
Hessen Neue Induktionsanlage für Brüder-Grimm-Festspiele
Auch Menschen mit Hörbeeinträchtigung sollen die Brüder-Grimm-Festspiele genießen können. Deshalb haben die Hanauer Festspiele in neue Technik investiert, die jetzt Premiere feiert.
Während Hänsel und Gretel auf der Bühne darum kämpfen, sich aus den Fängen der bösen Hexe zu befreien, führen Techniker vor der Bühne einen ganz anderen Kampf: mit der Technik. Eigentlich sei es kein echter Kampf, erklärt einer der Mitarbeiter schmunzelnd, viel mehr "Feintuning".
Die Techniker richten eine induktive Höranlage ein, damit auch Menschen mit Hörbeeinträchtigung in den vollen Genuss des Geschehens auf der Bühne kommen können.
Sender, Empfänger und Kopfhörer müssen eingerichtet und getestet werden für die Premiere des Systems am Samstag. Ab dann kommt im Hanauer Amphitheater ein digitales Funkübertragungssystem zum Einsatz.
Einwählen mit Hörgerät oder Kopfhörer
Für Menschen mit Hörgeräten oder Cochlea-Implantate sei das Ganze unkompliziert, erklärt der Mitarbeiter.
Am Infostand der Festspiele befindet sich ein sogenannter Connect Point, an dem sich die Hörgeräte und Implantate automatisch auf der richtigen Frequenz einwählen und dann den Originalton der Vorstellung empfangen – unabhängig von der Sitzposition und ohne störende Umgebungsgeräusche.
Ausgiebige Tests während der Proben
Besucherinnen und Besucher ohne kompatibles Hörgerät können sich kostenlos einen Empfänger mit Kopfhörern ausleihen. Die richten die Techniker in diesen Tagen ein.
Festspiel-Mitarbeiter und Mitglieder des Fördervereins der Festspiele testen sie ausgiebig während der laufenden Hauptproben. "Das funktioniert sehr gut", freut sich Festspiel-Sprecher Jeroen Coppens.

Mitarbeiter und Mitglieder des Fördervereins testen die neue Anlage für Hörbeeinträchtigte.
"Mit dieser innovativen Technik machen wir die Festspiele noch zugänglicher", so Coppens. Schon im vergangenen Jahr war die Technik bei ausgewählten Vorstellungen getestet worden.
Premiere beim Familienstück
Bei der Premiere des Familienstücks "Hänsel und Gretel" am Samstagabend (31. Mai, 19.30 Uhr) feiert auch das neue System Einstand. Fortan kommt es bei allen weiteren Vorstellungen zum Einsatz.
Es sei für die Festspiele eine Herzensangelegenheit, sie für alle Menschen erlebbar zu machen, hatte Intendant Frank-Lorenz Engel bei der Präsentation des diesjährigen Programms vor einigen Wochen betont.

"Hänsel und Gretel" (mit Rosa Abruscato und Moritz Reinisch) ist das diesjährige Familienstück.
Spenden machen neue Anlage möglich
Weil die Festspiele aber über ein beschränktes Budget verfügen, seien sie dabei auf externe Unterstützung angewiesen.
Spenden des Fördervereins und der Aktion Mensch in Höhe von 5.000 Euro machen die neue Induktionsanlage nun möglich. "Theater sollte für alle zugänglich sein, unabhängig von individuellen Einschränkungen", so Engel.
Audiodeskription und Gebärden-Dolmetscher
In der Spielzeit im Sommer 2022 hatten die Brüder-Grimm-Festspiele erstmals Vorstellungen mit Audiodeskription für Menschen mit einer Sehbehinderung angeboten. Dabei wird ihnen das Bühnengeschehen unmittelbar beschrieben, sodass sie die Handlung ohne inhaltliche Verluste verfolgen können.
Damit waren die Hanauer Festspiele nach eigenen Angaben deutschlandweit Vorreiter. Auch dieses Angebot wird bis heute durch Spenden ermöglicht. Seit 2018 stehen außerdem Aufführungen mit Simultanübersetzung in Gebärdensprache auf dem Spielplan, außerdem gibt es im Amphietheater am Schloss Philippsruhe eigene Plätze für Rollstuhlfahrer.