Hessen Frankfurt schrumpft von der Über-Eintracht zur Normalo-Eintracht
Eintracht Frankfurt verliert drei der letzten vier Pflichtspiele - und steht trotz der neuerlichen Pleite gegen Leipzig prächtig da. Im Jahresausklangs-Spiel gegen Mainz geht es nun vor allem ums positive Gefühl.
Selbst der Glücksbringer aus dem Kleiderschrank vermochte den Abwärtstrend von Eintracht Frankfurt nicht zu stoppen. Im Strick stand der Frankfurter Fußballlehrer Dino Toppmöller am Sonntagabend in Leipzig an der Seitenlinie, das dritte Mal in dieser Saison, nach den Erfolgen gegen Gladbach und Bremen aber riss die Rote-Pulli-Siegesserie jäh. Zu groß war und ist der Anti-Lauf gegen den der auffällige Überzieher hatte ankämpfen müssen.
Mit 1:2 unterlagen die Frankfurter den Rasenballsportlern, was für sich betrachtet ein handelsübliches Ergebnis in der Heimat des hochgejazzten Brauseclubs ist, was bei Gesamtbetrachtung einer famosen Hinrunde mit lässigem Achselzucken abgeschüttelt werden kann, was mit Blick auf die nähere Vergangenheit jedoch schmerzt. "In der Kabine sieht man die Enttäuschung", stellte der Frankfurter Abwehrspieler Robin Koch fest. Vier Spiele, drei Niederlage, ein Remis: Die zuvor so hochschwebenden Hessen sind auf den Boden der Tatsachen geknallt.
Die Köpfe bleiben oben
Nach diesem "richtig, richtig guten Bundesligaspiel", wie Toppmöller sagte, welches sein Leipziger Gegenüber Marco Rose sogar "total klasse" fand, was in beiden Fällen ein My an Enthusiasmus zu viel war, fahndete der Gästecoach dennoch zielsicher nach dem Positiven im Negativen. "Im Moment können wir uns davon nichts kaufen", so Toppmöller, "trotzdem ist es, glaube ich, sehr wichtig für unsere Entwicklung." Lernen aus Rückschlägen.
Tatsächlich spielte die Eintracht bei bereits aus der Champions League ausgeschiedenen Sachsen eine ordentliche Partie. Die kräftezehrenden Wochen ließen sich an den reinen Leistungsdaten nicht ablesen. Die Frankfurter hatten mehr Ballbesitz (55 zu 45 Prozent), liefen mehr (113 zu 112 Kilometer), sprinteten häufiger (226 zu 206 schnelle Läufe), die Zweikämpfe gestalteten sie ausgeglichen. "Wir müssen die Niederlage akzeptieren, aber die Jungs haben eine tolle Mentalität gezeigt", sagte Toppmöller: "Wir fahren ganz anders aus dem Stadion raus als im Pokal: erhobenen Hauptes."
Trapp hält die Eintracht im Spiel
Zur Wahrheit gehört aber auch: Hätten die Hessen, gerade in der ersten Hälfte, keinen starken Kevin Trapp zwischen den Pfosten gehabt, die Partie hätte leicht abdriften können in Pokal-Ausmaße. Mehrfach parierte der Torwart herausragend, sieben Mal scheiterten die Leipziger insgesamt am ehemaligen Nationalkeeper. Bei beiden Gegentore durfte sich Trapp im Stich gelassen fühlen von seinen Vorderleuten.
Wie etwa Nathaniel Brown Löcher in die Luft starrte, als Benjamin Sesko den Abpraller von Trapps Brust zur Leipziger Führung ins Tor köpfte (19.), war ähnlich dilettantisch wie Ansgar Knauffs Nicht-Abwehrverhalten vor dem zweiten RB-Treffer. Der Frankfurter vergaß Torschütze Lois Openda bei einer Ecke komplett in seinem Rücken (52.). "Wir mussten wieder einem Rückstand hinterherlaufen. Das kostet viele Körner, besonders nach den letzten Wochen", bemängelte Trapp.
Toppmöller findet: "Wir hatten mehr verdient"
Ihrerseits hatte die Eintracht gelungene Angriffsaktionen - mit dem zwischenzeitliche 1:1 von Brown als bester (40.). Kumpel Can Uzun hatte dem Frankfurter Flügelmann den Ball brilliant mit der Hacke in den Lauf geleitet, ehe Brown in Filip-Kostic-Manier ins lange Eck vollendete. Auch vergaben Omar Marmoush oder Arthur Theate weitere gute Gelegenheiten, die letztlich auch für ein Unentschieden hätten reichen können. "Ich glaube, dass wir mehr verdient hatten", sagte Toppmöller.
Doch es ist wie es ist in diesen Tagen: Die Über-Eintracht, die zwischenzeitlich eine absolute Spitzenmannschaft war, ist wieder geschrumpft zur Normalo-Eintracht. Zu einem Team also, das gut kicken kann, das spannende Spieler in seinen Reihen weiß, das besser ist als das Gros der Liga. Eines jedoch auch, das sein natürliches Habitat irgendwo zwischen den Plätzen fünf bis acht hat. Insofern performen die Hessen weiterhin deutlich über.
Das Gefühlsspiel gegen Mainz 05
Die Eintracht, offiziell noch immer die drittbeste Fußball-Mannschaft des Landes, zehrt momentan von ihrem im Frühherbst angefressenen Punktepolster. Drei Zähler vor Freiburg, vier vor Stuttgart, fünf sogar vor Dortmund - das lässt sich weiterhin mehr als sehen.
Beim Jahresausklang am Samstag gegen Mainz 05 wird es daher nicht nur um die reine Ausgangsposition für die zweite Saisonhälfte gehen, die wird ohnehin gut bis sehr gut sein, sondern vielmehr ums Gefühl: Ein Turnaround-Sieg - und die vergangenen zwei Wochen wären unterm Weihnachtsbaum wohl keiner Rede mehr wert.