Coronavirus Maskenmangel in deutschen Arztpraxen
Niedergelassenene Ärzte in Deutschland brauchen dringend Atemschutzmasken. Mehr als 150 Millionen haben sie bestellt. Auch Schutzkleidung ist im Kampf gegen Corona Mangelware.
Hausarztpraxen sind in Deutschland oftmals die erste Anlaufstelle für Corona-Infizierte. Meist kommen Patienten zu einem frühen Stadium in die Sprechstunde. Vielleicht zeigen sie erste Symptome, Husten oder Fieber, die Patienten sind aber zu diesem Zeitpunkt meist schon hochansteckend. Wenn sich die Ärzte und Praxismitarbeiter nicht schützen können, riskieren sie selbst eine Infektion - und die anderer Patienten, die sie behandeln.
Doch vielen Arztpraxen mangelt es bereits heute an persönlicher Schutzausrüstung wie Atemschutzmasken, Brillen, Handschuhen oder Kitteln. Ihr Bedarf wird in den nächsten sechs Monaten enorm sein. Das geht aus einer aktuellen "Übersicht der Bedarfsmeldungen der Kassenärztlichen Vereinigung“ hervor, die WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" vorliegt. Die Liste zeigt, dass bundesweit allein unter den niedergelassenen Ärzten rund 115 Millionen einfache Mund-Nasen-Masken benötigt werden. Hinzu kommen fast 47 Millionen FFP2-Masken, also Atemschutzmasken mit Filter, und 63 Millionen Einmalschutzkittel, 3,7 Millionen Schutzbrillen und etwas mehr als 55 Millionen Packungen Einmalhandschuhe.
Hoher Bedarf in Nordrhein-Westfalen
Dies sind Zahlen, die der AOK Bundesverband vergangenen Freitag an die Kassenärztliche Bundesvereinigung geschickt hat. Die Vereinigungen kümmern sich nur um die Arztpraxen. Was Krankenhäuser, Pflege- und Altenheime und Pflegedienste brauchen, kommt noch hinzu.
Einen besonders hohen Bedarf melden die niedergelassenen Ärzte aus Nordrhein-Westfalen. Hier werden mehr als 50 Millionen einfache Schutzmasken für Mund und Nase gebraucht, dazu fast 15 Millionen Masken gehobener Qualität (FFP2 und FFP3) und 30 Millionen Einfach-Schutzkittel. Pro Einwohner gerechnet hätten sie gerne ungefähr dreimal so viele Masken wie zum Beispiel die Ärzte in Bayern.
Auf Anfrage teilt die Kassenärztliche Vereinigung mit, dass die Region Nordrhein "besonders betroffen" sei. Außerdem würden die bisherigen Lieferungen durch das Bundesgesundheitsministerium "de facto nicht ausreichen, um die Praxen im ganzen Rheinland flächendeckend über einen längeren Zeitraum auszustatten".
Bayern bestellte 15 Millionen einfache Masken und 1,6 Millionen Masken, die einen besseren Schutz vor dem Corona-Virus bieten. Außerdem werden drei Millionen Kittel benötigt.
Hochphase der Pandemie
Der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Roland Stahl, betont, dass sich der ermittelte Bedarf der niedergelassenen Ärzte auf "eine sehr behandlungsintensive Phase" bezieht. Die nächsten sechs Monate sind die erwartete Hochphase der Corona-Pandemie. Die Vereinigung leitete den Bedarf an das Beschaffungsamt auf Bundesebene weiter.
Der Bund versucht bereits seit einigen Wochen, dem Mangel an Schutzausrüstung in Krankenhäusern, Arztpraxen aber auch Pflegeeinrichtungen zu begegnen, indem die Beschaffung zentralisiert wird. Das Bundesgesundheitsministerium lieferte bis einschließlich Samstag an die Länder und die Kassenärztlichen Vereinigungen knapp 20 Millionen Masken, 15 Millionen Handschuhe, 130.000 Schutzanzüge, 23.000 Schutzbrillen und 91.000 Liter Desinfektionsmittel. Die Kassenärztlichen Vereinigungen der einzelnen Bundesländer sind zuständig für die Verteilung der beschafften Schutzmaterialien an die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte.