Hayat Erten aus Ludwigshafen ist die erste Integrationsbeauftragte der Polizei in Rheinland-Pfalz

Rheinland-Pfalz Ludwigshafen: Hayat Erten ist erste Integrationsbeauftragte der Polizei in Rheinland-Pfalz

Stand: 18.09.2024 11:09 Uhr

Das Polizeipräsidium Rheinpfalz in Ludwigshafen hat die landesweit erste Integrationsbeauftragte. Hayat Erten ist Sozialwissenschaftlerin und soll für ein besseres Miteinander zwischen Polizei und migrantischer Bevölkerung sorgen.

Die Hälfte der fast 180.000 Einwohner und Einwohnerinnen von Ludwigshafen hat einen Migrationshintergrund. Als Vermittlerin zwischen Ludwigshafener Polizei und migrantischer Bevölkerung arbeitet seit Februar die türkischstämmige Sozialwissenschaftlerin Hayat Erten. Die 53-Jährige ist die erste Integrationsbeauftragte einer Polizeidienststelle in Rheinland-Pfalz überhaupt. Ihre Stelle ist Teil eines Pilotprojektes des Landes Rheinland-Pfalz. Wenn das Projekt erfolgreich ist, sollen alle Polizeidienststellen in Rheinland-Pfalz Integrationsbeauftragte bekommen.

Hayat Erten, Integrationsbeauftragte der Polizei, zu ihren Aufgaben

Bei den SWR Zukunftstagen zum Thema "Migration und Medien" vom 18. bis 20. September im Hemshof wird Hayat Erten im Ludwigshafener Cinema Paradiso ihre Arbeit vorstellen.

SWR Zukunftstage "Migration und Medien"

Zum zweiten Mal veranstaltet der SWR zwischen dem 18. und dem 20. September 2024 die Zukunftstage. Vor einem Jahr fanden sie an der Ahr statt, dieses Jahr ist die Fachtagung in Ludwigshafen im Kulturzentrum Cinema Paradiso. Mit dabei sind Journalistinnen und Journalisten aus Radio, Fernsehen und Print aus ganz Deutschland. Sie beschäftigen sich mit dem Thema, wie migrantische Sichtweisen besser in den Medien abgebildet werden können. Aber auch die mangelnde Diversität bei der personellen Besetzung deutscher Redaktionen soll Thema der Zukunftstage sein. Dialog mit Migrantinnen und Migranten Dabei setzt die Fachtagung vor allem auf Dialog mit migrantischen Gruppen in den Städten Ludwigshafen und Mannheim. In beiden Städten leben viele Menschen mit Migrationshintergrund und das Miteinander dort kann beispielhaft für andere Orte in Deutschland sein. Bei den Zukunftstagen werden Lehrkräfte, Schulleitungen, Mitglieder von Moscheen, mittelständische Unternehmer und auch ehemalige italienische und griechische Gastarbeiter dabei sein. Integrationsbeauftragte wie Hayat Ertan, Diversitätsmanagerin beim Polizeipräsidium Rheinpfalz, werden von ihrer täglichen Arbeit und ihren Erfahrungen berichten.

Fünf Jahre Vorsitzende des Integrations- und Migrationsbeirates

Hayat Erten war fünf Jahre lang für die SPD im Ludwigshafener Stadtrat, leitete in dieser Zeit den Beirat für Integration und Migration und hat sich viele Jahre lang sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene für ein gutes Miteinander der unterschiedlichsten Nationalitäten und Kulturen engagiert. Sie ist sozusagen "Integrations-Profi" und genießt ihren neuen Job bei der Polizei.

Vater wollte immer, dass Kinder zur Polizei gehen

"Mein Papa hat zu uns Kindern immer gesagt: Geht mal zur Polizei, das ist ein angesehener, guter Beruf'", sagt Erten. Dass die studierte Sozialwissenschaftlerin dann eines Tages tatsächlich bei der Polizei landen würde, hätte sie damals nicht für möglich gehalten. Ihr neuer Job, sagt sie, sei vielfältig und abwechslungsreich.

So schult sie etwa die Kollegen und Kolleginnen der Polizei in Sachen interkulturelles Wissen. Je mehr man über andere Kulturen wisse, desto besser könne man auf Menschen anderer Nationalitäten auch zugehen und verstehe so auch besser deren Handeln, so Erten.

Im Ludwigshafener Ortsteil Hemshof leben besonders viele Migranten. Bei Einsätzen hier soll die Integrationsbeauftragte vermitteln

Im Ludwigshafener Ortsteil Hemshof leben besonders viele Migranten. Bei Einsätzen hier soll die Integrationsbeauftragte vermitteln.

So müssen Polizeibeamte zum Beispiel wissen, dass laut der islamischen Tradition Verstorbene innerhalb von 24 Stunden beerdigt werden sollen. Das könne zu Konflikten führen, sagt Polizeisprecher Thorsten Mischler. "Wenn Verstorbene obduziert und Ermittlungen durchgeführt werden müssen, dauert es deutlich länger, bis Menschen mit muslimischem Glauben ihre Lieben beerdigen können."

Hayat Erten muss daher in zwei Richtungen aufklären: Sie muss die Kollegen und Kolleginnen schulen und die Betroffenen über die notwendige Polizeiarbeit aufklären. Generell muss Erten viel Vertrauensarbeit leisten.

Das erfordert auch Sensibilität: In manchen Herkunftsländern haben Menschen Repressalien oder gar Schikanen der Polizei erlebt. Sie erlebten polizeiliche Willkür und sind daher verängstigt, wenn sie Polizeibeamte sehen. "Wir sind aber in Deutschland eine Bürgerpolizei, wir sind zum Schutz der Menschen da", betont Polizeisprecher Mischler. Dies allen zu vermitteln, ist Aufgabe von Hayat Erten.

Die Integrationsbeauftragte aus Ludwigshafen soll auch Vertrauen zur Polizei schaffen

Die Integrationsbeauftragte aus Ludwigshafen soll auch Vertrauen zur Polizei schaffen.

Dialog mit verschiedenen migrantischen Gruppen in der Stadt

Dafür geht sie auf Glaubensgemeinschaften zu, auf Kultur- und Sportvereine, auf Gesprächskreise und internationale Cafés. "Es ist eine meiner Aufgaben, da ein gutes Netzwerk aufzubauen, um im Notfall einfach schnell auf bestehende Kontakte zurückgreifen zu können", sagt sie.

Gute Kontakte sollen bei Polizeiarbeit helfen

Polizeisprecher Mischler erzählt, wie er einst in Germersheim bei einem Fall die Hilfe einer muslimischen Gemeinde hätte gebrauchen können. "Damals starben zwei Kinder, weil sie in der Badewanne mit einem Fön gespielt hatten. Schnell versammelten sich Hunderte von türkischstämmigen Menschen auf der Straße, um vor dem Haus der betroffenen Familie zu trauern."

Damals wäre ein guter Kontakt zu einer Moschee sehr hilfreich gewesen, um den Menschen einen Ort zum Trauern anzubieten. Über solche Kontakte verfügt die Integrationsbeauftragte des Polizeipräsidiums Rheinpfalz in Ludwigshafen. Und diese sollen in Notlagen dann auch helfen.

Bei Einsätzen aber auch bei Infoveranstaltungen soll die Integrationsbeauftragte Hayat Erten aus Ludwigshafen die Polizei unterstützen

Bei Einsätzen aber auch bei Infoveranstaltungen soll die Integrationsbeauftragte Hayat Erten aus Ludwigshafen die Polizei unterstützen.

Aber auch bei weniger dramatischen Ereignissen soll Hayat Erten vermitteln. "Die Bevölkerung mit migrantischem Hintergrund ist genauso Opfer von Trickbetrug, Schockanrufen, häuslicher Gewalt und Einbrüchen", so Hayat Erten. Polizeiliche Präventionsarbeit müsse somit eben auch dringend alle Kulturen erreichen, so die Sozialwissenschaftlerin, zum Beispiel durch Infoveranstaltungen oder Infoblättern in anderen Sprachen.

Mehr Menschen mit Migrationshintergrund sollen bei der Polizei arbeiten

Außerdem will Erten mehr Menschen mit Migrationshintergrund für den Polizeidienst gewinnen. Dann habe man "Kulturexperten" in den eigenen Reihen, Vertrauen könne so deutlich leichter aufgebaut und wichtige Informationen könnten einfacher vermittelt werden. Erste "Werbeplakate" für den Polizeijob zeigen daher seit neuestem auch türkische, arabische und russische Slogans.

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