
Baden-Württemberg Raumfahrt: Darum fordert Baden-Württemberg mehr Geld
Baden-Württemberg möchte, dass mehr in die Europäische Weltraumorganisation investiert wird. Wie wichtig ist die Branche und was ist geplant? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) fordert gemeinsam mit seinem bayerischen Amtskollegen Markus Söder (CSU) und dem Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) mehr deutsche Investitionen in die Raumfahrt. Die Summe von zwei Milliarden Euro pro Jahr für die Europäische Weltraumorganisation (ESA) sowie eine Milliarde pro Jahr für das nationale Raumfahrtprogramm werden in einem Drei-Länder-Papier genannt. Ziel ist zum einen, dass Europa unabhängiger von den USA wird - zum anderen erhoffen sich die Länderchefs auch einen Schub für die heimische Wirtschaft.
Welche Bedeutung hat Raumfahrtbranche in Baden-Württemberg?
Laut Landesregierung ist Baden-Württemberg einer der größten Raumfahrt-Standorte Deutschlands. 10.000 Beschäftigte gebe es deutschlandweit, über ein Drittel davon im Land, heißt es aus dem Staatsministerium. Vom staatlich geförderten Bereich wird die Raumfahrt gerade zum Wirtschaftsfaktor. Die internationale Raumstation ISS zum Beispiel ist in ein paar Jahren Geschichte. Am möglichen Nachfolge-Projekt StarLab ist auch die Firma Airbus aus Friedrichshafen beteiligt. StarLab wäre eine kommerzielle Raumstation, erklärt Chief Commercial Officer Michael Boss.
Neben großen Playern gibt es aber auch Start-Ups wie etwa HyImpulse aus der Nähe von Heilbronn. Die Firma arbeitet daran, Raketen mit Paraffin-Antrieb, also mit Kerzenwachs, in die Erdumlaufbahn zu bringen. Außerdem gibt es Mittelständler wie Tesat Spacecom aus Backnang (Rems-Murr-Kreis). Das Unternehmen hat ein Verfahren entwickelt, mit dem sich Satelliten-Daten per Laser übertragen lassen. Ein weiterer Vertreter der Branche sitzt in Stuttgart: die Firma Astos Solutions. Das Unternehmen entwickelt Software für Raketen und Satelliten.
Was ist der Anlass für die Forderungen der drei Landeschefs?
Die ESA-Ministerratskonferenz wird diesen November in Deutschland stattfinden und ist das wichtigste Entscheidungsgremium der Organisation. Kretschmann und seine Kollegen wollen die ESA stärken. Das Ziel ist dabei auch mehr Unabhängigkeit von den USA sowie Elon Musks Starlink-Satelliten. Aber auch die geplanten Budget-Kürzungen bei der US-Weltraumbehörde NASA bereitet den Länderchefs Sorge.
Beim Thema Raumfahrt geht es immer auch um Sicherheitspolitik und Verteidigungspolitik - und hier soll Europa künftig wieder mehr eigene Technik zur Verfügung haben. "Das kann nicht sein, dass am Ende sonst Elon Musk über unsere Verteidigungsfähigkeit entscheidet, auch deswegen benötigen wir jetzt beherzte Schritte vorwärts", sagte Winfried Kretschmann am Donnerstag in Berlin. Sichere Kommunikation, hochpräzise Navigation, umfassende Aufklärungsdaten aus dem All, das seien Gradmesser für Europas Souveränität, so der Grünen-Politiker.
Die Forderungen wurden Raumfahrtministerin Dorothee Bär (CSU) und dem Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Walther Pelzer, übermittelt. Sie vertreten Deutschland bei der ESA-Ministerratskonferenz und entscheiden dort über die finanziellen Beiträge Deutschlands zu den Programmen der Europäischen Weltraumorganisation.
Was plant die Raumfahrt-Bundesministerin Bär?
Die neue Raumfahrt-Bundesministerin will Deutschlands Engagement bei der Europäischen Weltraumorganisation ausweiten und Europa unabhängiger in der Raumfahrt machen. "Wir müssen unseren deutschen Anteil an der ESA erhöhen", sagte Dorothee Bär kürzlich im ZDF. Man werde jetzt bei den Verhandlungen über den Bundeshaushalt sehen, wie das genau aussehen könne.
Bisher hält Deutschland 21 Prozent der Anteile an der ESA. Eine Aufstockung würde erhebliche zusätzliche Finanzmittel erfordern. Bär pochte aber darauf, dass das Thema Raumfahrt nun wegen seiner strategischen Bedeutung ernster genommen werden müsse. Es taucht erstmals in der Geschichte in einem Ministeriumsnamen auf, dem Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt. "Europa muss auch unabhängig sein", betonte Bär. Man bekomme gerade zu spüren, dass man in Krisen und Konflikten von anderen Staaten und kommerziellen Anbietern abhängig sei.
Sendung am Do., 5.6.2025 15:00 Uhr, SWR1 BW Nachrichten