Unionsfraktion zum "Green Deal" Klimaschutz? Ja, aber ...
Bis zu 55 Prozent weniger CO2-Ausstoß binnen zehn Jahren - das sieht der EU-Klimaschutzplan vor. Für Deutschland bedeutet das vergleichsweise große Anstrengungen. Die Unionsfraktion will die Lasten nun anders verteilen.
Ende April hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Petersberger Klimadialog hinter das ambitionierte Ziel der Europäischen Kommission gestellt: die Reduzierung des CO2-Ausstoßes innerhalb der nächsten zehn Jahre um 50 bis 55 Prozent. Diese Zahl ist das Kernstück des "Green Deal", mit dem die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angetreten ist. Bisher galten 40 Prozent CO2-Abbau bis zum Jahr 2030 als Zielmarke.
Wie viel jedes einzelne Mitgliedsland zum Klimaziel der EU beitragen soll, das bemisst sich zur Zeit nach der Wirtschafskraft pro Kopf der Bevölkerung. Für Carsten Linnemann, Fraktionsvize der Union im Bundestag, hat dieser Verteilungsschlüssel bisher seine Aufgabe erfüllt, die Erderwärmung zu verlangsamen: "Bei der bisherigen Lastenverteilung haben wir dieses geschafft. Sollten höhere Klimaziele kommen, müssen wir natürlich darüber reden, wie wir es europäisch schaffen."
Fraktion will anderen Verteilungsschlüssel
Darüber reden heißt: Die Kanzlerin soll die Ratspräsidentschaft der Deutschen in der EU dazu nutzen, über eine neue Aufteilung der Klimavorgaben zu verhandeln. Denn nach dem heute geltenden Verteilungsschlüssel wäre Deutschland verpflichtet, national fast 70 Prozent des CO2-Ausstoßes zu reduzieren - innerhalb von zehn Jahren. Das aber, so argumentiert ein Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion, würde Industriestrukturen und Arbeitsplätze massiv gefährden. Das ambitioniertere Klimaziel selbst stellt das Papier dabei gar nicht in Abrede - nur den deutschen Anteil an seiner Erfüllung.
Weltweiter Emissionshandel als Lösung?
Fraktionsvize Linnemann setzt auf einen stärkeren Emissionshandel.
Nun wird eine Regierungsfraktion jeden Eindruck vermeiden wollen, sie falle der eigenen Kanzlerin und ihrer Klimapolitik in den Rücken - und das auch noch vor der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft. Die Bundestagsfraktion nennt daher auch einen Ausweg aus dem Dilemma: den Ausbau des Emissionshandels. Gerade jetzt, während der Corona-Flaute, bewähre sich das Instrument, klimaschädliche Produktionsverfahren und Branchen über CO2-Zertifikate zu regulieren, sagt Fraktionsvize Linnemann:
Wir werden unsere Klimaziele in Deutschland nicht an der Fleischtheke oder in Ölheizungskellern oder durch Fahrverbote erreichen."
Klimaziele werde man dann erreichen, wenn der Emissionshandel in Europa - am besten weltweit - ausgeweitet würde, um einen CO2-Preis zu bekommen.
Hofreiter: "Union verrät ihre Klimaziele"
Der Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, wirft der Union vor, sie verrate ihre eigenen Klimaziele und verhalte sich illoyal gegenüber der Kanzlerin und EU. In dem Positionspapier, über das die Unionsfraktion am Abend beraten und beschließen will, sieht Hofreiter einen "Angriff auf die Klimapolitik der Bundeskanzlerin".
Jeder wisse, dass eine Neuverhandlung der Lastenverteilung zwischen den EU-Mitgliedsstaaten in Brüssel nicht auf der Agenda stehe.