Junge traurig-nachdenklich auf Hand aufgestützt im Klassenzimmer, im Vordergrund unscharf und dunkel belichtet Mädchen, im Hintegrund unscharf weitere Schülerinnen und Schüler und Buchregal.

Sachsen-Anhalt Mehr psychische Probleme bei Schülern: GEW fordert Land zum Handeln auf

Stand: 06.06.2025 15:58 Uhr

Schlaf-Probleme und Angststörungen sind unter Sachsen-Anhalts Schülern weit verbreitet. Hinzu kommen laut einer aktuellen Studie riskante Medien-Nutzung und E-Zigaretten-Konsum. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft zeigt sich besorgt und fordert die Landesregierung zum Handeln auf.

Von MDR SACHSEN-ANHALT

Das Wohlbefinden und die mentale Gesundheit von Jugendlichen in Sachsen-Anhalt haben sich seit der Coronapandemie spürbar verschlechtert. Das geht aus Zahlen einer Studie des Instituts für Medizinische Soziologie der Universitätsmedizin Halle mit Unterstützung der "IKK gesund plus" hervor. Dafür wurden mehr als 4.700 Jugendliche im Alter zwischen 11 und 15 Jahren befragt. Die Befragung ist repräsentativ und wurde im Jahr 2022 durchgeführt. Die Ergebnisse wurden jetzt veröffentlicht.

Zwar geben demnach rund 85 Prozent der befragten Jugendlichen an, die eigene Gesundheit als "gut" bis "ausgezeichnet" zu bewerten und auch die Zufriedenheit mit der Schule ist überwiegend hoch. Dennoch seien auch klare Warnsignale zu sehen, denn die Häufigkeit psychosomatischer Beschwerden sei deutlich angestiegen. 

Angststörungen bei einem Viertel der Schüler

Den Angaben nach leiden mehr als 32 Prozent der Schülerinnen und Schüler an Einschlaf-Problemen. 24 Prozent fühlen sich nervös, 18 Prozent einsam. Außerdem klagt über ein Viertel über "angststörungs-bezogene Symptome". Was die Nutzung sozialer Medien anbelange, weise rund die Hälfte der Kinder riskante Verhaltensweisen auf.

Angesichts der Ergebnisse fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Sachsen-Anhalts Bildungsministerium zum Handeln auf. Es brauche Schulsozialarbeiter möglichst an jeder Schule, sagte Sachsen-Anhalts GEW-Chefin Eva Gerth MDR SACHSEN-ANHALT. Zudem müssten pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom gegenwärtigen Einstellungsstopp des Landes ausgenommen werden.

GEW: Auch Soziale Medien Ursache für mentale Probleme

Gerth kritisierte auch die erst kürzlich beschlossene Kürzung sogenannter Förderpoolstunden, über die Schüler präventiv und sonderpädagogisch gefördert werden können. Die GEW-Chefin fordert außerdem mehr Schulpsychologinnen und -psychologen sowie mehr Gesundheits- und Medien-Erziehung an den Schulen.

In der Medien-Nutzung sieht Eva Gerth einen Hauptgrund für die mentalen Probleme. Die oft ungefilterten Informationen in den sozialen Netzwerken etwa über den Krieg in Europa und Gaza würden für Verunsicherung sorgen. Hinzu kämen die Corona-Nachwirkungen, aber auch Armut oder Job-Ängste der Eltern. Daneben würde aber auch die durch den Lehrermangel angespannte Situation an den Schulen die Kinder- und Jugendlichen belasten.

Bildungsministerium sieht Schulen gut aufgestellt

Aus Sicht des Bildungsministeriums sind die Schulen beim Thema mentale Gesundheit bereits gut aufgestellt. "Wir bieten ihnen über den Krisenordner eine thematisch geordnete, seitenstarke Sammlung von Handlungsleitfäden und Informationen, die Hilfestellung im Umgang mit besonders herausfordernden Situationen gibt", sagte Sprecher Elmer Emig MDR SACHSEN-ANHALT auf Nachfrage.

An den Schulen gebe es zahlreiche Unterstützungs- und Beratungsangebote, die die psychosoziale Gesundheit aller Beteiligten fördern sollen. Eine maßgebliche Ressource der Beratung und Begleitung der Schulen sei zudem der schulpsychologische Dienst, so Emig.

Der Sprecher nannte außerdem eine lange Liste von Unterrichtsprogrammen zum Thema, wie zum Beispiel "Mobbingfreie Schule" und "Mind Matters". Letzteres werde von Lehrkräften selbstständig im Unterricht umgesetzt. Neben Materialien wie Arbeitsblätter und Checklisten stünden dem pädagogischen Personal auch kostenfreie Fortbildungen zur Verfügung.

Süßigkeiten, Softdrinks und E-Zigaretten

Zwar sehen die Forschenden im Vergleich zu der gleichen Studie aus dem Jahr 2018 auch positive Trends – etwa einen gestiegenen Konsum von Obst und Gemüse. Doch stehen dem eine Zunahme von Süßigkeiten- und Softdrink-Konsum gegenüber. Erstmals neu erfasst wurde in der Studie der Gebrauch von E-Zigaretten. Diese werden mit 16 Prozent der Schüler häufiger konsumiert als Tabakzigaretten.

Weiterhin hat es laut Studie im Vergleich zu 2018 einen signifikanten Anstieg von Gewalt und Mobbing gegeben – insbesondere an Gymnasien und bei jüngeren Schülern. Besonders betroffen seien gender-diverse Schüler, 38 Prozent von ihnen berichteten demnach von Mobbing-Erfahrungen.

Studienergebnisse als Handlungs-Grundlage

"Leider sehen wir in vielerlei Hinsicht deutliche Verschlechterungen in der Gesundheit der Kinder und Jugendlichen im Vergleich zu 2018. Hier gilt es dringend anzusetzen", sagt die Studienleiterin Irene Moor.

Die HBSC-Studie ("Health Behaviour in School-aged Children") ist eine der größten internationalen Erhebungen zur Kinder- und Jugend-Gesundheit und wird seit 1982 alle vier Jahre unter der Schirmherrschaft der Weltgesundheitsorganisation WHO durchgeführt. Diese neueste Erhebung in Sachsen-Anhalt soll als Grundlage dienen, um präventive Strategien zu entwickeln und die Gesundheitsförderung für die junge Generation im Land gezielt zu verbessern.

MDR (Daniel Salpius), dpa | Zuerst veröffentlicht am 5.6.2025