Hessen Verbraucherschützer kämpfen für das Bargeld
Jahrzehntelang war Deutschland ein Bargeldland. Doch Smartphones, Bezahlapps und Wearables machen Scheinen und Münzen starke Konkurrenz. Die Verbraucherzentrale Hessen fordert, Bargeld als Zahlungsmittel auch in Zukunft zu erhalten.
Mit Scheinen und Münzen kommen Kunden nicht weiter im Café Hoppenworth & Ploch im Frankfurter Nordend. Ein Café ganz ohne Bargeld zu betreiben, hat für den Gründer Julian Ploch viele Vorteile. "Die Mitarbeiter müssen nicht ständig Münzen und Scheine anfassen, das ist für sie also hygienischer," sagt er. Dazu müssten sie abends nach Ladenschluss kein Geld mehr zählen und es auch nicht zur Bank bringen.
So wie hier läuft es bereits in einigen hessischen Cafés, Restaurants und Hotels. Grundsätzlich dürfen deren Betreiber frei entscheiden, welche Zahlungsmittel sie akzeptieren. Den Trend hin zum bargeldlosen Bezahlen gibt es seit Jahren. Die ersten Geschäfte verzichten nicht nur auf Scheine und Münzen, sondern sogar auf das Personal zum Abkassieren.
Das wurde auch am Mittwoch auf dem hessischen Verbrauchertag in Frankfurt zur Zukunft des Bargelds deutlich. Hier sprachen Fachleute und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft mit interessierten Verbrauchern über neue Entwicklungen beim Bezahlen.
Einfach im Vorbeigehen zahlen
"Beim Fußballstadion von Eintracht Frankfurt steht ein Fanshop, dort können sich Verbraucher mit Fanartikeln eindecken," erklärt Marcus Sann, Bezahlexperte bei der Volksbank Mittelhessen: "Die packen sie in eine Tasche und ziehen diese durch ein Gerät." Das erkenne automatisch, was in der Tasche sei. Die Waren würden Verbraucher am Ausgang – quasi im Vorbeigehen – bargeldlos zahlen.
Das entspreche tatsächlich auch dem Wunsch vieler Verbraucher, betont Bankenvertreter Sann. Gerade die Jüngeren wollten bargeldlos zahlen und hätten dafür immer mehr Möglichkeiten: "Noch häufiger als ihre Bankkarte nutzen sie etwa Smartphones oder Smartwatches." Daneben gebe es sogenannte Wearables wie etwa intelligente Ringe mit Bezahlfunktion.
Konkurrenz fürs Bargeld: Bankkarte und Apps
Im Juli ist fürs Smartphone die Bezahl-App Wero dazugekommen, mit der Verbraucher in Echtzeit Geld von einem Konto zum anderen schicken können. Diesen Service bieten etliche hessische Kreditinstitute an. Dazu zählen neben der Volksbank Mittelhessen die Frankfurter Sparkasse und die Nassauische Sparkasse. Darüber hinaus arbeitet die Europäische Zentralbank an einem digitalen Euro.
Bei aller Konkurrenz bleibe Bargeld zwar weiter das beliebteste Zahlungsmittel, erklärt Stefan Hardt, Leiter des Zentralbereichs Bargeld bei der Bundesbank. Es sei aber längst nicht mehr so wichtig wie in früheren Jahren: "Heute werden noch 51 Prozent aller Zahlungen bar abgewickelt," so Hardt. Betrachte man den Umsatz, habe die Karte das Bargeld bereits als wichtigstes Zahlungsmittel überholt, weil die Leute vor allem größere Beträge eher mit Karte beglichen.
Immer mehr Geldautomaten verschwinden
Trotzdem wollen die meisten Verbraucher laut Hardt weiter die Wahl haben, ob sie bar zahlen oder nicht. Allerdings werde es immer schwieriger, überhaupt an Bargeld zu kommen, meint der Bundesbanker: "Denn es werden immer mehr Bankfilialen geschlossen und Geldautomaten abgebaut." Von einst rund 59.000 Geräten bundesweit seien 50.000 übrig. Damit drohe das Bargeld schleichend zu verschwinden.
Dabei heißt es sogar im Koalitionsvertrag der hessischen Landesregierung: "Für viele Menschen und in vielen Lebenssituationen nimmt Bargeld weiter eine wichtige und zentrale Rolle ein, daher lehnen wir eine Abschaffung des Bargeldes ab." Das bekräftigte am Mittwoch Daniel Köfer (CDU), Staatssekretär für Verbraucherschutz: "Verbraucher sollten die größtmögliche Freiheit haben, selbst zu entscheiden, wie sie für Waren und Dienstleistungen bezahlen."
Verbraucherzentrale kämpft fürs Bargeld
Auch die Verbraucherzentrale Hessen setzt sich für den Erhalt der Scheine und Münzen ein. Sie betont, das Bargeld habe viele Vorteile. Es funktioniere ohne technische Hürden und sei ausfallsicher. Dazu könnten die Menschen damit anonym bezahlen.
Deshalb fordert der Vorstandsvorsitzende der Verbraucherzentrale, Philipp Wendt, von der Politik, sich einen Überblick über die Geldautomaten zu verschaffen: "Wir wissen zwar, dass es bundesweit 50.000 Geräte gibt, aber wie die genau, zum Beispiel auch in Hessen, verteilt sind, weiß leider niemand."
Bargeld-Annahmepflicht gefordert
Wendt drängt auf neue Regelungen, dass solche Geräte gerade in ländlichen Regionen nur dann abgebaut werden dürften, wenn die davon betroffenen Kommunen keine Einwände hätten. Es müsse gewährleistet sein, dass jeder und jede in der Nähe seines Wohnorts an Bargeld komme, so Wendt.
Auch den Handel soll die Politik aus Sicht des Verbraucherschützers stärker in die Pflicht nehmen und Sonderregelungen zum Bezahlen verbieten. In den Läden und in der Gastronomie müsse es künftig dagegen Pflicht sein, Scheine und Münzen anzunehmen. Schließlich sei Bargeld hierzulande gesetzliches Zahlungsmittel.