Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer

Umstrittene Demo in Berlin Wer kommt zu Wagenknecht und Schwarzer?

Stand: 25.02.2023 08:52 Uhr

Unter dem Motto "Aufstand für Frieden" findet zur Stunde in Berlin die Wagenknecht-Schwarzer-Demo anlässlich des Ukraine-Kriegs statt. Kritik gibt es schon vorab reichlich - unter anderem, weil Extremisten teilnehmen könnten.

Nach einer großen Demonstration zur Unterstützung der Ukraine am Abend in Berlin wollen heute Gegner weiterer Waffenlieferungen auf die Straße gehen. Initiiert wurde die Demonstration zum ersten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine von der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und der Publizistin Alice Schwarzer. Sie fordern zudem Verhandlungen und Kompromisse "auf beiden Seiten".

Angemeldet sind bei der Polizei 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Polizei wird mit deutlich mehr Kräften im Einsatz sein als gestern, weil die Demonstrantinnen und Demonstranten aus sehr verschiedenen politischen Lagern kommen könnten und Konflikte befürchtet werden.

Verhandlungen statt Waffen: Umstrittene Demonstration in Berlin

Markus Reher, rbb, tagesschau, 25.02.2023 17:00 Uhr

Schwarzer und Wagenknecht hatten vor zwei Wochen ein "Manifest für Frieden" veröffentlicht. Im Internet erklärten mehr als 620.000 Menschen ihre Zustimmung.

Kritik aus der Bundespolitik

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kritisierte die Demonstration: "Jeder, der bei Sinnen und Verstand ist, wünscht sich Frieden", sagte er gestern im ARD-Brennpunkt. Wagenknecht und ihre Unterstützer wollten etwas als Frieden verkaufen, das ein "imperialistischer Diktator" Europa aufzwinge. Wenn sich das durchsetze, wäre das eine Einladung an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, die nächsten Länder zu überfallen.

Bundeswirtschaftsminister Habeck zur Fragestellung, wie der Krieg in Ukraine beendet werden kann

Brennpunkt

Führende Politiker von SPD und Linkspartei grenzten sich ebenfalls ab. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte der "Rheinischen Post": "Die Sichtweise von Frau Wagenknecht ist nicht meine." Es wäre aus seiner Sicht gut gewesen, wenn der Aufruf eine stärkere Abgrenzung gegenüber radikalen Strömungen gehabt hätte. Mützenich sagte aber auch, man müsse anerkennen, dass Teile der Bevölkerung eine noch stärkere Orientierung auf Friedensgespräche wünsche.

Auch Linke-Parteichefin Janine Wissler kritisierte den Aufruf zur Veranstaltung. Der Umgang mit der Mobilisierung in rechten Kreisen mache ihr Sorgen. "Da hat der Aufruf eine Leerstelle", sagte Wissler den Funke-Zeitungen.

Kanzler Olaf Scholz hatte schon am Donnerstag in der ZDF-Sendung "Maybritt Illner" gesagt, er teile "die Überzeugung dieses Aufrufs nicht". Es reiche nicht zu sagen, es müsse jetzt Verhandlungen geben. Das führe nicht weiter. Man müsse verstehen, "dass der russische Präsident gegenwärtig nur eine Form von Verhandlungen akzeptiert, nämlich dass irgendjemand bedingungslos kapituliert und er alle seine Ziele durchsetzt".

Die evangelische Theologin Margot Käßmann hatte als eine Erstunterzeichnerin des Manifests erklärt, an der Kundgebung nicht teilzunehmen wegen einer zu schwachen Abgrenzung Schwarzers und Wagenknechts nach rechts. Sie wolle an Antikriegs-Aktionen in Bonn und Köln teilnehmen.

Schwarzer verteidigt Demonstration und Manifest

Alice Schwarzer widersprach den Vorwürfen. "Selbstverständlich werden wir gegen jede Art von rechtsextremer Propaganda auf dem Platz angehen", versicherte sie der Nachrichtenagentur dpa. Wagenknecht und sie stünden für das Gegenteil rechter Politik. Angesichts der Anzahl an Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Manifestes sei man "auf dem besten Weg, eine richtige Bürgerbewegung zu werden". Es erstaune sie, dass Scholz die Bedenken so vieler Menschen offenbar nicht ernst nehme: "Es geht hier um das Überleben der Menschheit."

Schwarzer bestritt auch, dass sie generell gegen Waffenlieferungen an die Ukraine sei. Diese müssten aber einhergehen mit diplomatischen Bemühungen. Es stimme absolut nicht, dass Wagenknecht und sie eine Kapitulation der Ukraine in Kauf nehmen wollten. "Aber nach einem Jahr Tod und Zerstörung frage ich auch: Was hält uns davon ab, jetzt schon Verhandlungen zu beginnen anstatt noch drei Jahre damit zu warten?"

Mehr als 10.000 in Berlin für Ukraine-Unterstützung

Am Freitagabend hatten mehr als 10.000 Menschen in Berlin gegen den Krieg demonstriert und die Unterstützung der Ukraine gefordert. Bei einer Kundgebung riefen Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev zur Solidarität mit der Ukraine auf. Begleitet wurden sie auf der Bühne von vielen Botschaftern weiterer europäischer Länder. Vor der Russischen Botschaft nahe das Brandenburger Tors skandierten die Menschen: "Russland ist ein Terrorstaat".

Makeiev dankte den Deutschen für ihre "fantastische Solidarität". Eine Million Ukrainer hätten Schutz gefunden und Deutschland habe Waffen geliefert. "Deutsche Waffen retten Leben. Deutsche Waffen retten Ukrainer", rief er. Über die Gegner weiterer Waffenlieferungen sagte Makeiev: "Der Frieden muss erkämpft werden."

Uwe Jahn, Uwe Jahn, ARD Berlin, 25.02.2023 07:44 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 25. Februar 2023 um 09:00 Uhr.