Schwesigs Russland-Politik Rückendeckung und Rücktrittsforderung
Ihr Einsatz für die Gas-Pipeline Nord Stream 2 bringt Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Schwesig zunehmend in Bedrängnis. Die CDU fordert ihren Rücktritt. Unterstützung erhält Schwesig von SPD-Chef Klingbeil.
SPD-Chef Lars Klingbeil hat Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig gegen Kritik an ihrem jahrelangen Einsatz für die Gas-Pipeline Nord Stream 2 in Schutz genommen. Der SPD-Politikerin wird unter anderem vorgeworfen, eine maßgeblich mit Geld aus russischen Gasgeschäften finanzierte Klimaschutz-Stiftung gegründet zu haben.
"Manuela Schwesig hat selbst öffentlich erklärt, dass aus heutiger Sicht die Gründung der Stiftung ein Fehler war", sagte Klingbeil der Nachrichtenagentur dpa. "Sie hat als Ministerpräsidentin auf der Grundlage eines Beschlusses agiert, der parteiübergreifend im Landtag in Mecklenburg-Vorpommern getroffen wurde."
Die umstrittene landeseigene Klima- und Umweltstiftung Mecklenburg-Vorpommerns war maßgeblich mit Geldern des Pipelinekonsortiums Nord Stream 2 gegründet worden. Die Stiftung half 2021 durch verdeckte Geschäftstätigkeiten bei der Fertigstellung der Ostseepipeline Nord Stream 2, welche wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine jedoch nicht in Betrieb genommen wird. Medienberichten zufolge soll die Nord Stream 2 AG, die von dem russischen Gaskonzern Gazprom dominiert wird, bei der Gründung starken Einfluss auf die Landesregierung genommen haben.
Klingbeil: Auch Merkel hat Projekt mitgetragen
"Es war Konsens in den letzten 20 Jahren, Konsens in unserer Gesellschaft, dass wir günstiges Gas und Öl aus Russland wollen, und dass wir dafür die Infrastruktur bauen", sagte Klingbeil zu Nord Stream 2. "Das wurde unter Bundeskanzlerin Merkel jahrelang von allen Parteien mitgetragen. Wir müssen uns heute als Politik insgesamt selbstkritisch fragen, welche Fehler wir im Umgang mit Russland gemacht haben und daraus dann die richtigen Lehren für die Zukunft ziehen. Das ist unsere Aufgabe als Politikergeneration, die jetzt Verantwortung trägt."
Schwesig hatte zwar unmittelbar nach Ausbruch des Ukraine-Krieges ihren lange Zeit russlandfreundlichen Kurs revidiert und die Unterstützung von Nord Stream 2 sowie die Stiftungsgründung als Fehler bezeichnet. Doch wegen der seither bekannt gewordenen Kontakte der Landesregierung zur Gazprom-Tochter Nord Stream 2 AG steht sie seit Wochen massiv in der Kritik.
Merz: "Roter Sumpf muss ausgetrocknet werden"
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sagte in der "Bild am Sonntag", der "rote Sumpf an der Küste" müsse ausgetrocknet werden. Schwesig legte er den Rücktritt nahe. "Wenn die Berichte stimmen, dass russische Unternehmen mehr oder weniger ungehindert Zugang zur Staatskanzlei hatten und mit ihrer Hilfe dem Staat auch noch Steuern vorenthalten wurden, dann wird sich Frau Schwesig nicht halten können", sagte er der Zeitung.
Es habe offenkundig "massive Einflussnahmen dieses bundesweiten SPD-Russland-Netzwerkes unter maßgeblicher Beteiligung des Altbundeskanzlers Schröder bis hin zu einer äußerst fragwürdigen Stiftungskonstruktion gegeben". Der Staatskanzlei von Schwesig sei "augenscheinlich die Feder geführt worden von russischen Unternehmen, die dann auch noch 20 Millionen Euro an der Steuer vorbei gespendet haben. Auch für dieses Geld hat man in Schwerin offenbar Umgehungsmöglichkeiten gefunden."
Grünen fordern umfassende Aufklärung
Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter sagte der "Welt am Sonntag", es gebe "starke berechtigte Kritik an der Ministerpräsidentenschaft von Frau Schwesig". Ob diese Situation zu einem Rücktritt von Schwesig führen müsse, könne man noch nicht genau sagen. Nach Putins Überfall auf die Ukraine sei es "aber verheerend, dass sich die Landesregierung zum Handlanger von Nord Stream 2 machte und den Bau der Ostseepipeline durch diese Stiftung beförderte."
Am Samstag hatte auch Grünen-Bundestagsfraktionschefin Britta Haßelmann gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland eine umfassende Aufklärung der Vorgänge in Mecklenburg-Vorpommern gefordert. "An dieser dubiosen Stiftung gibt es nichts schönzureden", betonte Haßelmann. Was die Stiftung angehe, müsse "alles auf den Tisch, und zwar so schnell wie möglich", forderte Haßelmann. "Spätestens heute müsste doch allen klar sein, dass die Entscheidungen zu Nord Stream 2 geostrategisch und energiepolitisch falsch waren."
Schwesig will weiter im Amt bleiben
Schwesig lehnt einen Rücktritt weiter ab. "Mit dem Wissen von heute" sei die Unterstützung der Gaspipeline Nord Stream 2 und der damit verbundenen Stiftung ein "Fehler" gewesen, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Aber das ist die Beurteilung von heute."
Zunächst sei es allerdings verständlich gewesen, dass sie sich als Regierungschefin ihres Landes für den Bau der deutsch-russischen Pipeline eingesetzt und auch mit Vertretern der Nord Stream 2 AG kommuniziert habe, sagte Schwesig. "Die Ostseepipeline Nord Stream 2 war ein wichtiges Infrastrukturprojekt, was vor allem die Bundesregierung unter Angela Merkel über viele viele Jahre vorangebracht hat."
Deswegen sei es "ganz normal, dass die zuständigen Minister, aber auch ich als Ministerpräsidentin Gespräche mit dem Unternehmen Nord Stream geführt haben." Schwesig betonte, der Landtag habe der Einrichtung der Stiftung mit großer Mehrheit zugestimmt. Sie sei "mit dem Stimmen von SPD, CDU und Linken" beschlossen worden.