Hintergrund

Novelle des BKA-Gesetzes Wohnungen können bereits per Video überwacht werden

Stand: 19.04.2008 13:09 Uhr

Das Bundeskriminalamt (BKA) soll künftig Wohnungen von Verdächtigen auch per Videokameras überwachen dürfen. Selbst Wohnungen Unbeschuldigter könnten ins Visier der Fahnder geraten. Damit soll das BKA nur das dürfen, was in vielen Ländern bereits erlaubt ist.

Das Grundgesetz garantiert in Artikel 13 zwar prinzipiell die Unverletzlichkeit der Wohnung. Dort werden aber auch Ausnahmen definiert. So kann ein Richter die Durchsuchung einer Wohnung verfügen, um eine Straftat zu verhindern oder in einem Ermittlungsverfahren Beweise zu sichern. Seit 1998 gibt es im Rahmen des "Großen Lauschangriffs" die Möglichkeit, dass ein Richter zur Verfolgung von Straftaten die akustische Überwachung von Wohnungen anordnet, in denen sich der Beschuldigte vermutlich aufhält.

In einem Urteil 2004 zog das Bundesverfassungsgericht für die Wohnraumüberwachung klare Grenzen: Um den "Kernbereich privater Lebensgestaltung" zu schützen, müssen Ermittler die Überwachung unterbrechen, wenn über Privates gesprochen wird. Auch dürfen Erkenntnisse, die aus zufällig mitgehörten Privatgesprächen resultieren, nicht verwendet werden.  

Viele Landespolizeien dürfen per Video spähen

Im Falle der "Abwehr dringender Gefahren", wie etwa Terrorismus, sind laut Grundgesetz die Möglichkeiten nicht nur auf die akustische Überwachung begrenzt, sondern viel weiter gefasst. Dann dürfen mit richterlicher Erlaubnis generell "technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen" eingesetzt werden. Dazu zählt auch die Videoüberwachung, die in den meisten Landespolizeigesetzen bereits festgeschrieben ist. Beispielsweise regelt das Polizeiaufgabengesetz des Landes Bayern seit den 90er Jahren in den Artikeln 33 und 34 das Ausspähen von Wohnungen per Ton und Video. Auch in Rheinland- Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen, Hamburg und Brandenburg gibt es vergleichbare Gesetze.  

Im Zuge der vereinbarten Föderalismusreform soll das Bundeskriminalamt (BKA) die zentrale Stelle für Anti-Terror-Ermittlungen werden. Um ähnliche Kompetenzen wie viele Landespolizeien zu erhalten, wird zur Zeit das BKA-Gesetz überarbeitet. Umstritten ist der geplante Paragraph 20, der 24 Unterpunkte enthält. Demnach sollen BKA-Beamte künftig nicht nur Computer ausspähen dürfen (Online-Durchsuchung) sondern auch Wohnungen überwachen dürfen. Der Gesetzesentwurf sieht in Paragraph 20h zudem vor, Wohnungen von Nichtverdächtigen zu überwachen, wenn sich dort ein mutmaßlicher Attentäter oder ein Terrorunterstützer aufhält.  

BKA-Novelle

"Das Bundeskriminalamt kann zur Abwehr einer dringenden Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen
1. das nicht öffentlich gesprochene Wort einer Person abhören und aufzeichnen (...)
2. Lichtbilder und Bildaufzeichnungen über diese Person herstellen, wenn die Abwehr der Gefahr auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre (...)

In Wohnungen anderer Personen ist die Maßnahme nur zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass
1. sich eine in Absatz 1 genannte Person dort aufhält und
2. die Maßnahme in der Wohnung einer in Absatz 1 genannten Person allein nicht zur Abwehr der Gefahr nach Absatz 1 führen wird.
Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn andere Personen unvermeidbar betroffen werden."

Doch die Pläne zur Videoüberwachung von Wohnungen sind nicht neu. Bereits in einem BKA-Gesetz-Entwurf aus dem August findet sich wortgleich der nun kritisierte Paragraph 20h. Im Zuge der Diskussion um die Online-Durchsuchung war der neue Entwurf für das BKA-Gesetz überarbeit worden und in dieser Woche bekannt geworden.