Hessen Insolvenzantrag für Grundbesitzgesellschaft: Mehrheitsgesellschafter widerspricht Gemeinde Löhnberg
In Löhnberg ist nicht nur die Gemeinde in Geldnot, sondern auch die Grundbesitzgesellschaft, an der sie beteiligt ist. Das sorgt für zusätzlichen Knatsch in der Krisen-Kommune.
Am Sonntag gab die Gemeinde Löhnberg (Limburg-Weilburg) bekannt, einen Insolvenzantrag für eine Gesellschaft gestellt zu haben, an der sie beteiligt ist und für die sie weitgehend bürgt. Die Löhnberger Grundbesitz GmbH (LGG) entwickelt und vermarktet Grundstücksflächen in mehreren Baugebieten.
Dazu ging die Gemeinde 2011 eine Zusammenarbeit mit dem Planungs- und Ingenieursbüro Kolmer & Fischer GmbH aus Linden (Gießen) ein. Die Kolmer & Fischer GmbH hält aktuell 89 Prozent der Anteile, die Gemeinde Löhnberg elf Prozent. Dennoch haftet die Kommune, die selbst in finanzieller Schieflage ist, nach hr-Informationen für etwa 80 Prozent der Gesellschaft.
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Fehlende Leistungen und Transparenz
Die Gemeinde teilte mit: Die LGG sei derzeit handlungsunfähig, hoch verschuldet und habe zudem noch Rechnungen offen. Möglicherweise sei sie auch zahlungsunfähig.
Zudem seien einige Leistungen zwar abgerechnet, aber nicht erbracht worden, etwa Erschließungsstraßen und Oberflächenabwasserableitungen. Auch mangelnde Transparenz wirft die Gemeinde der LGG vor: Die bisherige Geschäftsführung habe angeforderte Unterlagen nicht fristgerecht eingereicht. Daraufhin habe die Bank eine Verfügungssperre über weitere Kreditmittel erlassen.
Widerspruch des Mehrheitsgesellschafters
Diesen Darstellungen widerspricht der bisherige LGG-Geschäftsführer Jörg Fischer. Er ist ebenfalls geschäftsführender Gesellschafter des Ingenieurbüros Kolmer & Fischer und daher weiterhin Mehrheitsgesellschafter der LGG.
Fischer bestätigte dem hr am Mittwoch, dass er im August das Amt des LGG-Geschäftsführers niedergelegt habe. Er habe dies getan, weil die Gemeinde "vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen" sei, erklärt er.
Vom Insolvenzantrag der Gemeinde habe er selbst aus den Medien erfahren, beteuerte Fischer. Dafür gebe es rein wirtschaftlich aus seiner Sicht keinerlei Anlass, sagte er. Würde die Gemeinde wie bisher für die Investitionsmittel bürgen, könnte die LGG die Grundstücke weiterhin verlustfrei vermarkten. Dafür gebe es bereits "verbindliche" Interessenten.
Drücke man nun den Stoppschalter, könne man die Grundstücke nicht fertig entwickeln, argumentierte Fischer. Das Ergebnis: Die bisherigen Investitionen seien quasi wertlos - ein Millionenverlust für die Gemeinde aus Sicht des LGG-Gesellschafters.
Vorschläge und Kontaktaufnahme
Fischer räumte im Gespräch mit dem hr ein: Zwar habe die LGG derzeit tatsächlich keinen Geschäftsführer. Eine Handlungsunfähigkeit ließe sich jedoch weiterhin abwenden. Sein Vorschlag: Die LGG könne eine Gesellschafterversammlung einberufen.
Auch den Vorwürfen wegen fehlender Transparenz und nicht gelieferter Gegenleistungen für Kreditabrufe widersprach Fischer. Alle Vorgänge seien sowohl von der Gemeinde als auch von der Bank nach einem "Acht-Augen-Prinzip" kontrolliert worden.
Er selbst habe zudem bereits im Februar versucht, mit der Gemeinde Kontakt aufzunehmen, um eine Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft abzuwenden. Er habe aber keine Antwort erhalten. Zu dieser Zeit war Bürgermeister Frank Schmidt (SPD) noch im Amt.
Ende November habe sich dann der staatsbeauftragte Bürgermeister Heiko Stock an ihn gewandt und Unterlagen angefordert, berichtete LGG-Gesellschafter Fischer. Daraufhin habe er mehr Zeit erbeten. Dass bereits drei Wochen später der Insolvenzantrag gestellt worden sei, habe ihn sehr überrascht.
Auf hr-Anfrage wollte sich die Gemeinde diesbezüglich nicht weiter äußern. Nur so viel: Man habe Alternativen zu dem Insolvenzantrag geprüft. Es werde nun Aufgabe des Insolvenzverwalters sein, die Vorgänge aufzuklären.