Der Wohnblock "Lange Lene" in Leipzig bei Abend.

Sachsen Nach zwei Bränden in der "Langen Lene" Leipzig: Bewohner fordern mehr Sicherheit

Stand: 11.12.2024 19:10 Uhr

Zwei Brände in der "Langen Lene" haben nicht nur für viel Frust bei den Mieterinnen und Mietern gesorgt. Die vermutlich absichtlich gelegten Feuer haben große Unsicherheit bei den Bewohnern des XXL-Plattenbaus hinterlassen. Könnte es zu einem weiteren Feuer kommen, fragen sich viele? Sie kritisieren mutmaßliche Sicherheitslücken und haben eigene Vorstellungen für mehr Sicherheit.

Von Philipp Brendel, MDR SACHSEN

Die Fahrstuhltür öffnet sich. Ein Mann tritt heraus. "Haben Sie wieder Wasser?", fragt Zamani Elhsm einen ihrer Nachbarn im Wohnblock "Lange Lene" in Leipzig. "Ja. Aber nur Kaltes", antwortet der Mann. "Ich habe auch nur kaltes Wasser", sagt Zamani Elhsm. Die gebürtige Iranerin habe mehrere Tage gar kein Wasser gehabt, erzählt sie. In der "Langen Lene" brannte es innerhalb eines Monats zweimal. Die Polizei ermittelt wegen Brandstiftung.

Wasserversorgung wieder komplett hergestellt

Wie die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) auf Anfrage von MDR SACHSEN mitteilt, haben alle Bewohner der "Langen Lene" seit Donnerstag wieder fließendes Wasser. 30 Meter der Hauptwasserleitung inklusive Anschlüsse seien erneuert worden.

2 Frauen tragen Wasserkanister in eine großes Wohnhaus.

Für viele Bewohner der "Langen Lene" war die Wasserversorgung nach zwei Bränden ausgefallen. Sie mussten sich über Hydranten auf der Straße notversorgen. (Archivbild)

Strom soll ab Wochenende wieder für alle fließen

Die Stromversorgung will die LWB nach eigenen Angaben bis zum Wochenende wieder herstellen. Zerstörte Stromverteiler sollen bis dahin repariert werden. Die Reparatur der teilweise kaputten Stromverteiler soll kommende Woche folgen, wodurch es nochmals zu temporären Abschaltungen kommen könne. Das könne 50 Wohnungen betreffen. Dazu heißt es von der LWB: "Abends wird der Strom wieder zugeschaltet, sodass alle Mieter über Strom verfügen."

Unsicherheit wegen zweier Brände

Es ist also erstmal Aufatmen in Sachen Wasser und Strom angesagt. Auch bei der Bewohnerin Zamani Elhsm. Der 39-Jährigen ist dennoch ihre Verunsicherung anzumerken. Denn bereits zum zweiten Mal legte ein Brand vergangene Woche die Strom- und Wasserversorgung in manchen Hausausgängen des Plattenbaus lahm. Anfang November beim ersten Feuer sei sie auch vom Wasserausfall betroffen gewesen, sagt Elhsm.

Zamani Elhsm steht in einem Treppenhaus im Wohnblock "Lange Lene" und schaut in die Kamera.

Zamani Elhsm ist froh, wieder fließendes Wasser zu haben. Doch sie sei verunsichert wegen der zwei Brände in der "Langen Lene", sagt die gebürtige Iranerin.

Bewohnerin bemängelt offene Kellertüren

Im Treppenhaus trifft Elhsm auf einen weiteren Nachbarn und fragt ihn, ob die Polizei einen Verantwortlichen für die Brände gefunden hat. Der Nachbar schüttelt den Kopf. Die Polizei fahndet derzeit nach mutmaßlichen Brandstiftern, die verdächtigt werden, Feuer in dem Wohnblock gelegt zu haben. Die Behörde sucht öffentlich mit der Hilfe von "Kripo live" nach Hinweisen, um die Brandursachen aufzuklären. Aus Sicht von Elhsm könnten Überwachungskameras für mehr Sicherheit sorgen.

Elhsm zeigt im Treppenhaus in Richtung der Keller. Aus ihrer Sicht sei es zu einfach, in diese zu kommen, da diese nicht abgeschlossen seien. Dazu teilt die LWB mit, dass die Kellertüren aktuell aus brandschutztechnischen Gründen nicht verschlossen werden dürften. Es werde geprüft, ob von dieser Vorschrift abgewichen werden darf.

Rüstiges Rentnerpaar versteht Frust nicht

Vor dem Wohnblock spaziert ein rüstiges Pärchen mit einem kleinen Hund. Ursula Jostock und Helmut Brunlieb wirken bestens gelaunt. Man kommt gut mit ihnen ins Gespräch. Die Strom- und Wasserausfälle hätten sie gut überbrückt, sagt Ursula Jostock. "Wir haben uns gerettet. Wir sind ins Hotel gezogen, weil ich eine Versicherung habe", erklärt die 84-Jährige.

Ursula Jostock und Helmut Brunlieb stehen mit einem Hund vor dem Wohnblock "Lange Lene" und schauen in die Kamera.

Die Jostocks sind optimistisch.

Mittlerweile wohnen sie wieder in der "Langen Lene" und haben Strom und Wasser, sagt Helmut Brunlieb. Funktionierendes Internet, Kabel-TV, Telefon hätten sie zwar bis heute nicht, aber sie seien über eine Zimmerantenne notdürftig mit Fernsehen versorgt, sagt der 87-Jährige. Den Frust vieler Mitmieter auf die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) könne das Pärchen nicht verstehen. Diese habe ihr Mögliches getan, um die Wasserversorgung über Hydranten zu gewährleisten. Beide wirken gelassen.

Verunsicherung bleibt trotz Sicherheitsdienst

Ursula Jostock lächelt während sie erzählt. Doch mit einem Mal wird das Gesicht der alten Dame ernst: "Wir haben die Brände ziemlich gut überstanden, doch wir haben die Angst, dass das jetzt nochmal passiert." Die LWB hat einen Sicherheitsdienst beauftragt, der aktuell zwischen 18 und 6 Uhr das gesamte Objekt kontrolliert.

Anlieferung von Waschcontainern und Toiletten

Für alle Bewohner der "Langen Lene", die noch nicht wieder fließendes Wasser haben, hat die LWB als Eigentümerin Dusch- und Toilettencontainer bereitgestellt. (Archivbild)

Wir haben die Brände ziemlich gut überstanden, doch wir haben die Angst, dass das jetzt nochmal passiert. Ursula Jostock | Bewohnerin in der "Langen Lene"

Dennoch bleibe die Verunsicherung, sagt Ursula Jostock. An ein solches Ausmaß an Bränden wie jetzt, könne sich die 84-Jährige nicht erinnern. "Es hat hier nur zu DDR-Zeiten mal an Heiligabend gebrannt. Da hat einer aus Frust auf seine Freundin vor Wut den Keller abgebrannt", erzählt sie.

Mieter verliert Hab und Gut durch Kellerbrand

Vor dem mittleren Hauseingang steht Sven neben den Containertoiletten und -duschen, die allen bereit stehen, die kein fließendes Wasser haben. An seiner unruhigen Stimme ist spürrbar, dass der Schreck der Brände noch tief in ihm steckt. Er habe nicht nur mehrere Tage ohne Strom und Wasser auskommen müssen, erzählt er.

Löschangriff mit Leiter in einer der oberen Stockwerke im Plattenbau "Lange Lene"

Durch zwei Kellerbrände Anfang November und Anfang Dezember (Bild) sind mehrere Kellerabteile zerstört worden. (Archivbild)

Das Feuer habe seinen Keller komplett zerstört: "Mein Werkzeug und Tischlermaschinen - einfach alles ist weg. Das Fahrrad ist zerschmolzen. Ich war nachts arbeiten, komme frühs hier her und habe das Chaos", erinnert sich der 55-Jährige. Da er nur eine Einzimmer-Wohnung habe, sei viel Hab und Gut durch den Kellerbrand verloren gegangen.

Mein Werkzeug und Tischlermaschinen - einfach alles ist weg. Das Fahrrad ist zerschmolzen. Ich war nachts arbeiten, komme frühs hier her und habe das Chaos. Sven | Bewohner in der "Langen Lene"

Kritik an offenen Fluren

Er fühle sich sehr verunsichert, sagt Sven: "Man denkt sich, hier ist man nicht mehr sicher." Er sieht es auch mit Sorgen, dass man komplett durch den gesamten Wohnblock mit seiner Länge von 330 Metern auf allen Etagen wie auch im Kellerbereich hindurchlaufen könne.

Ein langer Flur im Wohnblock "Lange Lene".

In der "Langen Lene" kann man auf allen Etagen wie auch im Keller vom ersten bis zum letzten Hauseingang gelangen. Aus Sicht einiger Mieter könne man zu einfach in die Kellerbereiche gelangen.

Sind Überwachungskameras die Lösung?

In den unendlich lang wirkenden Fluren ist immer noch ein unangenehmer Geruch wahrnehmbar. "Das ist vom Rauch, der durch die Ritzen zog. Das hat noch viel schlimmer gerochen", sagt ein Mann. Die Frage, wie man die "Lange Lene" sicherer machen könnte, beschäftigt auch ihn, sagt Enrico.

Überwachungskameras im Keller seien eine Variante, die Sicherheit zu erhöhen, meint der 48-Jährige: "Das wäre ideal." Er bezweifelt, dass der Sicherheitsdienst ausreichend ist.

LWB plant Kameraüberwachung

Die Sicherheit in und an der "Langen Lene" soll weiter erhöht werden, teilt die LWB auf Anfrage mit. Auch Überwachungskameras gehören demnach dazu. Wegen des Datenschutzes seien diese jedoch nicht ad hoc installierbar.

Durchgehende Überwachung an Weihnachten und Silvester

In den Nachtstunden werde der Block laut LWB durchgehend überwacht. Tagsüber sei Sicherheitspersonal wiederholt am Gebäude im Einsatz. An Weihnachten sollen die Bewohner sicher feiern können. Dazu die LWB: "Über die Feiertage und den Jahreswechsel wird das Objekt durchgehend bewacht."

MDR (phb)