Hessen ADAC-Auswertung: S- und U-Bahnen in Frankfurt besonders unpünktlich
Frankfurts Nahverkehr ist im Vergleich zu Hamburg und Berlin besonders unpünktlich. Das hat eine Studie des ADAC mit Echtzeitdaten ergeben. Dabei wurden auch ausgefallene Züge berücksichtigt.
Eine Auswertung im Auftrag des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) zu den S- und U-Bahnfahrten in Berlin, Hamburg und Frankfurt zeigt, dass die Frankfurter Bahnen teils deutlich unpünktlicher sind als in den beiden anderen Ballungsräumen. Es wurden bei der Auswertung auch ausgefallene Verbindungen berücksichtigt.
Bei vielen Auswertungen zur Unpünktlichkeit, wie etwa der Deutschen Bahn oder des Rhein-Main-Verkehrsverbunds (RMV), fließen nur Züge mit mindestens sechs Minuten Verspätung in die Statistik ein. Ausfallende Züge werden ebenfalls nicht berücksichtigt. Das hebt die Pünktlichkeitswerte deutlich an.
Nur ein Drittel der S-Bahnen auf die Minute
Die Pendler im Rhein-Main-Gebiet schauen laut ADAC häufig in die Röhre: Auf die Minute genau kamen in Frankfurt nur ein Drittel der S-Bahnen und knapp die Hälfte (46 Prozent) der U-Bahnen an. Bei einer Toleranz von drei Minuten waren es zwei von drei S-Bahnen (67 Prozent) und 86 Prozent der U-Bahnen. Erst bei dem vom RMV selbst gewählten Pünktlichkeitsmaßstab von bis zu sechs Minuten Toleranz kamen 81 Prozent der S-Bahnen und 95 Prozent der U-Bahnen rechtzeitig.
Immerhin fielen nur 3 Prozent der U-Bahn-Fahrten und 8 Prozent der geplanten S-Bahn-Verbindungen vollständig aus. Beobachtet wurde der Verkehr auf jeweils neun Linien im S- und U-Bahn-Netz im Rhein-Main-Gebiet mit Frankfurt, Darmstadt, Wiesbaden und Mainz.
ADAC: RMV-Toleranz zu hoch
Experte Wolfgang Herda vom ADAC Hessen-Thüringen kritisierte die beim RMV geltende Pünktlichkeitstoleranz von sechs Minuten: "Wer wegen einer Verspätung den Umstieg in die nächste S-Bahn nicht schafft, muss je nach Taktung häufig 20 Minuten oder sogar noch länger warten. Der Schwellenwert von sechs Minuten ist gerade im Regionalverkehr nicht realitätsnah."
Zudem mache der Verbund die Verspätungssituation seinen Kunden nicht transparent. Es fehle eine öffentlich zugängliche Netzübersicht zu Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit.
Nachteil geteilte Gleise
Der RMV äußerte sich nur schriftlich zu Studie und Situation. Im Juli hatte der Verbund einen Wert von 88 Prozent pünktlicher Bahnen bei der 6-Minuten-Schwelle genannt. Diese sei im Bahnverkehr die gebräuchlichste. Zum Fahrplanwechsel am Sonntag greifen Änderungen insbesondere auf der Linie S6, die zwischen Bad Vilbel und Frankfurt ausgebaut wurde.
Informationen zur Pünktlichkeit stelle man nur nach individueller Abstimmung zum fraglichen Zeitraum bereit, um relevante Hinweise geben zu können, so der Verbund. Man habe gemeinsam mit der S-Bahn-Betreiberin Deutsche Bahn bereits eine Vielzahl von Maßnahmen umgesetzt. Dazu gehören Auslastungsanzeigen oder Servicepersonal an den Einstiegen. Die Schieneninfrastruktur sei aber überlastet und müsse ausgebaut werden.
Laut ADAC erklären sich die Differenzen zwischen den Ballungsräumen teils aus der Netz-Struktur. U-Bahnen seien meist pünktlicher, weil sie eigene Schienen nutzten. Bei der S-Bahn rund um den Eisenbahn-Knotenpunkt Frankfurt mache sich dagegen negativ bemerkbar, dass sich dort auf vielen Abschnitten Züge des Nah-, Fern- und Güterverkehrs dieselben Gleise teilten.
Bahn: Infrastruktur sanierungsbedürftig
Ein Sprecher der Deutschen Bahn, die für die S-Bahnen zuständig ist, sagte: "Grundsätzlich resultiert ein großer Teil der Verspätungen und Ausfälle aus dem Zustand der Schieneninfrastruktur." Diese sei nicht nur sanierungsbedürftig, sondern habe auch zu wenig Kapazität. Hinzu komme - je nach Region - auch eine angespannte Personalsituation in den Stellwerken. Daher gebe es je nach Netz unterschiedliche Pünktlichkeits- und Zuverlässigkeitswerte, die die lokalen Bedingungen berücksichtigten.
Der Bahn sei "bewusst, dass Verspätungen und Zugausfälle zu berechtigtem Ärger bei den Fahrgästen führen", betonte der Sprecher. Man arbeite daran, "dass die S-Bahnen schnell wieder zuverlässiger fahren" und investiere "massiv, um die Kapazität des Schienennetzes zu vergrößern und um den Betrieb der S-Bahnen zuverlässiger zu machen". Dies führe aber zu Baustellen, die wiederum den S-Bahn-Verkehr einschränkten.
Hunderttausende Echtzeitdaten ausgewertet
Neben den drei ausgewerteten Städten hatte der ADAC auch München und Köln um Zugang zu den Daten gebeten. München lehnte laut ADAC allerdings komplett ab, Köln erstellte eine eigene, nicht vergleichbare Auswertung.
Für die Untersuchung, deren Schwerpunkt im September lag, hatte das IT-Unternehmen Cognizant im Auftrag des ADAC hunderttausende Echtzeitdaten über Schnittstellen der Verkehrsverbünde erfasst und ausgewertet.