9-Euro-Ticket Bund gegen Rückforderungen bei Hartz-IV-Empfängern
Müssen Hartz-IV-Empfänger wegen des 9-Euro-Tickets Geld zurückzahlen? In Baden-Württemberg ist das laut Medienberichten geplant - doch aus dem Bundesarbeitsministerium kommt Widerspruch.
Das Bundesarbeitsministerium (BMAS) hält mögliche Rückforderungen an Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger wegen des 9-Euro-Tickets für ungerechtfertigt. Das hat Staatssekretärin Leonie Gebers laut einem "Spiegel"-Bericht in einem Schreiben klargestellt. Darin heißt es, das 9-Euro-Ticket solle allen Menschen in Deutschland zugutekommen und sie angesichts der aktuellen Preisentwicklung finanziell entlasten. Zudem würden Rückforderungen zu einem unangemessenen Verwaltungsaufwand führen.
Baden-Württemberg erwägt Rückforderungen
Hintergrund ist, dass Baden-Württemberg nach Medienberichten will, dass die Jobcenter die Differenz zwischen bereits erstatteten teureren Fahrkarten und den 9-Euro-Tickets zurückfordern können. Die Jobcenter sollten nur die tatsächlich anfallenden Ticketkosten übernehmen, argumentiert das Wirtschaftsministerium in Stuttgart nach einem Bericht der "Badischen Neuesten Nachrichten".
Konkret geht es um Schülertickets, die den Grundsicherungsempfängern in mehreren Ländern aus dem Bildungspaket bezahlt werden. Zur Begründung hieß es, ohne Rückforderungen handle es sich um eine "ungerechtfertigte Bereicherung" durch Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger. Dieses Argument hält die Staatssekretärin dagegen für nicht angemessen, heißt es in dem Bericht - "die Betroffenen haben dies weder veranlasst noch beabsichtigt."
Niedersachsen will keine Rückforderung
In der Frage haben die Bundesländer offenbar unterschiedliche Ansätze: So müssen Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger in Niedersachsen nicht mit einer Geld-Rückforderung wegen des 9-Euro-Tickets rechnen. Darauf wiesen die Kommunalverbände im Bundesland hin. Der Präsident des Landkreistages, der friesische Landrat Sven Ambrosy (SPD), sagte dazu: "Ziel des 9-Euro-Tickets ist eine Attraktivitätssteigerung des ÖPNV und eine Entlastung der Menschen mit geringem Einkommen. Das soll nicht untergraben werden."
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) betonte, man wolle, dass das 9-Euro-Ticket von möglichst vielen Menschen unkompliziert genutzt werde. Die Menschen sollten laut Weil in der aktuellen Situation nicht noch "durch mögliche Rückforderungen der Behörden belastet werden".
"Kaltherzig, bürokratisch und empathielos"
Zuvor hatte der Paritätische Wohlfahrtsverband an die Bundesländer appelliert, keine Rückforderungen an Hartz-IV-Familien wegen des 9-Euro-Ticket zu stellen. "Wie kaltherzig, bürokratisch und völlig empathielos hier mit armen Familien umgegangen wird, ist einfach schäbig und eines Sozialstaats unwürdig", kritisierte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Schneider betonte, "wer wie das baden-württembergische Wirtschaftsministerium im Falle einer Nicht-Rückzahlung von einer 'ungerechtfertigten Bereicherung' spricht, hat offenbar jeglichen Bezug zu Realitäten verloren und will offensichtlich Neiddebatten schüren."