Sachsen-Anhalt Gefängnis-Lageplan gerät an Insassen: Justizministerin will im Januar über Details informieren
Sachsen-Anhalts Justizministerium hat Abgeordneten im Landtag am Mittwoch Auskunft über die Vorfälle in der JVA Burg Auskunft erteilt – allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Zuvor war die Leitung des Gefängnisses vorläufig freigestellt worden, weil ein elfseitiges Dokument mit Lageplänen des Gebäudes in die Hände von Gefangenen geraten sein soll. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, zudem wurde Anzeige gegen Unbekannt erstattet.
- Ein detaillierter Plan der Justizvollzugsanstalt Burg soll in die Hände von Gefangenen gelangt sein.
- Wie das Landesjustizministerium MDR SACHSEN-ANHALT bestätigte, wurde die Leiterin der JVA Burg freigestellt.
- Burgs Bürgermeister fordert Sicherheit für seine Stadt.
Wegen des mutmaßlichen Sicherheitslecks in Sachsen-Anhalts größtem Gefängnis in Burg hat Justizministerin Franziska Weidinger (CDU) den Rechtsausschuss des Landtags am Mittwoch in einer vertraulichen Sitzung informiert. Thema waren die vermutlich in die Hände von Gefangenen geratenen detaillierten Lagepläne der Justizvollzugsanstalt (JVA) Burg. Weidinger bestand darauf, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Anfang Januar wolle sie jedoch über den dann aktuellen Ermittlungsstand informieren.
Detaillierte Pläne aller Etagen: Schlüssel, Waffen, Munition
Die Justizministerin sagte, dass beim Ministerium Hinweise auf den unbefugten Besitz sicherheitsrelevanter Unterlagen zur JVA Burg über eine Presseanfrage der "taz" am 19. November eingegangen seien. Die Zeitung berichtete kurz darauf, dass detaillierte Lagepläne aller Etagen in die Hände von Gefangenen geraten sein sollen. In dem elfseitigen Dokument seien etwa Installationskanäle, Schlüssel- und Saferaum sowie die Orte verzeichnet, an denen Waffen und Munition gelagert werden. Das sensible Dokument sei schon seit mindestens Februar dieses Jahres im Umlauf.
Justizministerin Franziska Weidinger will Anfang Januar genauer über die Ermittlungsergebnisse informieren.
Staatsanwaltschaft ermittelt bereits
Die Staatsanwaltschaft Stendal ermittelt wegen des Vorwurfs der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht. Wie Pressesprecher Thomas Kramer MDR SACHSEN-ANHALT am Montag mitteilte, sieht das Gesetz für den Fall eines vorsätzlich begangenen Verstoßes eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor. Ziel sei aber zunächst, herauszufinden, wer die Informationen in Umlauf gebracht hat. Von schnellen Ermittlungsergebnissen geht Kramer nicht aus. Weitere Einzelheiten gab die Staatsanwaltschaft unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht bekannt.
Leiterin der JVA Burg freigestellt
Ein Sprecher des Landesjustizministeriums bestätigte MDR SACHSEN-ANHALT, dass die Leiterin der JVA Burg am Freitag vorläufig vom Dienst freigestellt wurde. Weitere Angaben machte er nicht und verwies auf den Personenschutz und die Fürsorge gegenüber Bediensteten. Die kommissarische Leitung wurde an Svenja Kirchhoff übertragen, die bislang die Jugendanstalt Raßnitz im Saalekreis leitete.
Bürgermeister von Burg fordert Sicherheit für seine Stadt
Dass die internen Übersichts-Pläne an Insassen gelangt sind, gefährdet aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei mögliche Spezialeinsätze in der JVA. Landeschef Eycke Körner sagte dem MDR, es könne Komplikationen geben, da sich Spezialeinsatzkommando und Polizei auf solche Pläne verließen.
Mit gefährdeten Plänen können Einsätze weniger effizient und sicher werden. Eycke Körner | Gewerkschaft der Polizei Sachsen-Anhalt
Nach dem Vorfall sorgt sich Burgs Bürgermeister Philipp Stark (parteilos) um die Sicherheit in seiner Stadt. Stark sagte dem MDR, er nehme den Vorfall sehr ernst. Er habe deshalb Anfragen an das Justizministerium und die Polizei gestellt, das Gefährdungspotenzial einzuschätzen. Er erwarte Maßnahmen, die dafür sorgten, dass zu keinem Zeitpunkt ein Risiko für die Bürger oder auch die Angestellten der JVA bestehe.
JVA-Mitarbeiter sind nach Gefängnisvorfall in Burg verunsichert
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der JVA fühlen sich durch die schwere Panne derweil verunsichert. Mario Pinkert von der Gewerkschaft Strafvollzug sagte dem MDR, die Bediensteten seien entsetzt und unruhig. Die Sicherheit jedes einzelnen Mitarbeiters sei das höchste Gut in einer Justizvollzugsanstalt. Pinkert forderte das Justizministerium auf, für Aufklärung zu sorgen.
Vor knapp zwei Jahren: Fluchtversuch des Halle-Attentäters
Das Gefängnis hatte vor knapp zwei Jahren Schlagzeilen gemacht. Von dort hatte der inhaftierte Attentäter von Halle einen Fluchtversuch unternommen. Mit zwei selbst gebastelten Waffen nahm er zwei JVA-Bedienstete als Geiseln. Fliehen konnte er am Ende aber nicht. Inzwischen sitzt der Mann in einem anderen Bundesland hinter Gittern.
dpa, MDR (Norma Düsekow, Maren Wilczek, Daniel George, Susanne Ahrens, Kalina Bunk, Astrid Wulf, André Plaul, Jochen Müller) | Erstmals veröffentlicht am 23.11.2024