Umstrittener Messengerdienst Innenministerium spricht erstmals mit Telegram
Die Betreiber des umstrittenen Messengerdienstes Telegram mit Sitz in Dubai waren für die deutschen Behörden lange unauffindbar. Nun kam es erstmals zu einem Gespräch - dank der Hilfe von Google.
Das Bundesinnenministerium hat laut eigenen Angaben nach anhaltendem Druck einen direkten Kontakt zur Konzernspitze des umstrittenen Messengerdienstes Telegram herstellen können.
"In einem ersten konstruktiven Gespräch" sei vereinbart worden, "den Austausch fortzusetzen und zu intensivieren", erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) drohte den Plattformbetreibern mit Millionenstrafen, die auch im Ausland vollstreckt werden könnten.
"Dieser Schritt ist ein guter Erfolg, auf dem wir aufbauen werden", schrieb Faeser zu dem ersten Gespräch mit Telegram-Vertretern auf Twitter.
Kontakt von Google vermittelt
Ein Sprecher des Innenministeriums hatte den Zeitungen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) zuvor gesagt, dass am Mittwoch "ein konstruktives Gespräch mit Vertretern aus der Konzernspitze von Telegram per Videokonferenz" stattgefunden habe. Der Kontakt sei demnach über eine von der Suchmaschine Google vermittelte E-Mailadresse zustande gekommen.
Das Gespräch habe demnach Staatssekretär Markus Richter aus dem Bundesinnenministerium mit weiteren Vertretern des Bundesinnen- und des Bundesjustizministeriums geführt. Dabei habe die Spitze von Telegram ihre größtmögliche Kooperationsbereitschaft mit den deutschen Behörden erklärt. Für den künftigen direkten Austausch sei von Telegram ein hochrangiger Ansprechpartner benannt worden. Der Ministeriumssprecher sagte dem RND: "Das Bundesinnenministerium wertet diesen hergestellten Kontakt als großen Erfolg und wird den weiteren Austausch mit Telegram fördern und intensivieren."
Aufrufe von Demonstrationen hin zu Mord
Telegram dient Corona-Leugnern und Verschwörungsideologen als Plattform zur Verbreitung ihrer Inhalte und von Aufrufen zu Demonstrationen. Vermehrt wurden in den vergangenen Monaten Aufrufe zu Gewalt und sogar Mord bekannt. Die Sicherheitsbehörden hatten sich lange um einen Kontakt zu den Menschen hinter der Plattform bemüht, die sich nicht an Aufforderungen zum Löschen von Hassbotschaften und illegalen Inhalten hielten. Einige Politiker hatten deshalb mit der Blockierung des Dienstes in Deutschland gedroht, falls sich Telegram nicht an hiesige Gesetze halte.
Bundesjustizminister Marco Buschmann drohte den Plattformbetreibern in der "Rheinischen Post" und dem "General-Anzeiger" unterdessen mit der Vollstreckung von Vermögen und strafrechtlicher Verfolgung auch außerhalb der EU. "Die Rechtslage ist eindeutig", sagte er den Zeitungen. "Wir werden beispielsweise prüfen, ob und wo Telegram Vermögen hat, in das wir im Falle eines rechtskräftigen Bußgeldbescheides vollstrecken können."
Telegram sei mehr als ein Messengerdienst. Es biete die öffentlichen Funktionen eines sozialen Netzwerkes und müsse sich an das dafür gültige deutsche Recht halten. "Dazu gehört unter anderem, einen Ansprechpartner für deutsche Behörden zu benennen, wenn auf Telegram zu Straftaten aufgerufen wird, indem zum Beispiel sogenannte Feindeslisten veröffentlicht werden." Telegram komme dieser Verpflichtung nicht nach.
Zwei Bußgeldverfahren laufen gegen Telegram
Gegenwärtig würden zwei Bußgeldverfahren gegen Telegram geführt, betonte Buschmann. Es sei allerdings nicht gelungen, die dazu fälligen Bescheide für eine Anhörung dem Unternehmen mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten auch erfolgreich zuzustellen. "Als nächstes werden wir deshalb den Weg der öffentlichen Zustellung gehen, indem wir eine Benachrichtigung im Bundesanzeiger veröffentlichen. Wir werden also nicht lockerlassen."
Die Herausforderung liege allerdings darin, deutsches oder europäisches Recht auch durchzusetzen, wenn ein Unternehmen wie Telegram seinen Sitz in Dubai und somit außerhalb der EU habe, so Buschmann. "Uns fehlen also keine Strafrechtsnormen oder Gesetze, aber es braucht eine gewisse Ausdauer, um an das Unternehmen heranzukommen."