Meyer Burger insolvent

Sachsen-Anhalt Meyer Burger soll trotz Insolvenzantrag vorerst weiterlaufen

Stand: 03.06.2025 15:40 Uhr

In Thalheim stehen 332 Arbeitsplätze auf der Kippe. Das Werk soll trotz Insolvenzantrag vorerst weiterlaufen. Das Wirtschaftsministerium hat nach eigenen Angaben "keinen Plan B" für das Werk in Bitterfeld-Wolfen. Oberbürgermeister Armin Schenk nennt die Entwicklung eine bittere Zäsur – nicht nur für die Region, sondern für ganz Europa.

Von MDR SACHSEN-ANHALT

Nach dem Insolvenzantrag des Solar-Unternehmens Meyer Burger sollen das Werk in Bitterfeld-Wolfen sowie der Standort in Sachsen vorerst den Geschäftsbetrieb fortsetzen. Das hat der vorläufige Insolvenzverwalter des Technologie-Standortes Meyer Burger (Germany) GmbH in Hohenstein-Ernstthal in Sachsen, Lucas Flöther, am Dienstag mitgeteilt. Die Produktion in Sachsen-Anhalt verwaltet der vorläufige Insolvenzverwalter Reinhard Klose.

Die Löhne und Gehälter sollen demnach über das Insolvenzgeld für drei Monate gesichert sein. In den kommenden Wochen sollen Sanierungsoptionen ausgelotet werden. Klose sagte, es sollten, wenn möglich, die Standorte sowie möglichst viele Arbeitsplätze erhalten bleiben. Dafür werden unter anderem Investoren gesucht. Dafür sehen die Verwalter im Insolvenzverfahren bessere Chancen als zuvor, weil mögliche Investoren die Geschäftsbetriebe "ohne Altlasten übernehmen" könnten.

Wirtschaftsministerium: "Kein Plan B" für Meyer Burger-Werk in Thalheim

Derweil geht Sachsen-Anhalts Wirtschaftsministerium davon aus, die Schließung des Standortes in Thalheim in Bitterfeld-Wolfen nicht mehr abwenden zu können. Wie Wirtschaftsstaatssekretärin Stefanie Pötzsch MDR SACHSEN-ANHALT am Montag sagte, gibt es keinen Plan B mehr, um die Betriebsstätte zu retten.

Die Landesregierung habe in der Vergangenheit alle Mittel ausgereizt. Man habe Landesfördermittel zur Verfügung gestellt, um Meyer Burger auf gute Füße zu stellen und regen Kontakt zum Bundeswirtschaftsministerium und der EU gehalten, um die Themen zu adressieren.

Das seien die Stellen, wo etwas getan hätte werden müssen, um die Wettbewerbs-Situation attraktiver zu gestalten, so Pötzsch. "Das ist leider nicht geschehen." Nun bestehe die Gefahr, dass es in Europa keinen einzigen Produzenten von Solarmodulen mehr gebe. Man sei komplett abhängig von China. Das sei keine gute Situation.

Die Wirtschaftsstaatssekretärin geht davon aus, dass die gut ausgebildeten Fachkräfte bei Meyer Burger weitervermittelt werden können, wahrscheinlich sogar in der Region. Man habe immer noch einen Fachkräftemangel. Bei der Weitervermittlung der Beschäftigten wolle die Landesregierung helfen.

Gutachten soll Gründe für Insolvenz klären

Bitterfeld-Wolfens Oberbürgermeister Armin Schenk (CDU) bezeichnete den Insolvenzantrag von Meyer Burger als bittere Nachricht für den Standort Thalheim: "Das ist eine bittere Situation und Erfahrung, nicht nur für Thalheim, sondern auch für Deutschland und ganz Europa."

Armin Schenk

Aus von Meyer Burger in Thalheim ist ein schwerer Schlag für Solarindustrie in Europa, so OB Armin Schenk.

Im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT sagte Schenk, ein Traum sei geplatzt. Von dem Gedanken, eine eigenständige Entwicklung, Forschung und Produktion vor Ort zu haben, müsse man sich wohl endgültig verabschieden.

Die Gründe für die Insolvenz des Solarmodule-Herstellers soll nach Angaben des Amtsgerichts Chemnitz jetzt ein Gutachten klären. Einer Gerichtssprecherin zufolge wurden Experten damit beauftragt.

Standort Thalheim besonders betroffen: 331 Beschäftigte in Kurzarbeit

Das schweizerische Unternehmen Meyer Burger hatte am Samstag bekannt gegeben, dass es für seine drei deutschen Töchter die Notbremse zieht und Insolvenz beantragt. Der Solarzellen-Hersteller reagiert damit auf jahrelange Finanz-Schwierigkeiten. Erst in der vergangenen Woche hatte das Unternehmen das Aus eines Werkes in den USA angekündigt.

In der Solarzellen-Fertigung bei Meyer Burger Industries in Bitterfeld-Wolfen sind derzeit 332 Mitarbeiter beschäftigt. Schon seit Mai befinden sie sich in Kurzarbeit. Die Gewerkschaft IG Metall kündigte an, gemeinsam mit dem Betriebsrat für die Beschäftigten zu kämpfen.

Erinnerungen an Sovello-Insolvenz 2012 werden wach

Nach Recherchen von MDR SACHSEN-ANHALT kommt der Insolvenzantrag nicht überraschend. Die Sanierungs-Bemühungen zum Erhalt des Standortes in Thalheim waren demnach zäh und ins Leere gelaufen.

Meyer Burger in Thalheim stellt Insolvenzantrag

Spätestens mit dem Aus des Werkes in den USA sei klar gewesen, dass der Standort in Sachsen-Anhalt keine Zukunft habe, heißt es in der Branche. Der einzige Abnehmer von in Thalheim produzierten Solarzellen wäre lediglich das US-amerikanische Werk gewesen - keine optimalen Voraussetzungen.

Rückschlag für Solar-Industrie in Europa

Für den Solar-Industrie-Standort Sachsen-Anhalt ist das ein weiterer herber Rückschlag. Bereits im Jahr 2012 scheiterte die Branche, ebenfalls in Thalheim. Damals ging der Solarmodul-Hersteller Sovello auch in die Insolvenz. Grund war vor allem die Konkurrenz aus China. In der Volksrepublik wird deutlich billiger produziert.

Neben Sovello wurden auch andere deutsche Solarmodul-Hersteller Opfer des harten Wettbewerbs. Tausende Arbeitsplätze gingen im sogenannten Solar Valley in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen verloren.

Hat Photovoltaik Zukunft in Deutschland?

MDR (Andre Damm, Jörg Wunram, Hannes Leonard, Alisa Sonntag) | Erstmals veröffentlicht am 01. Juni 2025