Hessen Eintracht-Pleite in Leipzig: Frankfurter Systemausfall trotz aller Warnungen
Eintracht Frankfurt zeigt in Leipzig die schlechteste Saisonleistung: passiv im Zweikampf, ideenlos nach vorne. Ein Experiment geht schief, doch immerhin ein Lichtblick bleibt. Die Analyse in fünf Punkten.
Eintracht Frankfurt verliert am Mittwochabend deutlich mit 0:3 in Leipzig und scheidet aus dem DFB-Pokal aus. Die Tore für RB erzielen dabei Benjamin Sesko (31. Minute) und Loïs Openda (50., 58.)
1. Gegen den angeschlagenen Boxer ohne Deckung
Es ist ein geflügeltes Wort unter Eintracht-Fans: Wenn ein Gegner kriselt, kommen die Frankfurter daher und bauen ihn auf. So wenig dies in den vergangenen Wochen stimmen mochte, so sehr verfielen die Hessen am Mittwoch in altbekannte Muster. Leipzig war der vielzitierte "angeschlagene Boxer", den man mit etwas Klammern und einem frühen Treffer endgültig aus dem Gleichgewicht hätte bringen können. Es waren allerdings die Hausherren, die der Eintracht von Beginn an den ominösen Schneid abkauften. Warnschüsse gab es genug: In der elften Minute verfehlte Benjamin Sesko nur knapp das 1:0, Kevin Trapp musste sechs Minuten später gegen Willi Orban retten, ein Leipziger Treffer wurde aufgrund der Abseitsstellung annulliert (18.).
Der Gipfel der Passivität kam dann nach einer halben Stunde, als erst Antonio Nusa und dann Sesko die Eintracht-Akteure nacheinander stehen ließen - 0:1. Vorstand Markus Krösche analysierte die Mängelliste treffend: "Von der ersten Minute an waren wir fahrig, hatten einfache Ballverluste, haben kaum Möglichkeiten herausgespielt." Die Mannschaft sei immer einen Schritt zu spät in den Eins-gegen-Eins-Duellen gekommen, habe sich nicht gut bewegt und nicht scharf genug gespielt.
2. Lange kein Abschluss
Damit hatte Krösche auch das zweite Problem dieses Abends angesprochen: Nach vorne ging bei den Frankfurtern so gut wie gar nichts. Zunächst ließen sie sich vom wilden RB-Spiel anstecken und beruhigten das Geschehen nicht. Als sich die Leipziger nach der Führung in ein 5-3-2 zurückzogen und tiefer als sonst standen, fiel der Eintracht viel zu wenig ein. Ellyes Skhiri erwischte einen schlechten Tag, Omar Marmoush hatte einen Wackler zu viel und eine schlechte Ecke zu viel drin, Mario Götze schob zu oft auf die rechte Seite und brachte sich selbst damit aus dem Geschehen.
Bezeichnend: Vor dem ersten Gegentor hatte die Eintracht sogar vorne gepresst, aus einem Kabinettstückchen des gegnerischen Torwarts entstand über die linke Leipziger Seite der Angriff. Da befanden sich die Hessen noch in der Rückwärtsbewegung. Das Gegenpressing zogen die Frankfurter nicht so geschlossen auf wie die Sachsen. Erst zehn Minuten vor Schluss hatte das Team den ersten nennenswerten Abschluss aufs Tor, als plötzlich Hugo Ekitiké anfing zu wirbeln. Alles viel zu spät.
3. Umstellung misslingt
Bislang konnte Trainer Dino Toppmöller ohne Qualitätsverlust umstellen. Das Fehlen von Arthur Theate wusste er an diesem Abend allerdings nicht zu kompensieren. Rasmus Kristensen lief auf der linken Seite auf und bei Bällen in den Rücken zu oft hinterher. Der sonst so starke Nnamdi Collins hatte ein ums andere Mal auf rechts das Nachsehen, sein Gegenüber Nusa schaffte drei Torvorlagen. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass seine Teamkollegen Collins die Sache erschwerten, indem sie - wie beim 0:2 - genau ins Pressing der Leipziger hineinspielten.
Zu wenig Eingreifen konnte man Toppmöller allerdings nicht vorwerfen: In der Pause brachte er bereits Farès Chaibi, zehn Minuten drauf Niels Nkounkou und Ansgar Knauff. Doch auch diese Volten änderten nichts am schlechten Auftritt. Die Leipziger hatten bei der Ballannahme so viel Platz wie die Zuschauer auf den spärlich besetzten Tribünen. Einzig ein Wechsel sorgte für einen Lichtblick...
4. Höjlund mit guten Aktionen
Oscar Höjlund fiel aufgrund einer Verletzung lange aus und kehrt nun mehr und mehr zurück. Das Spiel war bei seiner Einwechslung in der 66. Minute zwar schon entschieden, doch der 19-Jährige zeigte mit seiner Körpersprache und seinem Einsatz, dass er noch etwas bewegen wollte. Nach der Partie tröstete der Youngster seine Mitspieler. Es sind Kleinigkeiten, aber sie untermauern die Hymnen, die bereits auf Höjlund gesungen werden.
Der Däne war für Robin Koch in die Partie gekommen, der angeschlagen wirkte. Ein Ausfall des Abwehrchefs würde gerade jetzt schwer wiegen. Denn die Frankfurter müssen erst zum dritten Mal in dieser Spielzeit unter Beweis stellen, dass sie auch nach einem Rückschlag eine Reaktion zeigen können. Positiv: Nach der letzten Niederlage Mitte Oktober in Leverkusen blieben sie neun Spiele in Folge ungeschlagen.
5. Verständnis für die junge Mannschaft
Vorstand Krösche nannte den Auftritt in Leipzig einen "Systemausfall von allen", Trainer Toppmöller fand es "schwer zu akzeptieren". Die mitgereisten Fans bedachten die Mannschaft dennoch mit Applaus. Sie hat sich in dieser Saison Kredit erarbeitet. Beide Reaktionen passen: die schonungslose Analyse bei gleichzeitigem Verständnis für die immer noch jüngste Mannschaft der Liga. Der Abend in Leipzig hat aber auch gezeigt: Damit die Elf so aufdrehen kann wie in den vergangenen Wochen, muss sie immer erst die Grundtugenden aufbringen. Und: Die Erfahrenen müssen die Jungen leiten.
Gelegenheit zur Wiedergutmachung gibt es genug. Innerhalb von acht Tagen ab dem Samstag stehen gleich drei Partien an: gegen Augsburg, in Lyon - und dann ausgerechnet wieder in Leipzig.