den Notruf zu wählen.
Diese Aussagen bestätigten auch andere Besucher des Raves, mit denen Reporterinnen und Reporter von STRG_F gesprochen haben, darunter die Person, die den Notruf gewählt hatte. Außerdem sprachen die Journalistinnen und Journalisten mit einer 15-Jährigen, die den Rave besucht hatte, mit einem der Veranstalter und weiteren Menschen aus der Rave-Szene.
Sorglosigkeit steigt offenbar
Alle erzählen, die Szene habe sich in vielerlei Hinsicht verändert: Die Feiernden würden nicht nur immer weniger aufeinander Acht geben, sondern es würden auch immer mehr Drogen offen konsumiert. Viele Drogen konsumierende Raverinnen und Raver seien zudem minderjährig. Das bestätigen auch Recherchen von STRG_F. Die Reporterinnen und Reporter besuchten zwei illegale Raves im Raum Köln, wo sie unter anderem auf Minderjährige trafen, die von ihren Handydisplays Drogen konsumierten.
Hinweis zu den Zahlen: Nicht alle Bundesländer hatten noch Daten vorliegen. Im Jahr 2016 (44 Drogentote bis 21) fehlen Daten aus Bremen und Saarland, 2017 (55 Drogentote bis 21Jahre) fehlen Daten aus Thüringen und dem Saarland und 2018 (53 Drogentote bis 21 Jahre) fehlen Zahlen aus dem Saarland. Die Zahlen von 2019 bis 2021 sind vollständig.