Ein gelber Weihnachtsstern vor den bunten Fenstern der Gedächtniskirche in Speyer. Hier predigte Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst am ersten Feiertag davon, dass Weihnachten gegen Furcht hilft.

Rheinland-Pfalz Kirchenvertreter predigen am 1. Feiertag von Hoffnung und Mut

Stand: 25.12.2024 15:24 Uhr

Katholische wie evangelische Geistliche in Rheinland-Pfalz haben in ihren Predigten am 1. Feiertag versucht, den Menschen Mut und Hoffnung zu machen - angesichts von Gewalt und Katastrophen in der Welt.

Nach den Anschlägen von Solingen und Magdeburg in diesem Jahr seien die Sorgen groß, "ob wir im öffentlichen Raum sicher leben können", sagte der Limburger Bischof Georg Bätzing am Mittwoch in seiner Predigt im Dom. Doch das Grundgeheimnis des christlichen Glaubens sei die Aussicht auf Hoffnung und Frieden, so der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz weiter. Er hob dabei besonders Menschen hervor, die sich Zeit nehmen und Zuversicht vermittelten, wie die Einsatzkräfte und Ersthelferinnen in Magdeburg, Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger. Sie seien einfach da, hörten zu und hielten aus.

Nicht mit Parolen wir "Festung Europa" abschotten

Die Aussichten fürs kommende Jahr seien zwar eher trüb, so Bätzing. Die Reaktion darauf dürfe aber nicht in Abschottung bestehen. Parolen wie die einer '"Festung Europa" oder des "America first" seien doch nichts anderes als der Versuch, Eigenwelten zu bauen und sich abzugrenzen, auszuklinken aus der globalen Verantwortungsgemeinschaft, "zu der wir als Menschen gehören".

Die Furcht schaltet den Verstand und die Vernunft aus, nennt Fakten Märchen und verdrehte Narrative Fakten. Sie plärrt die Liebe nieder und spaltet Gemeinschaft." Dorothee Wüst, Präsidentin der evangelischen Kirche der Pfalz

Weihnachten als Rezept gegen Furcht

Die Präsidentin der evangelischen Kirche der Pfalz, Dorothee Wüst sagte, Weihnachten helfe gegen Furcht. Beim Erleben von Kriegen, Anschlägen und persönlichen Katastrophen brauche es die Worte der Engel aus dem Weihnachtsevangelium: "Fürchtet euch nicht!", sagte Wüst in der Gedächtniskirche Speyer. Eine Stunde auf der Social-Media-Plattform Tiktok reiche, um etwas von der Macht der Furcht zu begreifen. "Die Furcht schaltet den Verstand und die Vernunft aus, nennt Fakten Märchen und verdrehte Narrative Fakten. Sie plärrt die Liebe nieder und spaltet Gemeinschaft", sagte Wüst.

Dorothee Wüst, Präsidentin der evangelischen Kirche der Pfalz, spricht bei ihrer Predigt in der Gedächtniskirche in Speyer am 1. Weihnachtsfeiertag, von der Kanzel.

Dorothee Wüst, Präsidentin der evangelischen Kirche der Pfalz, bei ihrer Predigt in der Gedächtniskirche in Speyer am 1. Weihnachtsfeiertag.

Wüst: Liebe spaltet nicht, sondern schafft Gemeinschaft

Furcht vernebele den Blick dafür, dass gute Lösungen einen langen Atem brauchen. Die habe die Furcht nicht, die Liebe schon. Nach der Weihnachtserzählung hätten die Hirten sich beim Anblick der Engel gefürchtet, aber ihren Worten getraut und den Stall in Bethlehem aufgesucht. Das Kind in der Krippe "hilft gegen die Furcht", sagte Wüst. Die einzige Strategie, der der Welt wirklich helfe, sei nämlich, die Liebe zu finden. "Weil die Liebe jedem Menschen seinen Wert und seine Würde lässt. Weil sie sich nicht mit nassforschen Parolen zufriedengibt. Weil sie nicht spaltet, sondern Gemeinschaft stiftet".

Bischof Kohlgraf: Weihnachten 2024 - kein Fest der Fröhlichkeit

Das Weihnachtsfest in diesem Jahr kann nach den Worten des katholischen Mainzer Bischofs Peter Kohlgraf nicht gefeiert werden, ohne im Gebet an das Leid von Menschen in Magdeburg, in der Ukraine, in Gaza und anderswo zu denken. Aber auch das Johannesevangelium stehe nicht für ein ausschließlich gutes Weihnachtsgefühl.

"Da ist vom Streit zwischen Licht und Finsternis die Rede, von der Ablehnung des Sohnes Gottes, davon, dass die Menschen ihn und seine Botschaft nicht annehmen", sagte Kohlgraf im Mainzer Dom laut Manuskript. "Und doch gibt Jesus, der Sohn Gottes, seine Bemühungen nicht auf, Menschen für die Botschaft des Lichtes zu gewinnen, für den Frieden gegen den Hass."

An Weihnachten gehe es nicht nur um Fröhlichkeit, sondern um eine Positionierung: "Stelle ich mich auf die Seite des Lichts, das mit Christus aufgestrahlt ist? Dann bin ich gefordert, auch im Alltag Schritte des Friedens, der Versöhnung und der Suche nach Barmherzigkeit und Gerechtigkeit zu gehen", sagte der Bischof.

Die Kraft der Hoffnung äußere sich darin, sich anderen zuzuwenden, wo sie Hilfe brauchen, nicht wegzuschauen, wo Menschen andere erniedrigen und verachten. "Weihnachten 2024 ist wohl kein Fest ausgelassener Fröhlichkeit, aber doch ein Fest der Hoffnung, des Miteinanders und des Friedens."

Trierer Bischof: Gott will die Welt nicht zugrunde gehen lassen

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann rief in seiner Weihnachtspredigt trotz Krisen und Gewalt zu Zuversicht auf. Es sei Gottes fester Wille, die Welt nicht zugrunde gehen zu lassen, sondern sie zu retten. Das Kind von Bethlehem sei dafür Garant. Die entsetzliche Amokfahrt auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg erinnere gleichwohl daran, dass man nicht über das Geheimnis von Gott, Welt und Mensch sprechen könne, ohne daran zu erinnern, dass es auch das "Geheimnis des Bösen" gebe, sagte Ackermann. Die Frage nach dem Ursprung des Bösen und danach, was Menschen dazu verleite, anderen Böses anzutun, werde sich wohl nie zufriedenstellend beantworten lassen.

Eine "einfache Wahrheit gegen das Menschenverachtende in der Welt"

Auch der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann nahm in seiner Weihnachtspredigt im Dom Bezug auf den Anschlag in Magdeburg: "Ich sitze vor meiner Krippe und schaue und werde still. Und ich merke, wie wohltuend gerade in aller Erschütterung durch Gewalt und Hass diese Augenblicke sind." Aus dieser Stille erwachse die Hoffnung, die so dringend benötigt werde, sagte Wiesemann. In einer Welt, die oft von Gewalt und Brutalität geprägt sei, werde die Weihnachtsbotschaft auf die Probe gestellt.

Sendung am Mi., 25.12.2024 12:00 Uhr, Übersicht Radionachrichten für SWR Kultur / SWR Aktuell