Rheinland-Pfalz Warum Jugendämter so lange nach Unterkünften für Kinder suchen
Viele Jugendämter suchen wochenlang, bis sie für Kinder einen Wohngruppenplatz oder eine Pflegefamilie finden - auch in Rheinland-Pfalz. Die betroffenen Kinder leiden darunter. Ein Beispiel aus der Region Trier.
Im Jugendamt des Eifelkreises Bitburg-Prüm stapeln sich die Akten - und es werden immer mehr. Es sind Unterlagen zu Kindern, die zuhause Schlimmes erlebt haben oder bei denen die Eltern mit der Erziehung überfordert sind.
Die Kinder sollen jetzt in eine Wohngruppe kommen. Die Suche nach freien Plätzen ist aber schwierig. "Die Kollegen sind Wochen damit beschäftigt", sagt Jugendamtsleiter Stefan Urmes.
Jugendamtsleiter Stefan Urmes ist sich sicher: Viele Wohngruppen machen wegen Personalmangel dicht.
Kaum freie Plätze in Wohngruppen
Um für ein Kind einen freien Platz zu finden, muss das Jugendamt inzwischen bis zu 300 Einrichtungen bundesweit und im Ausland anfragen. Früher waren es deutlich weniger. "Das ist neu für uns. Wir mussten uns erst daran gewöhnen", so der Jugendamtsleiter.
Der Eifelkreis Bitburg-Prüm ist damit nicht allein. In anderen Kreisen in der Region sowie die Stadt Trier sieht es nach Angaben der Verwaltungen ähnlich aus.
Weniger Wohngruppen und fehlendes Personal
Es gibt laut Urmes zwei Gründe, weshalb es nun weniger freie Wohngruppenplätze gibt, zum einen: "Große Einrichtungen haben in den vergangenen Jahren Wohngruppen geschlossen."
Und zum anderen würde es nicht mehr genügend Erzieher und Sozialarbeiter auf dem Markt geben, um alle Kinder in Wohngruppen auf Dauer optimal zu versorgen, erklärt der Jugendamtsleiter.
Forderung: Mehr Menschen für Erzieher-Berufe begeistern
Urmes nimmt die Politik in die Pflicht. "Wir müssen die Berufe von Erziehern und Sozialarbeitern attraktiver machen". Die Idee: Für weniger Stress im Berufsalltag sorgen, etwa durch einen anderen Personalschlüssel - das heißt, die Zahl der Erzieher und Sozialarbeiter in den Wohngruppen aufstocken. "Dann sind die Menschen zufriedener", sagt Urmes.
Pflegefamilien im Eifelkreis Bitburg-Prüm fehlen
Ein weiteres Problem im Eifelkreis Bitburg-Prüm sowie in der Region Trier insgesamt: Es gibt immer weniger Eltern, die ein Pflegekind aufnehmen wollen. Carmen Simon, Jugendamt-Fachbereichsleiterin für Jugend und Familie, sieht dafür einen Hauptgrund.
Carmen Simon vom Jugendamt Bitburg-Prüm will mehr Pflegefamilien für den Kreis gewinnen.
"Früher sind mehr Frauen zuhause geblieben, um sich um die Kinder zu kümmern. Nun sind viele berufstätig", so Simon. Damit "bleibt das Engagement für ein Pflegekind auf der Strecke."
Zwar gibt es laut Simon noch ausreichend Pflegefamilien im Eifelkreis Bitburg-Prüm, aber die Entwicklung ist seit Jahren rückläufig.
Negative Folgen für die Kinder?
Wenn eine Suche nach einer Pflegefamilie zu lange dauert, wirkt sich das negativ auf Kinder aus. "Alles was den Prozess verzögert, ist für die Entwicklung des Kindes schwierig", betont Simon.
Wir haben viele Kinder mit Bindungsproblemen. Carmen Simon, Fachbereichsleiterin im Jugendamt im Eifelkreis Bitburg-Prüm
Für das Kind ist es dann eine Herausforderung, sich auf die Pflegeeltern einzulassen. Das zeigt sich schon jetzt: "Wir haben viele Kinder mit Bindungsproblemen", so die Sozialarbeiterin.
Initiative "Eifel Eltern" will mehr Pflegefamilien finden
Das Jugendamt will mehr Eltern davon überzeugen, ein Pflegekind aufzunehmen. Dafür wurde in diesem Jahr die Initiative "Eifel Eltern" vom Pflegekinderdienst des Kreises ins Leben gerufen. Auf mehreren Veranstaltungen sollen interessierte Eltern im kommenden Jahr zum Thema "Pflegefamilie" beraten werden.
Sendung am Mo., 9.12.2024 6:00 Uhr, SWR4 RP am Morgen, SWR4 Rheinland-Pfalz