Zahlen zum Ausstieg Wie läuft das eigentlich mit der Kohle?
Das Gesetz zum Kohleausstieg ist beschlossen. Aber welchen Anteil hatte die Kohle zuletzt an der Stromerzeugung, wie lässt sie sich ersetzen und was geschieht mit den Beschäftigten im Kohlesektor? Ein Überblick.
Welche Bedeutung hat Kohle als Energieträger in Deutschland?
Dem Statistischen Bundesamt zufolge betrug der Anteil von Kohle an der Stromerzeugung im Jahr 2018 insgesamt 35,4 Prozent. Auf diese Zahlen stützt sich auch der Bericht der Kohlekommission, auf dessen Grundlage das jetzt beschlossene Gesetz zum Kohleausstieg entstanden ist.
Dabei entfielen 22,5 Prozent auf Braun- und 12,9 Prozent auf Steinkohle als Energieträger. Braunkohle war damit 2018 der bedeutendste inländische fossile Energieträger. Steinkohle wird seit Ende 2018 in Deutschland nicht mehr gefördert, es sind aber nach wie vor Steinkohlekraftwerke im Betrieb, die nun aber schrittweise bis zum Jahr 2038 vom Netz gehen sollen. Neben der Stahlindustrie sind sie bisher die Hauptverbraucher von Steinkohle. Ihr Bedarf wird komplett aus dem Ausland importiert.
Erneuerbare Energieträger machten im Jahr 2018 bereits 35 Prozent der Stromerzeugung aus, den höchsten Anteil hatte dabei die Windkraft mit 17,3 Prozent. Insgesamt lagen die Anteile von Kohle und erneuerbaren Energieträgern fast gleichauf.
Seit 2018 ist der Anteil von Kohle an der Stromerzeugung weiter zurückgegangen: Im ersten Halbjahr 2020 betrug er laut Statistischem Bundesamt insgesamt nur noch 22,3 Prozent. Erneuerbare Energieträger machten hingegen bereits 51,2 Prozent der Stromerzeugung aus. Der Anteil erneuerbarer Energieträger am Energiemix ist inzwischen also deutlich höher als der von Braun- und Steinkohle - und das Kohleausstiegsgesetz sieht vor, dass er weiter wachsen soll: Bis zum Jahr 2030 sollen mindestens 65 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen (Wasserkraft, Windenergie, Biomasse, biogener Anteil des Abfalls, Photovoltaik, Geothermie) kommen.
Wie sieht der Weg zum Kohleausstieg aus?
Die Maßnahmen zur Reduzierung und schließlich Abschaffung der Kohleverstromung unterscheiden sich je nach Kohlesorte. Braunkohlekraftwerke werden in den kommenden Jahren Block für Block vom Netz genommen - der erste Block des RWE-Kraftwerks Niederaußem in Nordrhein-Westfalen noch in diesem Jahr. Alte Kraftwerke, die viel CO2 ausstoßen, werden früher abgeschaltet als neuere Kraftwerke. Die Betreiberfirmen werden für die Stilllegungen entschädigt. In den Braunkohlerevieren der brandenburgischen und sächsischen Lausitz könnte das erste Kraftwerk Ende Dezember 2025 "in die Sicherheitsbereitschaft" überführt und spätestens Ende 2028 stillgelegt werden. In mitteldeutschen Revieren ist der Rückzug aus der Braunkohle in den 2030er-Jahren vorgesehen.
Auch bei der Abschaltung von Steinkohlekraftwerken wird es Entschädigungszahlungen für die Kraftwerksbetreiber geben, allerdings werden diese über einen Auktionsmechanismus verteilt: Ab 2020 finden Ausschreibungen zur Abschaltung von Kraftwerken statt. Im Gegenzug zur Abschaltung erhalten Kraftwerksbetreiber Kompensationen vom Bund. Der Betreiber, der den geringsten Entschädigungsbetrag verlangt, erhält den Zuschlag. Wurden auf diesem Weg bis 2031 nicht genügend Kraftwerke vom Netz genommen, kann die Bundesregierung bis 2038 Kraftwerke abschalten, ohne Entschädigungen an die Betreiber zu zahlen.
Was kann an die Stelle der Kohle treten?
Um die Klimaziele der EU zu erreichen, soll Strom in Zukunft vornehmlich aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen werden. Seit 1990 hat sich ihr Anteil an der Gesamtstrommenge laut Umweltbundesamt bereits mehr als verzwölffacht.
Bis zur kompletten Umstellung auf erneuerbare Energien soll vor allem Gas als sogenannte Brückentechnologie genutzt werden. Gas ist die fossile Technologie, die am ehesten den Klimaschutzzielen gerecht wird, denn sie ist im Vergleich zu Kohle relativ emissionsarm. Solange die erneuerbaren Energien die Versorgung noch nicht zu jedem Zeitpunkt allein sichern können, sollen daher vor allem Gaskraftwerke einspringen. Das Kohleausstiegsgesetz sieht dazu auch die Umrüstung jüngerer Kohlekraftwerke auf Gas oder Biomasse vor, beziehungsweise den Umbau zu Kraftwerken, die gleichzeitig Strom und Wärme produzieren (Kraft-Wärme-Kopplung). Das reduziert Schadstoffemissionen.
Die Versorgungssicherheit während der Umstrukturierung des Strommarktes wird von der Bundesnetzagentur überwacht.
Wie sollen die Kohleregionen unterstützt werden?
Investitionen im Umfang von rund 40 Milliarden Euro sollen den Regionen helfen, das Ende dieses für sie wichtigen Industriezweigs zu überstehen. Mit Finanzhilfen des Bundes in Höhe von bis zu 14 Milliarden Euro sollen Länder und Gemeinden bedeutende Investitionen tätigen können. Darüber hinaus will der Bund bis zu 26 Milliarden Euro für eigene Projekte ausgeben. Investiert werden soll in die Verkehrs- und Breitbandinfrastruktur sowie in die Ansiedlung von Forschungseinrichtungen und Bundesbehörden.
Wie viele Menschen sind in Deutschland im Kohlesektor beschäftigt?
Am Ende des Jahres 2018 waren in Deutschland insgesamt noch rund 32.800 Personen direkt im Braun- und Steinkohlesektor beschäftigt. Das geht aus Zahlen des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung und der Denkfabrik Agora Energiewende hervor. Dies entsprach 0,1 Prozent der in Deutschland zu diesem Zeitpunkt sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten.
Knapp 21.000 Menschen waren im Braunkohlesektor tätig. Im Steinkohlesektor lag die geschätzte Zahl der Beschäftigten zum Ende des Jahres 2018 insgesamt bei noch rund 13.000. Etwa 4000 entfielen davon auf den Steinkohlebergbau, die übrigen auf die Kraftwerke.
Mit dem Kohleausstieg sollen ältere Beschäftigte ab 58 Jahren nun ein "Anpassungsgeld" erhalten, mit dem sie früher in den Ruhestand gehen können. Es wird maximal fünf Jahre gezahlt - sowohl an Mitarbeiter der Kohleunternehmen als auch an Beschäftigte bestimmter Tochter- oder Partnerfirmen.