Tochter Wiebke starb mit 14 Jahren durch Suizid. Ihre Eltern halten die Erinnerung an sie wach.

Nordrhein-Westfalen Welttag der Suizidprävention: Wie Angehörige den Verlust verarbeiten

Stand: 10.09.2024 06:00 Uhr

Jedes Jahr sterben in Deutschland ungefähr 10.000 Menschen durch Suizid - mehr als durch Verkehrsunfälle oder illegale Drogen. Eltern, Geschwister, Freunde und Bekannte müssen mit dem Verlust klar kommen.

Von Inke Köster

Hätte ich irgendwas merken müssen? Hätte ich das verhindern können? Viele Angehörige und Freunde von Suizidenten leiden unter Schuldgefühlen, manchmal auch noch begleitet von Scham. Noch immer ist der Suizid ein großes Tabuthema.

Welttag der Suizidprävention: Wie Angehörige den Verlust verarbeiten

Warum gibt es diesen Tag?

Um dagegen anzugehen, hat die Weltgesundheitsorganisation WHO im Jahr 2003 erstmals den Welttag der Suizidprävention ausgerufen. Er soll einerseits die Problematik der Lebensmüdigkeit und Suizidgefährdung in den Fokus rücken. Gleichzeitig ist der 10. September aber auch ein Tag der Trauer und des Gedenkens an diejenigen, die sich selbst das Leben genommen haben. So wie Wiebke Spitzer.

"Meine Tochter hat sich das Leben genommen"

Jan Spitzer steht vor einem sogenannten Erinnerungsbaum

Jan Spitzer hat seine Tochter durch Suizid verloren.

Wiebke Spitzer war 14 Jahre alt, als sie 2008 durch Suizid starb. Anzeichen, dass Wiebke sich etwas antun könnte, haben Jan Spitzer und seine Frau damals nicht bemerkt. "Sie ist hier morgens in den Schulbus rein und war dann weg," erinnert sich ihr Vater, Jan Spitzer. Er beschreibt Wiebke als eine aufgeweckte Teenagerin, die wusste, was sie wollte. Bis heute spukt die Frage des "Warum?" in seinem Kopf und sorgt auch mehr als 16 Jahre später noch für manch schlaflose Nacht.

Sie ist vom Krankenhaus gesprungen, aus dem sechsten Stock. Weil das hier im Ort der höchste Punkt war. Seitdem versuche ich, das alles zu verstehen und zu verarbeiten.

Jan Spitzer, Vater

Angehörige stehen um einen Baum, an dem kleine Bilder und Erinnerungen an die durch Suizid Verstorbenen aufgestellt sind.

Die Angehörigen stehen an dem Erinnerungsbaum, an dem kleine Bilder und Erinnerungen an die durch Suizid Verstorbenen aufgestellt sind.

Halt fanden Jan Spitzer und seine Frau, die vergangenes Jahr an Krebs gestorben ist, in einer Selbsthilfegruppe. Der Wuppertaler Verein "HINAS" – die Abkürzung steht für "Hinterbliebene nach Suizid e. V." – trifft sich einmal im Monat in einem Raum der evangelischen Kirche. Manchmal aber auch am gemeinsamen Trauer- und Erinnerungsbaum. Dort haben die Mitglieder des Vereins kleine Holztäfelchen aufgehängt, auf denen sie an ihre Liebsten erinnern.

Seit zwei Jahren geht auch Doris Rauner regelmäßig zu den Treffen. Sie verlor ihren Sohn 2022. Er war 34 Jahre alt. "Er kam mit seinem Leben nicht mehr zurecht. Nach einer Trennung hatte er keinen Lebensmut mehr," sagt Doris Rauner. Sie wünscht sich mehr Unterstützung für Menschen, die lebensmüde sind und sich mit Suizidgedanken tragen.

Hilfe bei Suizidgedanken und Suizidprävention

In Wuppertal bietet der Krisendienst "Wendepunkt" ein niederschwelliges Angebot für alle diejenigen an, die in einer seelischen Notlage sind. In den Abend- und Nachtstunden, am Wochenende sowie an Feiertagen können Wuppertaler, die zum Beispiel aufgrund von Trennung, Trauer oder Verlust weder ein noch aus wissen, sich melden und bekommen Hilfe, ebenso bei Suizidgedanken. Weitere Anlaufstationen sind zum Beispiel die Telefonseelsorge und für Menschen unter 25 Jahren der Krisenchat. Kinder und Jugendliche bis 19 Jahren können sich an die Jugendnotmail wenden.

Am Dienstag gibt es in NRW in verschiedenen Städten Aktionen anlässlich des Welttag der Suizidprävention. In Bonn etwa bieten die Evangelische Beratungsstelle, die Katholische Ehe-, Familien- und Lebensberatung und das Studierendenwerk Gespräche an. In Düsseldorf gibt es in der Volkshochschule Vorträge von Experten für psychische Gesundheit.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporterin
  • "Wendepunkt"
  • "HINAS"