Streit über Corona-Ursprung Teil-Erfolg für Drosten vor Gericht
Halb Sieg, halb Niederlage für den Virologen Drosten: Der Physiker Wiesendanger darf nicht mehr behaupten, Drosten habe die Öffentlichkeit gezielt getäuscht. Andere Äußerungen sind laut Gericht aber zulässig.
Der bekannte Berliner Virologe Christian Drosten wollte gerichtlich durchsetzen, dass der Hamburger Physiker Roland Wiesendanger mehrere kritische Äußerungen über ihn nicht mehr verbreiten darf und diese aus einem Interview mit dem Medium "Cicero" gelöscht werden. Drosten hielt die Äußerungen für "ehrabschneidend". In einem Beschluss hat das Landgericht Hamburg nun aber nach Informationen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" beiden Seiten jeweils nur zur Hälfte Recht gegeben.
Untersagt wird Wiesendanger in dem Beschluss, Drosten vorzuwerfen, er habe in Bezug auf den Ursprung des Coronavirus "die Öffentlichkeit gezielt getäuscht". Dafür habe Wiesendanger, so das Gericht, keine "hinreichenden Anknüpfungstatsachen" geliefert.
Für zulässig hält das Gericht jedoch die Wertungen einer "Desinformationskampagne" und die Unterstellung, "Unwahrheiten" zu verbreiten. Darin sah das Gericht lediglich einen "Gegenschlag", weil Drosten neben vielen anderen Wissenschaftlern zuvor ein Statement im Fachblatt "Lancet" veröffentlicht hatte, in dem ähnliche Begriffe verwendet worden waren gegenüber der These, dass das Coronavirus aus einem chinesischen Labor entstammen könnte - einer These, die der Physiker Wiesendanger immer wieder vertritt.
Halb Erfolg, halb Niederlage - für beide Seiten
Wiesendangers Rechtsanwalt Lucas Brost sieht in der Entscheidung einen Erfolg für die Meinungsfreiheit. Drostens Anwalt Gernot Lehr betont, dass das Landgericht Hamburg die zentralen Aussagen des Interviews untersagt habe. So dürfe Wiesendanger auch nicht mehr behaupten, Drosten habe die These des natürlichen Ursprungs der Pandemie ohne wissenschaftliche Grundlage vertreten und er verfolge das Ziel, die virologische Forschung frei von Beschränkungen zu halten.
Dass der Beschluss für keine der beiden Seiten als echter Sieg zu werten ist, sieht man auch an der Kostenaufteilung des Verfahrens, von denen Drosten und Wiesendanger laut dem Gerichtsbeschluss jeweils die Hälfte zu tragen haben.
Widerspruch angekündigt
Wiesendangers Anwalt sagt auf Anfrage, dass er auch gegen die jetzt vom Gericht untersagten Äußerungen Widerspruch einlegen wolle - mit einer Ausnahme. Drosten hatte in einer seiner Podcast-Folgen gesagt, "dieses Thema ist einfach erledigt". Wiesendanger hat das Zitat später so interpretiert, dass Drosten damit die Laborthese für erledigt hielte. Für das Gericht ist das jedoch ein "Fehlzitat". Diesen Punkt scheint auch Wiesendanger zu erkennen, jedenfalls wolle man dagegen nicht weiter vorgehen, wie sein Anwalt mitteilt.
Bei den Punkten, denen das Gericht stattgegeben habe, handelt es sich nach Auffassung von Drostens Anwalt Lehr um bloße Meinungsäußerungen. "Dies zeigt, dass die Polemik des Herrn Wiesendanger keine Tatsachengrundlage hat."