Deutschland treibt ausländische Bußgelder nicht ein Einfach in den Papierkorb?
Im Ausland verhängte Geldbußen werden bis auf weiteres in Deutschland nicht eingetrieben. Die Bundesregierung hinkt der Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie hinterher. Deshalb müssen auch Verkehrssünder nicht damit rechnen, dass sie ausländische Knöllchen daheim bezahlen müssen.
Ungestraft Rasen oder Falschparken – für viele Deutsche bleibt das die Realität im Ausland. Dabei gibt es seit 2003 einen Beschluss der Europäischen Union, wonach Geldbußen innerhalb der Staatengemeinschaft grenzüberschreitend eingetrieben werden sollen. Doch nur 16 der 27 EU-Länder haben die Regelung auch in nationales Recht umgesetzt. Zu den elf Regierungen mit Verzug zählt auch die in Deutschland. Und die jetzige Große Koalition wird die Beschlüsse offenbar auch nicht umsetzen. Das mache die nächste Regierung, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries bei der Tagung des EU-Justizministerrat in Prag. Sie macht "unheimliche Schwierigkeiten" bei der Umsetzung für den Verzug verantwortlich.
Notwendige Computerprogramme und eine Ansprechbehörde für die EU-Partner fehlten, so Zypries weiter. Eine Sprecherin des Ministeriums ergänzte auf Nachfrage von tagesschau.de, dass die föderalen Strukturen der Bundesrepublik ebenfalls so manche Probleme machten. Sie verwies aber auch darauf, dass sich die EU-Regelung nicht nur auf Verkehrssünden beziehe sondern auf alle Arten von Bußgeldern – also auch auf jene, die wegen anderer Straftaten im Ausland verhängt werden. Es müssten viel mehr Vorschriften EU-weit koordiniert werden als nur im Bereich des Straßenverkehrs, so die Sprecherin.
Bußgelder würden in Deutschland bleiben
Dabei würden die eingetriebenen Bußgelder dem deutschen Staatshaushalt zugute kommen, denn hierzulande kassierte ausländische Geldstrafen bleiben den EU-Beschlüssen zufolge im eigenen Haushalt. Laut den Plänen sollen alle Bußgelder von mehr als 70 Euro grenzüberschreitend gezahlt werden.
Trotzdem kein Freibrief
Doch dazu kommt es vorerst nicht. Wer beispielsweise mit dem Mietwagen in Spanien zu schnell fährt und geblitzt wird, kann das nach Hause geschickte Knöllchen ungestraft in den Papierkorb werfen. Deutsche Behörden werden das vorerst nicht ahnden. Aber Vorsicht: Mit einigen Staaten gibt es bilaterale Abkommen etwa mit der Schweiz, Österreich und den Niederlanden. Auch ist fraglich, was passiert, wenn – um bei dem Beispiel zu bleiben – in Spanien die ungezahlten Strafmandate gespeichert werden und man irgendwann dann doch mit der dortigen Polizei zu tun bekommt. Aber gerade wegen der uneinheitlichen Rechtslage für ausländische Verkehrssünder wenden die Polizeien eine andere Taktik an: Wenn der Raser auf frischer Tat ertappt wird, dann wird er auch direkt zur Kasse gebeten. Falls er nicht zahlen kann, dient häufig das Corpus Delicti – in diesem Fall also das Auto – als Pfand, bis die Schuld beglichen ist.