Hessen Mitgeliefert in "Shein"-Paket: Giftiger Skorpion sticht Frau in Marburg
In einer Lieferung des asiatischen Versandhändlers "Shein" an eine Marburgerin hat sich ein Skorpion versteckt. Beim Auspacken stach das hochgiftige Tier die 25-Jährige in die Hand. Die junge Mutter reagierte erstaunlich abgeklärt.
Ein Kleid, Schuhe, eine Waage und ein Skorpion. Als die 25 Jahre alte Sundus (voller Name der Redaktion bekannt) aus Marburg Ende Oktober ihre Bestellung des Onlineversandhändlers "Shein" auspackte, war darin auch ein mutmaßliches Exemplar des giftigsten Skorpions der Welt: ein Gelber Mittelmeerskorpion.
Das Tier habe sie in die Hand gestochen, als sie die Waage aus der Umverpackung geholt habe, erzählt Sundus im Gespräch mit dem hr. "Ich hatte so eine Angst", sagt sie - zumal sie gewusst habe, dass ein solcher Stich tödlich enden könne. Aus ihrer Heimat Syrien habe sie aber den Umgang in solchen Notsituationen gelernt.
Nachbar erschlägt das Tier
Um das Gift aus ihrem Körper zu befördern, habe sie sich selbst deshalb in den Finger geschnitten und das Blut herauslaufen lassen. Anschließend habe sie ihren Nachbarn zur Hilfe gerufen, so Sundus. Er habe den Skorpion erschlagen und die Polizei gerufen. Ein Polizeisprecher bestätigt den Vorfall gegenüber dem hr.
Demnach wurde die 25-Jährige am 30. Oktober ins Universitätsklinikum Marburg eingeliefert. Die Beamten hätten außerdem veranlasst, dass ein Angehöriger auch das getötete Tier dorthin bringt. So habe man eine bessere Einschätzung zur geeigneten Behandlung ermöglichen wollen.
Ärzte raten übrigens davon ab, sich nach einem Skorpionstich die Stichstelle abzubinden oder auszuschneiden, wie die Giftzentrale Bonn auf ihrer Website schreibt. Dadurch entstünde Infektionsgefahr Stattdessen solle das Körperteil ruhiggestellt werden und medizinische Hilfe aufgesucht werden.
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16 Stunden im Krankenhaus
Sundus sagt, ihr Finger sei angeschwollen. Außerdem habe sie Schmerzen in der Hand gehabt. Laut Befund, der dem hr vorliegt, handelte es sich um den rechten Ringfinger. Eine leichte intravenöse Blutung sei von selbst zum Stillstand gekommen.
16 Stunden blieb Sundus demnach zur Überwachung im Krankenhaus – ohne weitere Auffälligkeiten. Trotzdem habe sie aufgehört, ihr knapp einjähriges Kind zu stillen. Zu groß sei ihre Angst davor, über die Muttermilch möglicherweise im Körper verbliebenes Gift weiterzugeben.
Meistens keine Symptome
Laut dem Giftinformationszentrum für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit Sitz in Mainz bleiben die meisten Patienten nach einem Skorpionstich symptomfrei. Bei manchen komme es zu leichten Beschwerden wie lokalen Schwellungen. Seltener träten Kreislaufprobleme auf, die jedoch auch durch den Schreck verursacht werden könnten.
Derartige Fälle seien hierzulande aber äußerst selten: In den vergangenen 30 Jahren seien dem Giftnotruf 800.000 Fälle gemeldet worden, nur 132 davon seien Skorpionstiche gewesen.
Skorpion vermutlich in China eingepackt
Die Polizei geht davon aus, dass der Skorpion bereits in China in das Paket gelangt ist. Dort lässt der Versandhändler aus Singapur seine Ware fertigen.
Eine Sprecherin von "Shein" kündigte auf hr-Nachfrage an, Kontakt zu Sundus aufzunehmen und ihr Unterstützung anzubieten. Ihr Wohlbefinden habe für das Unternehmen oberste Priorität. Außerdem sei eine interne Untersuchung eingeleitet worden, in der der Verpackungsprozess des betroffenen Produkts im Lager überprüft werde.
Sundus will andere Kunden warnen
Sundus überlegt jetzt, gerichtlich gegen "Shein" vorzugehen. Ein solches Verfahren müsse aber in China geführt werden, sagt die 25-Jährige. Wo sie anfangen solle, wisse sie deshalb nicht.
Sie wolle aber andere potenzielle Kundinnen und Kunden warnen. Deswegen habe sie ihre Geschichte bereits auf Social Media geteilt. "Wenn Menschen dort bestellen wollen, sollten sie ihre Pakete auf der Straße öffnen, um sich zu schützen", meint die 25-Jährige. Das gelte besonders, wenn Kinder im Umfeld seien.
"Shein" immer wieder in der Kritik
"Shein" gilt als eines der größten Modeunternehmen der Welt, steht aber immer wieder in der Kritik: wegen seines Fast-Fashion-Ansatzes und minderwertiger Qualität, irreführenden Marketings sowie schlechter Produktions- und Arbeitsbedingungen seiner Mitarbeitenden.
In "Shein"-Paketen mitgelieferte Skorpione sorgten schon des Öfteren für internationale Berichterstattung. Und auch in Marburg war erst im August ein giftiger Skorpion entdeckt worden. Wie er in die Wohnung gelangen konnte, war zunächst unklar.