Brandenburg Kreistage entscheiden: Gendern - oder nicht?
Über das Gendern wird oft debattiert. Meist gibt es zwei Lager mit sehr unterschiedlichen Meinungen. So war es jetzt auch in Ostprignitz-Ruppin und Potsdam-Mittelmark. Die Kreistage mussten entscheiden - mit unterschiedlichem Ausgang.
Auf der Webseite des Landkreises Ostprignitz-Ruppin wird gegendert: In den neuesten Pressemitteilungen geht es um die feierliche Begrüßung von Neubürger:innen, um neue Wege für für Radfahrer:innen im Amt Temnitz und um erfolgreiche Sportler:innen. Diese geschlechtsneutrale Sprache stand nun aber zur Debatte. Denn die Fraktionen von BVB/Freie Wähler und der AfD hatten beantragt, die Regeln des Rates für deutsche Rechtschreibung zu beachten und nicht mehr zu gendern.
Ende November musste der Kreistag darüber entscheiden.
In Ostprignitz-Ruppin wird weiter gegendert
Es habe Diskussionen gegeben, sagte Landrat Ralf Reinhardt (SPD) dem rbb auf Nachfrage: "Die Gleichstellungsbeauftrage des Landkreises hat dabei auch noch einmal klargestellt, dass wir auch das Landesgleichstellungsgesetz beachten müssen als Verwaltung."
Am Ende entschieden die Mitglieder des Kreistags, dass Texte in Veröffentlichungen und im Schriftverkehr auch künftig von Neubürger:innen und Sportler:innen die Rede sein wird. Es wird also bei der bisherigen Sprachregelung bleiben. "Wir versuchen, einen Weg zu gehen, der auch verträglich ist", begründete Reinhardt die Entscheidung: "Wir wollen uns an Recht und Gesetz halten." Das gehöre sich so.
Potsdam-Mittelmark: Hauptsatzung im Fokus
Auch in Potsdam-Mittelmark wurde im Rahmen der Kreistagssitzung - auf Antrag der CDU - über das Gendern abgestimmt. Im Fokus stand die geschlechtergerechte Sprache in der Hauptsatzung des Landkreises. Im Paragraf 13 des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) heißt es, dass in Satzungen, Vorlagen, Beschlüssen und Veröffentlichungen des Landkreises sprachlich der Gleichstellung von Frauen und Männern Rechnung zu tragen ist. Insbesondere bei Funktionsbezeichnungen sind demnach die weibliche und die männliche Form oder die geschlechterneutrale Form zu nennen.
Die CDU schlug nun aber vor, dass alle Personen-, Amts- und Funktionsbezeichnungen in der Hauptsatzung nur noch in männlicher Form geschrieben werden - damit sollen dann aber alle gemeint sein. Das generische Maskulinum solle gelten, damit die Texte "klar, eindeutig und möglichst verständlich sind", hieß es zur Begründung. 2018 habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass das generische Maskulinum nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verstößt, fügte die CDU hinzu. Daher sei es auch in der Brandenburger Hauptsatzung anwendbar, da es sich beim Landesgleichstellungsgesetz um ein niederrangiges Gesetz handelt.
Grüne sprechen von "Rückfall ins Mittelalter"
SPD, Grüne und Linke argumentierten gegen die Haltung der CDU. Melanie Balzer, Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, verwies auf das Landesgleichstellungsgesetz, über das man sich nicht hinwegsetzen könne. Bei der Abstimmung haben dann neben CDU und FDP auch die AfD-Abgeordneten für den Antrag gestimmt. Künftig wird in der Hauptsatzung Potsdam-Mittelmarks also ausschließlich die männliche Form verwendet, die dann auch für Frauen gelten soll. Es wird künftig also - rein sprachlich - keine Bürgermeisterinnen und keine Lehrerinnen mehr geben.
Balzer kritisierte die Entscheidung im Nachgang scharf: "Wenn eine konservative Mehrheit im Kreistag glaubt, dass es richtig sei, sich mit solchen Entscheidungen zurück ins 20. Jahrhundert zu katapultieren, dann kann ich mich nur wundern. Mit unserem modernen Potsdam-Mittelmark hat das nichts zu tun. Und mit der brandenburgischen Gesetzeslage übrigens auch nicht."
Auch die Grünen äußerten sich empört, sprachen von einem "Rückfall ins Mittelalter". Sie kritisierten, dass die erzkonservative Mehrheit - "mit Stimmen der Rechtsextremen" - beschloss, Frauen aus den Satzungen zu tilgen. Das sei ein schwarzer Tag für die Gleichberechtigung, hieß es weiter. Die Entscheidung könnte aber ein Nachspiel haben: Sie könnte ein Fall für die Kommunalaufsicht und die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises werden.
Sendung: Antenne Brandenburg, 3.12.2024, 14 Uhr