Der Berliner Platz in Ludwigshafen ist seit mehr als zehn Jahren eine Dauerbaustelle - hier im Juni 2022

Rheinland-Pfalz Ludwigshafen: Stadtrat stimmt Bauprojekt am Berliner Platz zu

Stand: 09.12.2024 17:56 Uhr

Der Stadtrat des hoch verschuldeten Ludwigshafen hat den Haushalt 2025 verschiedet. Die Schulden wachsen um rund 60 Millionen Euro. Zustimmung gab es für das Neubauprojekt am Berliner Platz.

Der Ludwigshafener Stadtrat fordert mehr Geld von Bund und Land für die angeschlagene Kommune. Bei der Verabschiedung des Haushalts für das Jahr 2025 kritisierten die Redner aller Fraktionen, dass die Stadt immer mehr Pflichtaufgaben erfüllen müsse, deren Kosten nicht vom Bund oder vom Land übernommen werden. Als Beispiel wurde der Rechtsanspruch auf eine Ganztagesbetreuung ab dem übernächsten Schuljahr (2026/2027) genannt.

Ausgeglichener Haushalt? Unmöglich!

Der Ludwigshafener Haushalt 2025 weist ein Defizit von fast 60 Millionen Euro aus. Auf die Bürger kommen höhere Gebühren zu, unter anderem fürs Parken, bei der Müllabfuhr, der Abwasserbeseitigung und den Bestattungen. CDU, SPD, Freie Wähler und FDP stimmten dem Etat zu. Die anderen Parteien enthielten sich, nur die AfD lehnte den Haushalt ab.

Höhere Grundsteuer für einige Ludwigshafener

Steuererhöhungen gibt es für einige Eigentümer von Häusern, Wohnungen oder Mieter: So wird in der Stadt Ludwigshafen der Hebesatz für die Grundsteuer B von 540 auf 817 Prozentpunkte steigen.

SPD-Fraktionschef David Guthier, der auch Landtagsabgeordneter ist, wies darauf hin, dass wegen der Grundsteuerreform die Stadt Ludwigshafen insgesamt in der Summe nicht mehr Grundsteuer einnehmen wird als bisher. "Es wird Hausbesitzer und Mieter geben, die künftig weniger Grundsteuer zahlen als bisher", so David Guthier. "Es wird aber auch Bürger geben, die jetzt mehr zahlen müssen."

Bei SWR-Umfragen zum Thema zeigten sich viele Ludwigshafener verunsichert. Viele sagten, sie wüssten noch gar nicht genau, wie hoch ihre Grundsteuer ab dem nächsten Jahr sein wird. 2025 wird die umstrittene Grundsteuerreform auch in Rheinland-Pfalz in Kraft treten.

Wohnhäuser in Ludwigshafen. Eigentümer müssen mit höheren Grundsteuern rechnen.

Eigentümer von Häusern und Wohnungen, aber auch Mieter in Ludwigshafen müssen im kommenden Jahr mit einer höheren Grundsteuer rechnen.

Der Alltag in Ludwigshafen wird teurer

Der Stadtrat stimmte auch höheren Parkgebühren zu. Teurer wird das Parken rund um den Bereich der Innenstadt. Für 20 Minuten Dauer ist am Parkautomaten ein Euro fällig, so viel wie bereits im Stadtzentrum. Auch die Gebühren für Abfall und Abwasser steigen.

Mehrheit für umstrittenes Wohngebiet "Im Kappes"

Der Ludwigshafener Stadtrat hat auch über das seit Jahren umstrittene Neubaugebiet im Stadtteil Rheingönheim entschieden. Dort sind auf rund zehn Hektar Ackerfläche 200 Wohneinheiten geplant. Der Stadtrat stimmte mit großer Mehrheit zu, dass ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet wird. Neun Stadträte lehnten den Antrag ab, vier enthielten sich.

Bürger demonstrieren gegen neues Baugebiet in Ludwigshafen-Rheingönheim

Vor der Stadtratssitzung demonstrieren Vertreter der Bürgerinitiative gegen das umstrittene Baugebiet

Eine Bürgerinitiative mit etwa 1.000 Unterstützern wehrt sich seit Jahren dagegen. Sie fordert, die Naturflächen für den Klimaschutz zu erhalten und statt neu zu bauen bestehende Wohnmöglichkeiten im Stadtgebiet besser zu nutzen.

CDU-Fraktionschef Peter Uebel wies darauf hin, dass das "Kappes"-Gebiet eine der letzten großen Flächen in Ludwigshafen ist, wo junge Familien künftig ein Eigenheim bauen können. "Langsam gehen uns die Flächen aus und wir kommen an die Grenzen, wie die Stadt weiterwachsen kann", so Peter Uebel (CDU). Deshalb stimmte seine Fraktion zu.

Entwurf für Büro- und Geschäftshaus am Berliner Platz in Ludwigshafen.

Der Entwurf für Büro- und Geschäftshaus am Berliner Platz in Ludwigshafen.

Deutsche Umwelthilfe: Offener Brief an Steinruck

Auch die Deutsche Umwelthilfe mischte sich im Vorfeld der Stadtratssitzung in die Diskussion um das Neubaugebiet ein. In einem offenen Brief an Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) fordert sie, das Vorhaben zu stoppen und verweist auf die aus ihrer Sicht miserable Versiegelungsbilanz der Stadt. Kurzfassung: Ludwigshafen hat zu viel Beton und zu wenig Grün. Jede unbebaute Fläche sei wichtig, um frische und kühle Luft für die Stadt zu produzieren, die sich jeden Sommer aufs Neue übermäßig aufheize. Ludwigshafen ist laut einer Studie die am meisten versiegelte Stadt in Deutschland.

Der Ludwigshafener Baudezernent Alexander Thewalt hält in einem SWR-Interview dagegen: "Die meisten Probleme haben wir da, wo es am meisten versiegelt ist: Innenstadt, BASF-Fläche, Ortskerne, Gewerbe- und Industriegebiete."

Gebiete für Einfamilienhäuser seien gut durchgrünt, insbesondere in Rheingönheim: "Unser Fokus liegt auf den hochversiegelten Gebieten, dort ist wirklich viel zu tun."

So versiegelt ist Ludwigshafen
Eine autofreundliche Stadt und viel Industrie: Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, GDV, von Anfang Mai sind rund 67 Prozent von Ludwigshafen bebaut, betoniert oder asphaltiert. Grund sind die großen Industrieflächen innerhalb der Stadt. Laut GDV ist Ludwigshafen damit die am stärksten versiegelte Stadt Deutschlands. Die Folgen: Wasser kann bei Starkregen nicht versickern. Die Umgebung heizt sich auf. Rainer Ritthaler von der Stadtverwaltung macht eine andere Rechnung auf: "Wenn man die Industrie bei uns abzieht, dann sind wir eine ganz normale Stadt, wie andere auch." Außerdem habe Ludwigshafen "ein großes Plus": Trotz des sehr kleinen, engen Stadtgebiets seien 57 Prozent der gesamten Stadt unbebaut, also Ackerflächen, Grünflächen und Waldflächen. "Das versuchen wir, für die Zukunft zu erhalten", sagt Ritthaler. Aber Ritthaler, Chef des Bereichs "Umwelt und Klima" sagt auch: "Es gibt Flächen, die wir nicht entsiegeln können, weil wir eine Stadt mit einer langen Chemie-Geschichte sind."

Zukunftsprojekt Büro- und Geschäftsgebäude am Berliner Platz

Es gibt aber auch Positives aus der Sitzung: Der Stadtrat gab grünes Licht für das 70 Millionen Euro teure Büro- und Geschäftsgebäude des Freiburger Investors Unmüssig am Berliner Platz. Alle Stadträte stimmten für den Bebauungsplan und den Durchführungsvertrag mit dem Investor. Nur die vier Vertreter des BSW enthielten sich. "Endlich wird das hässliche Loch am Berliner Platz geschlossen", sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sylvia Weiler.

Sendung am Mo., 9.12.2024 6:00 Uhr, SWR4 RP am Morgen, SWR4 Rheinland-Pfalz

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