Brandenburg Kann Dietmar Woidke bei der Wahl zum Brandenburger Ministerpräsidenten scheitern?
Die Koalition ist geschmiedet, der Vertrag unterzeichnet, nun der entscheidende Schritt: Die Wahl des Ministerpräsidenten im Landtag am Mittwoch. Mit Stimmen von SPD und BSW hat Woidke die absolute Mehrheit, doch gut gepolstert ist sie nicht.
Wie ist die Ausgangslage?
Die Landtagswahl vom 22. September hatte die SPD knapp vor der AfD gewonnen. Eine Koalition mit der AfD lehnt die SPD ab, für ein Bündnis mit der CDU reichte es nicht. Einzige Option für eine Regierungskoalition war daher das BSW. Gemeinsam kommen SPD und BSW auf 46 von 88 Landtagssitzen - rein rechnerisch verfügt das Bündnis mit dem 45. und 46. Abgeordneten also über die absolute Mehrheit. Das ist jedoch knapp und somit keine ideale Ausgangssituation.
Wie kann ein Kandidat die Wahl gewinnen?
Erwartet wird, dass Dietmar Woidke als Kandidat der SPD für das Amt des Ministerpräsidenten antritt. Ob er Ministerpräsident wird, entscheiden die 88 Landtagsabgeordneten. Woidke gewinnt die Wahl, wenn er im ersten Durchgang 45 oder mehr Stimmen erhält. Gewinnt er diesen Wahlgang, ist die Sache durch, die neuen Ministerinnen und Minister seines Kabinetts können ernannt und vereidigt werden, fertig.
Schafft er das nicht, findet ein zweiter Wahlgang statt. Hier gilt dieselbe Regelung: Ein Kandidat braucht 45 oder mehr Stimmen, um in diesem Landtag - bestehend aus 88 Sitzen - die absolute Mehrheit auf sich zu vereinen.
Schafft Woidke das aber weder im ersten noch im zweiten Wahlgang, findet ein dritter statt. Nun reichen lediglich die meisten Stimmen, um die Wahl zu gewinnen. Wenn es mehrere Kandidaten gibt, gewinnt derjenige oder diejenige, der oder die mehr Stimmen hat als die anderen Kandidaten. Sollte im dritten Wahlgang Dietmar Woidke als einziger Kandidat antreten, könnte er auch gewinnen, wenn theoretisch nur eine gültige Stimme abgegeben würde.
Die Verfassung stellt klar, dass die Wahl des Ministerpräsidenten bis zum 16. Januar abgeschlossen sein muss. Gelingt das nicht, sind die Konsequenzen enorm: Das Parlament gilt dann als aufgelöst, wie die Landesverfassung von Brandenburg vorschreibt. Innerhalb von 70 Tagen müsste dann eine Neuwahl stattfinden.
Womit wird gerechnet?
Erwartet wird, dass im ersten Wahlgang der SPD-Kandidat Dietmar Woidke als Kandidat antritt - die AfD oder die CDU könnten ebenfalls mit einem Kandidaten ins Rennen gehen, das macht aber wenig Sinn, da sie keine absolute Mehrheit holen können.
Woidke hingegen kann im ersten Wahlgang 46 Stimmen kriegen, wenn alle SPD- und BSW-Politiker ihn wählen. Er kann auch auf noch mehr Stimmen kommen, wenn Oppositionspolitiker von AfD und CDU ihn ebenfalls wählen. Generell wird Woikde Stimmen der Opposition in seine Rechnung nicht aufnehmen, es kann aber sein, etwa wenn vereinzelte Oppositionspolitiker Neuwahlen meiden wollen, dass sie ihre Stimme dann doch lieber dem SPD-Kandidaten geben.
Spätestens im dritten Wahlgang dürften die Chancen für Woikde deutlich steigen, die Wahl zu gewinnen. Denn hier reichen ja die meisten Stimmen aus, um die Wahl zu gewinnen.
Sollte die AfD im dritten Wahlgang einen eigenen Kandidaten aufstellen, könnte dieser auch mindestens 30 Stimmen (alle AfD-Poltiker) bekommen. Es ist jedoch wegen politischer Differenzen nicht davon auszugehen, dass dann auch noch mehrere CDU-Abgeordnete für den AfD-Kandidaten stimmen werden. Die besten Chancen zu gewinnen hat somit Dietmar Woidke.
Könnte es eine Überraschung geben?
Ja. Die oben beschriebene Szenarien sind mathematische Rechnungen. Am Ende wird vieles davon abhängen, wie sich Woidke im Landtag verhält.
Sollte er im ersten Wahlgang scheitern, und zwar mit deutlich mehr fehlenden Stimmen als davon auszugehen war, könnte er dies zum Beispiel als Vertrauensmangel bewerten, er könnte, wenn er wollte, gar nicht zu einem zweiten oder dritten Wahlgang antreten.
Es ist auch gut möglich, dass die SPD im Falle einer Zitterpartie die Sitzung unterbrechen lässt, um sich etwa mit der Opposition auszusprechen, damit die fehlenden Stimmen im nächsten Wahlgang sicher sind.
Die Verfassung des Landes Brandenburg gibt nach Konstituierung des Parlaments lediglich einen Rahmen von drei Monaten vor, bis die Regierung stehen muss. Es ist somit auch möglich, dass der dritte Wahlgang nicht am selben Tag stattfindet.
Muss sich Woidke Sorgen machen?
Die SPD und das BSW haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt und wollen die nächste Regierung stellen. SPD und BSW haben auf getrennten Parteitagen dem Koalitionsvertrag zugestimmt. Normalerweise sollte davon ausgegangen werden, dass zumindest alle 46 SPD- und BSW-Politiker für Woidke stimmen, um das Bündnis ihrer Parteien regierungsfähig zu machen.
Doch zum einen ist die Abstimmung geheim, wer im Einzelnen wie wählt, bleibt unklar. Es kann also unerwartet Ausscherer geben. Zum anderen gibt es einen Wackelkandidaten, der dem Bündnis Sorgen bereitet: Der BSW-Landtagsabgeordnete Sven Hornauf.
Er hatte mehrfach erklärt, wegen Kritik an einer Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 am Fliegerhorst Holzdorf/Schönewalde bei der Ministerpräsidenten-Wahl nicht für Woidke zu stimmen - gegenteilige Aussagen machte er auch bis zuletzt nicht. Noch am Dienstag antwortete Hornauf dem rbb, auf die Frage, ob alle 14 BSW-Stimmen für die Koalition wichtig wären, mit einem "Nein".