Der Kläger Jens Windel (Zweiter von rechts) wartet mit seinen Anwälten im Sitzungssaal auf den Prozessbeginn gegen das Bistum Hildesheim.

Niedersachsen Prozess um Schmerzensgeld: Kläger und Bistum gehen in Mediation

Stand: 08.11.2024 16:34 Uhr

Im Zivilverfahren gegen das Bistum Hildesheim haben sich die Prozess-Parteien auf ein Mediationsverfahren geeinigt. Ein Güterichter des Landgerichts Hildesheim soll nun eine Einigung finden.

Die mündliche Verhandlung vor der Zivilkammer des Landgerichts dauerte am Freitag eine Stunde. Dann schlug der Vorsitzende Richter vor, dass sich beiden Parteien im Rahmen eines Mediationsverfahrens unter Mitwirkung eines Güterichters einigen könnten. Nach kurzer Beratung stimmten sowohl der Kläger Jens Windel als auch der Anwalt des Bistums Hildesheim diesem Vorschlag zu. Das Landgericht nannte zunächst keinen konkreten zeitlichen Rahmen für die Güteverhandlung. Während dieser Zeit werde der Zivilprozess ausgesetzt, erklärte der Vorsitzende Richter Jens-Michael Seidel. Sollte der Mediationsversuch scheitern, werde das Verfahren wieder aufgenommen.

Als Messdiener wiederholt von Pfarrer vergewaltigt

Jens Windel klagt gegen das Bistum Hildesheim auf mindestens 400.000 Euro Schmerzensgeld. Er hatte vor dem Prozess erklärt, in den 1980er-Jahren als Messdiener von einem mittlerweile verstorbenen katholischen Pfarrer wiederholt vergewaltigt worden zu sein. Der 50-Jährige gab an, in der Folge des Missbrauchs an einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie an Depressionen zu leiden. Bislang habe er von der katholischen Kirche 50.000 Euro als freiwillige Entschädigung erhalten. Eine außergerichtliche Einigung hatte das Bistum abgelehnt.

Vor dem Landgericht Hildesheim steht ein als Kritik an der Aufarbeitung von Missbrauch im Bistum Hildesheim verstandenes plastisches Bildwerk. Zu sehen ist ein fröhlicher Bischof in einer Hängematte liegend. Die Hängematte ist an zwei großen Kreuzen festgemacht.

Kritiker des Bistums haben vor dem Landgericht eine Art Mottowagen mit einer Kritik an der Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe aufgestellt.

Richter: Taten wohl verjährt

Während der mündlichen Verhandlung am Freitag erklärte der Richter, dass er die von Jens Windel geschilderten Taten juristisch für verjährt hält. Das Gericht folgte damit der Argumentation der Kirche, die die Abweisung der Klage beantragt hatte. Wie der Vorsitzende Richter erläuterte, hätte Windel gemäß der aktuellen Gesetzeslage spätestens 2015 seine Schmerzensgeldansprüche gerichtlich geltend machen müssen. Mit seiner Forderung von 400.000 Euro werde er auf dem Rechtsweg voraussichtlich keinen Erfolg haben, so der Richter.

Schmerzensgeld-Zahlung immer noch möglich

Das bedeute aber nicht, dass Windel keine Ansprüche mehr gegen das Bistum stellen könne. Eine im Rahmen einer Güteverhandlung vereinbarte Schmerzensgeld-Zahlung könne demnach "eine gewisse Genugtuung" für den Kläger haben, auch wenn dadurch das erlittene Leid nicht kompensiert werde. Über die Höhe könnten beide Parteien nun in dem Mediationsverfahren unter Aufsicht eines Güterichters sprechen.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen | Regional Hannover | 08.11.2024 | 15:00 Uhr