Emden: Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, besucht im Rahmen einer Förderbescheidübergabe das Baufeld "320-Megawatt-Elektrolyse" von EWE und Gasunie

Niedersachsen Robert Habeck besucht VW-Werk in Emden - Hilfen für Konzern?

Stand: 20.09.2024 08:17 Uhr

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist zur Stunde im VW-Werk Emden zu Gast. Der Besuch war schon lange geplant. Jetzt steckt VW in der Krise. Habeck hat einen Autogipfel in Berlin angekündigt.

Der Wirtschaftsminister hält den VW-Konzern bedeutend für ganz Deutschland, wie er gestern bei seinem Besuch der Meyer Werft in Papenburg sagte. Dort sagte Habeck auch, dass die Bundesregierung und das Land Niedersachsen erwägten, dem VW-Konzern zu helfen. Mit der Meyer Werft vergleichen ließe sich VW aber nicht, allein schon wegen der Dimension des Automobilkonzerns. Außerdem sei Volkswagen kein Sanierungsfall, so Habeck. Bund und Land könnten VW bei einem Sanierungskurs allenfalls unterstützen. Konkreter wurde der Minister nicht. Hilfreich könnten aus Sicht von Habeck die gerade vom Kabinett beschlossenen steuerlichen Anreize für E-Autos als Dienstfahrzeuge sei.

Robert Habeck besucht Meyer Werft in Papenburg

Habeck lädt zu Autogipfel nach Berlin am Montag

Angesichts der Krise in der Branche lädt Habeck derweil am Montag zu einem Autogipfel in Berlin ein. Daran nehmen laut Wirtschaftsministerium neben dem Verband der Automobilindustrie und der Gewerkschaft IG Metall die größten Autohersteller und -zulieferer teil. Zuerst hatte die "Bild" davon berichtet.

Nachfrage nach E-Autos sinkt: Was heißt das für VW-Standort Emden?

VW leidet unter anderem unter der Absatzschäche auf dem Markt für Elektro-Autos. Das Werk in Emden, wo Volkswagen früher unter anderem den Passat produzierte, hat der Konzern in den vergangenen Jahren zu einem reinen E-Auto-Werk umgerüstet. Allerdings brach die Nachfrage nach Elektroautos ein - auch weil die Kaufprämie in Deutschland Ende 2023 gestrichen wurde. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat jetzt einen deutlichen Rückgang des Absatzes von E-Autos vermeldet: Im August 2024 (27.024 Neuzulassungen) sind rund 69 Prozent weniger E-Autos zugelassen worden als im Vorjahresmonat (86.649 Neuzulassungen).

Das Markenhochhaus im Volkswagen Stammwerk ist am Morgen vor einem wolkenlosen Himmel zu sehen.

Laut Robert Habeck hat VW eine große Verantwortung, der der Konzern in Absprache mit Sozialpartnern nachkommen müsse.

Habeck hatte 2019 schon gewarnt

Im Jahr 2019, als Habeck noch Bundesvorsitzender der Grünen war, kritisierte er, dass Volkswagen vor allem Autos der Oberklasse mit E-Antrieb ausrüste. In einem "Welt"-Interview mit dem früheren VW-Chef Herbert Diess sagte Habeck, dass die Zahl der Kunden begrenzt sei, die sich ein Auto für 100.000 Euro leisten könnten. Und weiter:

Wenn Sie 2025 kein E-Mobil für unter 20.000 Euro anbieten, dann werden Sie - so fürchte ich - im Markt scheitern.

So soll die Elektromobilität angekurbelt werden

Zuletzt hatte sich Habeck für staatliche Unterstützung für die Elektromobilität ausgesprochen:

Die Autoindustrie ist ein Eckpfeiler des Industriestandorts Deutschland, und das soll auch so bleiben.

Die großen Automobilhersteller und ihre Zulieferer seien gute Arbeitgeber für Zigtausende Beschäftigte, Wohlstandsmotor und Innovationstreiber, so Habeck. Anfang September beschloss die Ampel daher, Steuervorteile für vollelektrische Dienstwagen auf Autos bis zum Preis von 95.000 Euro auszudehnen. Außerdem soll es Sonderabschreibungen für E-Autos geben. Zur Lage bei Deutschlands größtem Autobauer Volkswagen sagte der Wirtschaftsminister, es sei wichtig, dass unternehmerische Entscheidungen, wie sie jetzt im Raum stünden, im Sinne dieser Verantwortung getroffen würden. Habeck forderte VW auf, Entscheidungen in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern zu treffen.

Rund 1.000 Leiharbeiter mussten VW Emden schon verlassen

Am VW-Standort Emden arbeiten rund 8.000 Menschen. Wegen der zu geringen Auslastung trennte sich der Konzern - um Kosten zu senken - bereits von rund 1.000 Leiharbeitern. Zudem wurden Nachtschichten gestrichen, die besonders teuer für das Unternehmen sind, weil Beschäftigte eine Zulage erhalten.

Sparpläne bei VW: Weil besucht Werk in Emden

Hilfen aus Berlin nicht ausgeschlossen

Ob und wie die Bundesregierung VW helfen könnte, ist jedoch unklar. Grundsätzlich scheinen SPD und Grünen staatlichen Hilfen gegenüber offener zu sein, als der Koalitionspartner FDP. Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP, Reinhard Houben, hatte schon deutlich gemacht, dass der Konzern nur wettbewerbsfähig bleiben könne, wenn sich die Politik raushalte. VW habe den Fehler gemacht, zu stark auf E-Mobilität zu setzen, sagt Houben.

E-Autos als Dienstfahrzeuge sollen Nachfrage ankurbeln

Das bewerten Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Habeck offenbar anders. Sie versprechen sich wenigstens etwas Hilfe für den Konzern durch die gerade vom Kabinett beschlossenen steuerlichen Anreize für E-Autos als Dienstfahrzeuge. Über ähnliche Instrumente wird nach NDR-Informationen offenbar zumindest nachgedacht. Offiziell will es niemand bestätigen, auch weil noch Lösungsvorschläge des Konzerns abgewartet werden sollen. Aber hinter vorgehaltener Hand geht man in regierungsnahen Kreisen davon aus, dass man sich auch in Berlin mit dem Thema VW nochmal beschäftigen könnte.

Weitere Stopps bei Habecks Sommerreise 2024

Während seiner Reise durch Nordwest-Niedersachsen hat Robert Habeck bereits die Meyer Werft in Papenburg, das Stahlwerk in Georgsmarienhütte und den Windkraftanlagen-Hersteller Enercon in Aurich besucht.

Das VW Werk in Emden

Das VW-Werk in Emden beschäftigt mehr 8.000 Menschen. Im vergangenen Jahr wurden hier rund 180.000 Fahrzeuge hergestellt.
Seit 2020 wurde das Werk im laufenden Betrieb für die Produktion von E-Fahrzeugen umgebaut - als erster niedersächsischer Standort. Für die Produktion von E-Fahrzeugen hat Volkswagen mehr als eine Milliarde Euro in den Standort investiert. Bis Frühjahr 2024 wurden hier die Modelle Passat Variant sowie Arteon produziert. Nun laufen hier die vollelektrischen Modelle ID.7 und ID.7 Tourer vom Band.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 20.09.2024 | 08:00 Uhr