Polizisten beobachten Fußball-Fans

Schleswig-Holstein Polizeieinsätze bei Holstein Kiel: Wer soll künftig bezahlen?

Stand: 19.09.2024 16:56 Uhr

In der Diskussion um hohe Polizeikosten bei Fußballspielen ist gerade viel Bewegung. Der Bund der Steuerzahler in Schleswig-Holstein plädiert für eine Änderung. Die GdP ist dagegen skeptisch.

Von Andrea Schmidt

Wenn Bundesligist Holstein Kiel ein Heimspiel hat, dann ist in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt alles voll mit Polizisten. Beim Spiel Holstein Kiel gegen Bayern München waren es zum Beispiel laut Bund der Steuerzahler 300 Beamte. Sie sorgen für die notwendige Sicherheit. Wenn es Ausschreitungen gibt, wenn sich Fangruppen prügeln, wenn Pyrotechnik gezündet wird, dann sind die diensthabenden Männer und Frauen einsatzbereit. Die Kosten trägt einzig und allein der Steuerzahler - bisher zumindest. Doch soll das so bleiben? Die Meinungen dazu sind vielfältig.

Bund der Steuerzahler: Wieso muss die Allgemeinheit für Fußball bezahlen?

Der Geschäftsführer vom Bund der Steuerzahler, Rainer Kersten, setzt sich dafür ein, dass der Steuerzahler entlastet wird. "Längst nicht jeder interessiert sich für Fußball. Fußball zieht nun mal leider auch gewalttätige Menschen an, und es kann nicht sein, dass die Allgemeinheit dafür bezahlen muss." Kersten plädiert für einen Fonds, in den die Deutsche Fußball Liga (DFL) beziehungsweise die Clubs bei Hochrisikospielen einzahlen müssen.

"Uns ist wichtig, dass es um die besonderen Kosten geht, die über die Verkehrslenkung, über die allgemeine Absicherung, hinausgehen", sagt Kersten. Beim Fußball seien dies eben die Hochrisikospiele, "wo gewaltbereite Fans aufeinandertreffen und das Fußballspiel dazu nutzen, um dort Gewalt auszuüben", so Kersten weiter. Er fordert, dass diese außerordentlichen Kosten dann auch aus den Millionen getragen werden, die die deutsche Fußballliga umsetzt.

Holstein Kiel: Populistisch und nicht zielführend

Der Verein Holstein Kiel hat NDR Schleswig-Holstein am Donnerstag eine Stellungnahme geschickt. Darin spricht der Bundesliga-Aufsteiger von Populismus und einer inhaltlich nicht zielführenden Diskussion. Ausschreitungen und Gewalt seien auch eher ein gesellschaftliches Problem, kein reines Fußballproblem.

Weiter fordert Holstein Kiel: "Bevor über die Beteiligung des Fußballs an den Kosten für die Einsätze von Polizeikräften diskutiert wird, sollten die Vereine durch Politik und Justiz auch in die Lage versetzt und unterstützt werden, Sanktionen gegen Störer und Gefährder überhaupt durchsetzen und die entsprechenden Handlungen vornehmen zu können." Häufig verschanze man sich nämlich hinter dem Datenschutz oder die Justiz handele strafrechtlich nicht konsequent genug, so der Verein weiter.

Teurer privater Sicherheitsdienst im Stadion

Außerdem sieht die KSV ein weiteres Problem. Wenn etwas außerhalb des Stadions passiere, könne das nicht Aufgabe des Vereins sein. Bei Vorfällen innerhalb des Stadions sei vorgesorgt: "Der Verein übt auf dem Stadiongelände gemeinsam mit einem privaten Sicherheitsdienst die Einhaltung des Hausrechts sowie der Hausordnung aus", erklärt Holstein Kiel. Die nicht unerheblichen Kosten dafür - ein sechsstelliger Betrag pro Spieltag - trage bereits der Verein.

Gewerkschaft der Polizei in SH ist skeptisch

Die Polizei dagegen hegt Bedenken wegen des wirtschaftlichen Interesses von Fußballvereinen. Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Torsten Jäger, sieht es durchaus skeptisch, wenn Vereine an den Polizeikosten beteiligt werden. Vereine könnten im Zweifel mögliche Gefahren niedriger einschätzen als die Polizei, auch weil sie gewinnorientiert arbeiten, denkt Jäger. "Und wer zahlt zum Beispiel, wenn die Polizisten am Bahnhof oder in Fanabteilen von Zügen unterwegs sind? Wo sind da die örtlichen Abgrenzungen? Und wer legt fest: Was sind Hochrisikospiele? Wer bestimmt, wie viel Polizei eingesetzt wird?" Jäger ist überzeugt: die Antwort lautet "die Polizei". Es dürfe, so der Vorsitzende, keine Einflussnahme der Vereine geben.

Die GdP wünscht sich einen ganz anderen Ansatz: "Wir erwarten eine klare Positionierung der Vereine gegen Gewalt, gegen Hasstiraden, gegen Rassismus." Präventionsprojekte sollten gefördert werden und Stadionverbote konsequent durchgesetzt werden. Das könne schon viel Gewalt im Vorfeld verhindern, sagte Jäger.

Hamburg, Bremen und das Verfassungsgericht - viel Bewegung überall

Die Diskussion entflammt jetzt in Schleswig-Holstein auch deshalb, weil die Hamburger Politik sich gerade zu dem Thema positioniert hat. Die Stadt will Profivereine bei Fußballspielen an den Kosten für Polizeieinsätze beteiligen und die Bürgerschaft hat mehrheitlich einen entsprechenden Antrag der rot-grünen Koalition verabschiedet. 

Bremen bittet Werder bereits zur Kasse. Der Verein erhält die Rechnung für die Zusatzkosten für Polizeieinsätze bei Risikospielen. Dagegen klagt allerdings die DFL vor dem Verfassungsgericht. Sollte die Bremer Regelung weiterhin Bestand haben, könnte der Fonds für Polizeikosten kommen.

Innenministerium: Kein Fonds in SH geplant

Aus dem Innenministerium in Schleswig-Holstein heißt es: Ein Fonds sei in Schleswig-Holstein nicht geplant. Staatssekretärin Magdalena Finke: "Die Aufgabe, die Sicherstellung der inneren Sicherheit im Bereich von Fußballspielen, Sportveranstaltungen, aber auch Volksfesten wie Kieler Woche, gehört zu den Aufgaben der Sicherheitsbehörden und deswegen sind wir da."

Kieler Woche oder Fußballspiel - einen Unterschied bei Polizeikosten solle es nicht geben. Dennoch werde sich das Ministerium auch mit der anstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auseinandersetzen.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 19.09.2024 | 15:00 Uhr