Holger Grießhammer umrahmt von seinem Parlamentarischen Geschäftsführer und der Partei-Linken Anna Rasehorn

Bayern Grießhammers Kampfansage: Landtags-SPD soll "in die Mitte"

Stand: 19.09.2024 23:05 Uhr

Holger Grießhammer will Hubert Aiwanger verdrängen: Er rückt seine SPD-Fraktion "in die Mitte", um sich Markus Söders CSU als Alternative zu den Freien Wählern anzubieten. Aber ziehen alle Genossen mit? Eine Analyse.

Von Irene Esmann

Gruppenbild mit Landeschefin, Fraktion und Landesgruppe: "Wir sind geschlossen", sagt der neue SPD-Fraktionschef Holger Grießhammer zum Abschluss der SPD-Klausur im Landtag. Das ist sein Mantra, seit die Fraktion seinen Vorgänger, Florian von Brunn, vor der Sommerpause gestürzt hat.

Der bodenständige Oberfranke Grießhammer gilt als umgänglich, ist beliebt. Er wurde im Juli einstimmig zum Fraktionschef gekürt. Der fünffache Familienvater will Moderator sein, er will Partei, Fraktion und Landesgruppe zusammenbringen und "gemeinsam wachsen". Mit diesem Slogan hatte er die Klausurtagung überschrieben. In großen Runden, Expertengesprächen und Arbeitsgruppen ging es darum, Fraktion und Partei inhaltlich fit zu machen für die Bundestagswahl im kommenden Jahr. Um auch die Wahlergebnisse nach den historisch schlechten 8,7 Prozent bei der Landtagswahl 2023 wieder wachsen zu lassen.

Macht Söder es "mit den Roten"?

Aber nicht nur das: Grießhammer träumt auch davon, eines Tages mitzuregieren. Als Koalitionspartner der CSU in Bayern. Sollte deren Chef Markus Söder irgendwann die Nase voll haben von Hubert Aiwangers Freien Wählern - oder diese von der CSU. Grießhammer hofft: "Wenn wir pragmatische Politik machen, dann kommen wir in eine Situation, wo Markus Söder sagen könnte, `horch zu Hubert, dann mach’ ich's mit den Roten`".

Neuer Standort, alte Ziele?

Wachstum und "Regierungsfähigkeit" verspricht sich Grießhammer vor allem in der Mitte. Dahin schiebt und drängt er seine Fraktion. Die bei der Klausur besprochenen Themen allein lassen den entsprechenden Kurswechsel allerdings nicht erkennen. Die Fraktion erneuert gemeinsam mit Landes-Partei und Berliner Landesgruppe die Forderung nach einem Tariftreuegesetz auch in Bayern. In der Bildungspolitik setzt die SPD weiter auf längeres gemeinsames Lernen mindestens bis zur sechsten Klasse. Und um den Investitionsstau beim Bauen, bei der Bahn und bei der Energiewende zu begegnen, solle es eine "Abkehr von der Schuldenbremse" geben.

Ziele, mit denen er sich nicht gerade in CSU-Richtung bewegt. Grießhammer wirbt um Geduld: Der Weg in die Mitte sei "kein Prozess, der in ein paar Wochen" abgeschlossen sei. "Wir haben jetzt sehr viel im unteren Bereich getan", sagt Grießhammer und nennt als Beispiele die Anhebung von Bürgergeld und Mindestlohn. Jetzt sei "die Mitte der Gesellschaft" dran.

Keine Einigkeit beim Thema Migration

Härter durchgreifen will Grießhammer beim Thema Migration. Er unterstützt den Kurs der SPD-geführten Bundesregierung. Er fordert vor allem, "schneller" zu werden dabei, Menschen in Arbeit zu bringen und abgelehnte Asylbewerber abzuschieben. Sein Problem: Nicht alle in seiner Fraktion halten die härtere Migrationspolitik für richtig. Die stellvertretende Fraktionschefin Anna Rasehorn kritisiert die "Abschottung und dass wir jetzt sofort an den Grenzen versuchen, dichtzumachen". Für Rasehorn ist das "der falsche Weg".

Interessant dürfte deshalb der SPD-Parteitag im Oktober werden. Denn der Landesverband ist eher links der Mitte angesiedelt. Landeschefin Ronja Endres, die ebenfalls als Partei-Linke gilt, baute zum Ende der Fraktionsklausur schon einmal vor und meldete Zweifel an am "Mitte-Kurs" des neuen Fraktionschefs. "Es ist nicht die Frage, sind wir in der Mitte, halbrechts, links, irgendwo, diese Sachen sagen den Menschen doch überhaupt nichts." Ihre SPD solle sich um die Menschen kümmern, deren Alltag verbessern. Bis auf die "Superreichen, die haben Lobbygruppen genug, die können sich selbst helfen", so Endres.

Für den neuen Fraktionschef Grießhammer heißt das: Bis zur Mitte ist es noch ein ganzes Stück.

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Quelle: BR24 Infoblock 19.09.2024 - 18:50 Uhr