Brandenburg Frauen Fußball-Bundesliga: Eine Hinrunde zum Vergessen für Turbine Potsdam
Ein geschossenes Tor, ein Punkt - Turbine Potsdam beendet die Hinrunde in der Bundesliga auf dem letzten Tabellenplatz. Die Niederlage gegen Abstiegskonkurrent Köln war ernüchternd, Hoffnung macht vor allem die nahende Winderpause. Von Simon Wenzel
Das Spiel gegen den 1. FC Köln steckt Bianca Schmidt am Sonntag noch in den Knochen. Sprichwörtlich, weil die Unterlegenheit in der zweiten Hälfte beim 0:1 im Abstiegsduell ernüchternd war. Und körperlich, weil das Spiel der erste Einsatz über 90 Minuten seit mehr als einem halben Jahr für die 34-jährige Rückkehrerin bedeutete. "Ich spüre jeden Muskel in meinem Körper", sagt Schmidt.
Sie will Turbine nochmal helfen, deshalb kehrte sie im Oktober von ihrem Posten als Teammanagerin zurück auf den Rasen. Jetzt ist sie dort so richtig wieder angekommen. Insofern gibt es für Bianca Schmidt trotz des ernüchternden Ergebnisses auch positives. "Ein bisschen froh" sei sie, "dass die 90 Minuten vom Körper her in Ordnung waren", sagt Schmidt rbb|24 am Sonntagvormittag.
Turbine hat viel Nachholbedarf
Das war es dann aber auch erstmal mit den Positivnachrichten bei Turbine. Gegen den 1. FC Köln, der punktetechnisch vor dem direkten Duell als einer von ohnehin nur zwei Konkurrenten im Abstiegskampf der Frauen-Bundesliga galt, war Turbine mit zunehmender Spieldauer immer deutlicher unterlegen. Wie so oft in dieser Hinrunde des Grauens. Mit einem Punkt und einem geschossenen Tor steht der einst so stolze Klub am Tabellenende. Ein ernüchterndes Fazit zur Saisonhälfte für die Aufsteigerinnen. "Wir wussten, dass es kein Zuckerschlecken wird, aber dass die Hinrunde so ausfällt, ist schon ein bisschen frustrierend", sagt Bianca Schmidt.
Den einzigen Punkt in elf Spielen errang Turbine gegen Mitaufsteiger Carl-Zeiss Jena - und das ist vorerst auch der einzige verbliebene Konkurrent im Abstiegskampf: Jena hat drei Punkte, Turbine eben einen. Gewonnen haben beide noch nicht, das direkte Duell endete 0:0. Das war Mitte Oktober, es war das dritte Spiel unter Trainer Kurt Russ. Seitdem musste der Österreicher erkennen: Die Aufgabe Klassenerhalt ist schwerer als zunächst angenommen. "Ich habe vorher schon gedacht, dass wir näher dran wären. Nachdem ich angekommen bin, habe ich aber schnell gemerkt, dass wir sehr weit weg sind von den anderen Mannschaften", sagte Russ dem rbb nach der Niederlage gegen Köln, "jetzt heißt es aufholen."
In dieser Woche sollten alle begreifen, dass das die Hinrunde war und die haben wir mächtig vergeigt.
Auch die ehemalige Champions League-Siegerin und Nationalspielerin Bianca Schmidt sieht das so: "Wir hatten Spiele, die knapp waren, bei denen aber nichts rausgesprungen ist, weil wir irgendwann die Meter nichtmehr gegangen sind, die man gehen muss um dann einen Punkt mitzunehmen", sagt Schmidt. "Das muss uns in der Rückrunde gelingen, damit wir in der Liga bleiben."
Trainereffekt erstmal verpufft - frischer Wind im Winter?
Neu ist diese Erkenntnis nicht. Die körperlichen Mängel hatte Kurt Russ seinem Team bereits nach dem ersten Spiel unter seiner Verantwortung attestiert (eine 0:3-Niederlage gegen Essen Anfang Oktober). Alleine: Im laufenden Ligabetrieb ließ sich da bislang wenig dran ändern. Der Trainer habe "viele Impulse" gegeben, sagt Schmidt, "die haben wir versucht umzusetzen, teilweise ist uns das aber noch nicht gelungen." Fitnesstraining ist unter der Woche zwischen zwei Spielen kaum möglich.
Von einem Trainereffekt nach Russ' Verpflichtung kann angesichts von einem Punkt aus sechs Ligaspielen und dem Pokalaus keine Rede sein. In der Winterpause - so die Hoffnung vom Klub und auch von Bianca Schmidt soll der frische Wind des neuen Trainers nochmal aufkommen. Von Mitte Dezember bis Anfang Februar ist spielfrei in der Bundesliga. Für Turbine wird das eine extrem wichtige Zeit. Für die Spielerinnen könnten es harte Wochen werden, Kurt Russ will an den "Basics" arbeiten, körperlich und taktisch.
Zurück auf dem Platz: Bianca Schmidt will nicht nur als Teammanagerin helfen, den Abstieg zu verhindern.
Letztes Spiel vor der Pause gegen Bayern
Zuvor muss das Team aber noch ein Spiel überstehen. Der Abschluss vor der Winterpause ist der beliebte Klassiker "David gegen Goliath": Am kommenden Wochenende muss Turbine zum Tabellenführer und amtierenden Meister FC Bayern München reisen. Viel Hoffnung auf den zweiten Punkt der Saison macht das nicht.
"Ich hoffe trotzdem, dass niemand in das Spiel geht und es schon verloren gibt", sagt Bianca Schmidt. "In dieser Woche sollten alle begreifen, dass das die Hinrunde war und die haben wir mächtig vergeigt." Und vielleicht, so ihre Hoffnung, setze diese Erkenntnis gegen Bayern ja "Kräfte frei, die wir bisher nicht gesehen haben". Ein vorweihnachtliches Wunder, das wäre doch etwas.
Selbst wenn das nicht eintritt, dürfen die Potsdamerinnen zumindest darauf hoffen, dass sich ihr Rückstand in der Tabelle nichtmehr dramatisch vergrößert. Auch die Konkurrenz aus Jena hat mit Eintracht Frankfurt ein schweres letztes Spiel vor der Winterpause zu überstehen. Das bedeutet auch: Es ist weiterhin alles drin. Das ist das gute nach dieser Hinrunde. Trotz einem Torverhältnis von 1:32 und nur einem Punkt ist Turbine nur zwei Punkte vom Klassenerhalt entfernt und kann diesen - Stand jetzt - noch aus eigener Kraft schaffen. Nur das letztplatzierte Team steigt in dieser Saison ab in die zweite Liga.
Erneuter Abstieg? "Das darf einfach nicht passieren."
Der Klassenerhalt, das große Ziel, wäre "immens wichtig", weiß Schmidt. Vor ihrem sportlichen Comeback war sie als Teammanagerin auch in die Vereinsabläufe eingebunden. Sie weiß deshalb noch mehr als andere Spielerinnen, dass Turbine Potsdam den Erstligaverbleibt dringend braucht. "Die zweite Liga wird aufgestockt, es gibt immer mehr Vereine, die nach oben wollen, das wird auch nichtmehr weniger", sagt Schmidt. Bei einem Abstieg wäre auch der Kraftakt Wiederaufstieg aus dem Vorjahr weniger wert.
"Das war sehr wichtig, aber es soll jetzt nicht im Sand verlaufen, indem wir direkt wieder absteigen. Dann würde es nochmal um einiges härter werden, wieder hoch zu kommen", sagt Schmidt. "Das darf einfach nicht passieren." Trainer Kurt Russ kündigte deshalb bereits an, im Winter noch "zwei oder drei" Spielerinnen verpflichten zu wollen, die helfen können. Turbine ist gegen Köln nicht abgestiegen. Das ist die gute Nachricht nach dieser Hinrunde und die muss der ganze Verein in den kommenden Monaten versuchen, in den Vordergrund zu stellen.
Sendung: rbb24, 07.12.2024, 22 Uhr