Entscheidung der Bundesregierung Lockerungen an den Grenzen ab Samstag
Die Kontrollen an der deutschen Grenze sollen ab Samstag vorsichtig gelockert werden. Ein vollständiges Ende kündigte Innenminister Seehofer für Mitte Juni an. Die weltweite Reisewarnung soll schrittweise aufgehoben werden.
Bundesinnenminister Horst Seehofer hat erste Lockerungen der im Zuge der Corona-Pandemie eingeführten Grenzkontrollen angekündigt. Zunächst sollen die Kontrollen an der Grenze zu Luxemburg in der Nacht zum kommenden Samstag enden, sagte Seehofer in der Bundespressekonferenz.
An der deutsch-dänischen Grenze sei Deutschland ebenfalls bereit, die Kontrollen einzustellen, "sobald die dänische Regierung ihre laufenden Konsultationen mit ihren jeweiligen Nachbarstaaten vollzogen hat".
Die Grenzen zu Österreich, der Schweiz und Frankreich sollen laut Seehofer ab Samstag nur noch stichprobenartig kontrolliert werden.
Mehr Grenzübergänge, stichprobenartige Kontrollen
An den Grenzen zu Frankreich, Österreich und der Schweiz sollen sie dagegen bis zum 15. Juni fortgesetzt werden. Dies sei mit den Nachbarn so abgesprochen.
Es werde aber eine "deutliche Lockerung und Vereinfachung" geben, sagte der Minister. Ab Samstag dürfen wieder alle Grenzübergänge genutzt werden. Die Bundespolizei soll zudem künftig nur noch "flexibel und risikobasiert" kontrollieren, "nicht so systematisch wie bisher". Dies werde auf beiden Seiten der Grenze eng abgestimmt erfolgen.
Außerdem werde mit den Nachbarländern weiter beraten, für welche Personengruppen weitere Ausnahmen gelten sollen, etwa Schüler oder nichtverheiratete Paare. Die Regel, dass nur einreisen darf, wer einen triftigen Grund hat, soll aber im Grundsatz erst einmal weiter bestehen.
Abhängig vom Infektionsgeschehen
Die Erleichterungen sind laut Innenministerium eine Folge der positiven Entwicklung des Infektionsgeschehens. Sollte die Zahl der Neuinfektionen in Nachbarregionen jedoch stark steigen, werde man wieder intensiver kontrollieren.
Seehofer betonte, das Ziel bleibe, die Pandemie zu überwinden. Ab Mitte Juni werde dann "ein freier Reiseverkehr in Europa" angestrebt, sagte der Innenminister. "Es ist europäisch, gemeinsam ein gefährliches Virus zu bekämpfen. Es ist nicht europäisch, sich bei unbequemen Maßnahmen der gemeinsamen Verantwortung zu entziehen", erklärte Seehofer. Die komplette Öffnung setze aber voraus, "dass wir weiterhin energisch in der Bekämpfung des Infektionsgeschehens bleiben".
Keine Änderung an Grenzen zu Polen und Tschechien
Die Grenzen zu Polen und Tschechien sind von der Kabinettsentscheidung nicht betroffen, weil hier bisher schon keine Kontrollen von deutscher Seite stattgefunden haben. Allerdings gelten auch hier Reisebeschränkungen, die zum Teil härter sind als bei den anderen Ländern. Seehofer stellte weitere Gespräche mit den beiden Ländern in Aussicht.
Tschechien kündigte bereits an, die Beschränkungen weiterhin aufrechtzuerhalten. Sie könnten noch Wochen, möglicherweise zwei Monate bestehen, sagte der tschechische Gesundheitsminister der ARD.
Auch Polen verlängerte die Kontrollen an den Grenzen zu anderen EU-Ländern um einen weiteren Monat. Einen entsprechenden Erlass habe Innenminister Mariusz Kaminski unterzeichnet, teilte das Ministerium mit. Die Grenzen zu Deutschland, Tschechien, zur Slowakei und zu Litauen können bis dahin nur an bestimmten Übergängen überquert werden.
Einschränkungen für Drittstaaten bleiben
Im Laufe des Tages will auch die EU-Kommission einen Plan für eine vorsichtige Öffnung der Binnengrenzen in Europa vorlegen. Nach einem Entwurf sollen die Kontrollen auch europaweit nach und nach aufgehoben werden. Seehofer schloss sich der Empfehlung der Kommission an, die Beschränkungen für Einreisen aus Drittstaaten in die EU bis zum 15. Juni zu verlängern.
Als Beispiel nannte er Einreisen aus den USA und Russland. Angesichts des Infektionsgeschehens in den beiden Ländern sei freies Reisen dorthin derzeit nicht absehbar. Allerdings könne sich binnen vier Wochen auch viel ändern.
Auch die von den Bundesländern angeordnete zweiwöchige Quarantäne für jeden, der nach Deutschland kommt, soll laut Seehofer künftig nur noch für Menschen gelten, die sich zuvor in Drittstaaten aufgehalten haben. Die Entscheidung über die Quarantäne liegt allerdings bei den Regierungschefs der Länder.
Österreich öffnet Grenze
Zuvor hatte die österreichische Regierung angekündigt, die Grenze zu Deutschland am 15. Juni wieder vollständig zu öffnen. Zudem werden die Kontrollen schon ab diesem Freitag nur noch stichprobenartig durchgeführt. Mit der Schweiz, Liechtenstein und den osteuropäischen Nachbarländern strebt Wien ähnliche Lockerungen an.
Die Alpenrepublik will damit seiner stark betroffenen Tourismus-Branche helfen: In der Sommersaison 2019 (Mai bis Oktober) entfielen 37,4 Prozent der insgesamt 79 Millionen Übernachtungen in Österreich auf deutsche Gäste, rund 30 Prozent auf Österreicher. Die drittwichtigste Gruppe sind die niederländischen Gäste, die aber nur noch fünf Prozent ausmachen.
Polen behält dagegen seine strikten Einreisebeschränkungen bis zum 12. Juni bei. Das teilt das Innenministerium mit. Das EU-Mitglied hat seine Grenzen für Ausländer seit März geschlossen.
Maas will Reisewarnungen langsam aufheben
Bundesaußenminister Heiko Maas will die weltweite Reisewarnung für Touristen wegen der Corona-Pandemie schrittweise aufheben und mit europäischen Ländern beginnen. Einen Zeitpunkt dafür nannte er aber nicht. "Für Europa wird es sicher früher möglich sein, die Reisewarnung aufzuheben als für andere Reiseziele - vorausgesetzt, dass sich der jetzige positive Trend in vielen Ländern verstetigt", erklärte Maas.
Der Außenminister deutete an, dass die Reisewarnung möglicherweise nicht für den gesamten europäischen Schengen-Raum - in dem es normalerweise keinerlei Grenzkontrollen gibt - gleichzeitig aufgehoben wird. "Ziel muss es sein, das Vorgehen in Europa so gut wie möglich abzustimmen, auch wenn sich die Lage von Land zu Land noch unterscheidet. Wir müssen nicht alle im selben Takt vorangehen, aber eben auch nicht im Wettlauf - und so, dass wir einander nicht auf die Füße treten", sagte der SPD-Politiker.