Rheinland-Pfalz Was die syrische Community in Rheinland-Pfalz jetzt bewegt
Wie geht es nun weiter in Syrien? Können die politischen Akteure einen dauerhaften Frieden herstellen? Oder ist das nur die Ruhe vor dem nächsten Sturm? Das sind Fragen, die sich viele Menschen stellen, die aus Syrien stammen.
In Rheinland-Pfalz leben nach Angaben des Integrationsministeriums mehr als 50.000 Menschen aus Syrien. Viele haben inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft. So wie Hasan Daoud. Der Mediziner lebt mit seiner Familie in Bad Kreuznach, er arbeitet bei einem großen Pharmaunternehmen im Raum Mainz. "Natürlich ist das ein wahnsinniges Gefühl, dass die Regierung in Syrien jetzt weg ist. Das syrische Volk hat über Generationen so viel Leid erfahren", erzählt der 53-Jährige.
Zukunft in Syrien noch ungewiss
Dennoch habe er Zweifel daran, dass die Übergangsregierung für ein freies und demokratisches Syrien steht. "Ich bin sehr skeptisch, wie es in Syrien weitergeht. Ich hoffe aber, dass ich mich irre."
Die Lage in Syrien sei jetzt einfach noch sehr unklar, sagt auch Lina Kaalo. Sie und ihre Familie sind Kurden. Vor etwa neun Jahren kamen sie über die Türkei nach Deutschland. Inzwischen leben sie in Kaiserslautern. Sie hoffe, dass Syrien am Ende ein demokratisches und freies Land wird. "Wir haben lange gewartet auf diesen Moment - 13 Jahre - wir waren als Kurden die ersten, die gegen dieses Regime auf die Straße gegangen sind."
Auch Belal Suliman ist vor einigen Jahren aus Syrien geflohen. Inzwischen ist er Vorsitzender des Migrationsbeirats in Kichheimbolanden im Donnersbergkreis. "Meine Frau hat mich am Sonntag geweckt und gesagt: Du kannst deine Mutter wieder sehen", erzählt er. Er habe seine Mutter seit gut zehn Jahren nicht mehr gesehen. Als er von ihr spricht, kommen ihm die Tränen. Seine Mutter lebe in Aleppo. Das sei die erste Stadt gewesen, die von den Rebellen eingenommen worden sei.
Faiza Janbin lebt in Bad Bergzabern im Kreis Südliche Weinstraße. Den Moment, in dem sie vom Ende der Schreckensherrschaft in Syrien erfuhr wird die 59-Jährige wohl so schnell nicht vergessen: "Ich wusste nicht, ob ich weinen oder lachen soll - oder auf die Straße rennen und schreien soll."
Hoffen auf Frieden und Freiheit
Faiza Janbin lebt seit 2015 in Deutschland. Seit dem vergangenen Jahr hat sie einen deutschen Pass. Sie arbeitet in einer Kita. Obwohl das Assad-Regime gestürzt wurde, blickt auch sie mit gemischten Gefühlen auf Syrien. "Für uns ist alles unklar. Auch für die Menschen, die in Syrien leben." Al-Assad habe noch Leute, die hinter ihm stehen würden, sagt sie. Und die könnten noch viel kaputt machen und es anderen in die Schuhe schieben. Dadurch könnte die Lage in Syrien erneut eskalieren. Und davor hat die 59-Jährige Angst.
Die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Katharina Binz (Bündnis 90/Die Grünen) hat Syrern zunächst davon abgeraten, ihr Heimatland zu besuchen. Zugleich appellierte sie an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, BAMF, Klarheit zu schaffen, ob vorübergehend ausgereiste Syrer wieder nach Deutschland zurückkehren können.
Syrer könnten Aufenthaltstatus verlieren
Das seit Oktober geltende Sicherheitsgesetz besagt, dass Syrer nur in besonderen Fällen eine Reise in ihr Herkunftsland unternehmen können, ohne ihren Aufenthaltsstatus in Deutschland zu verlieren. Als Beispiel nannte Binz Beerdigungen naher Verwandter. Die Ministerin forderte deshalb das BAMF auf, diese Regelung mit Blick auf die geänderte Lage in Syrien zu überprüfen.
Sendung am Mi., 11.12.2024 10:00 Uhr, SWR4 am Vormittag, SWR4