Nicole Büttner (FDP) soll FDP-Generalsekretärin werden.

Baden-Württemberg Murren über designierte FDP-Generalsekretärin Nicole Büttner: BW-Liberale fürchten um Einfluss 

Stand: 15.05.2025 07:17 Uhr

Sie soll die neue Hoffnungsträgerin der abgestürzten Liberalen werden: die Tech-Unternehmerin Nicole Büttner. Doch in BW geht die FDP auf Distanz. Grund ist die Sorge um Einfluss.

Von Henning Otte, Wolfgang Lickert

Nach dem Scheitern bei der Bundestagswahl will sich die FDP an diesem Wochenende bei ihrem Parteitag in Berlin neu aufstellen. Christian Dürr, bis vor kurzem noch Fraktionschef, soll neuer Parteivorsitzender und damit Nachfolger von Christian Lindner werden. Mit der Auswahl seiner Generalsekretärin hat der Niedersachse Dürr einen Coup gelandet: Es soll die Start-up-Gründerin Nicole Büttner werden. Die 40-Jährige kommt ursprünglich aus der Nähe von Karlsruhe, lebt und arbeitet aber vor allem in Berlin und der Schweiz. Als Nachfolgerin von Marco Buschmann soll sie der Partei nach dem Ausscheiden aus der Ampel mit SPD und Grünen und dem Desaster bei der Wahl im März neues Leben einhauchen.

FDP in BW sieht in ihr eine Frau aus der Berliner Start-up-Szene

In der Partei gab es viel Applaus für die überraschende Personalie. Eine junge Frau und Tech-Unternehmerin, die der FDP neue Wählerschaften erschließen könne, hieß es. "Wir wollen die modernste Partei in Deutschland sein", hat sie schon als Anspruch formuliert. Nur im Landesverband BW hielt sich die Begeisterung in engen Grenzen. Büttner sei "ein überraschender Vorschlag aus der Berliner Start-up-Szene", erklärte Landeschef Hans-Ulrich Rülke Anfang Mai. Auch jetzt kurz vor dem Parteitag sagt ein Sprecher der FDP BW: "Das Engagement von Nicole Büttner im Landesverband liegt bereits viele Jahre zurück, daher trauen wir uns keine Einschätzung der Person zu."

Büttner wäre 2019 gern Europa-Spitzenkandidatin der FDP BW geworden

Eine eher ungewöhnliche Stellungnahme, denn Büttner war vor nicht allzu langer Zeit noch sehr engagiert in der Landespartei. Sie ist seit 20 Jahren in der FDP, von 2017 bis 2019 leitete sie den Landesfachausschuss Wirtschaft und war Mitglied im Landesvorstand. Sie wäre 2019 sogar gern Spitzenkandidatin der FDP BW für die Europawahl geworden, zog aber gegen den Landtagsabgeordneten Andreas Glück den Kürzeren. Vom bundesweiten Listenplatz 10 aus wurde es nichts mit dem Einzug ins Europaparlament.

Karriere und Familie statt Parteiarbeit

Büttner stieg erstmal aus der Politik aus, trieb stattdessen ihre berufliche Karriere voran: Sie gründete die Firma Merantix Momentum für künstliche Intelligenz und bekam mit ihrem Mann zwei Kinder. In der "Stuttgarter Zeitung" kamen nun am Dienstag anonym Parteikollegen aus BW zu Wort, die über Büttner lästern. Sie komme zwar in Talkshows gut rüber, Parteiarbeit sei aber offenbar nicht ihr Ding. Dürr solle diese Personalie lieber nochmal überdenken, sonst riskiere er einen Fehlstart.

So hatte der SWR Anfang Mai über die designierte Generalsekretärin der FDP berichtet:

Zu viele Kandidaten aus BW für die Parteispitze?

Hinter der Distanzierung steckt nach SWR-Informationen etwas anderes. Beim Parteitag wollen zahlreiche etablierte FDP-Leute aus BW, die nun nicht mehr im Bundestag sitzen, Posten in der neuen Parteispitze besetzen. Die Befürchtung: Wenn jetzt auch noch Büttner zu BW dazugerechnet wird, könnte das negative Folgen für die anderen Bewerber aus dem Landesverband haben.

Schließlich könnten andere Landesverbände sagen, dass der Einfluss der FDP BW zu groß würde. Und deshalb müsse man deutlich machen, dass sie mit Baden-Württemberg kaum mehr etwas zu tun habe - außer dass sie noch Mitglied des Landesverbandes ist. 

Mehrere Ex-Staatssekretäre drängen auf Führungsposten

Der langjährige Außenpolitiker und Bundestagsabgeordnete Michael Link (Heilbronn) bewirbt sich als Schatzmeister und will somit wie Ex-Finanz-Staatssekretär Florian Toncar (Böblingen) ins engste Führungsgremium, das FDP-Präsidium. Rülke gehört als Vorsitzender der Konferenz der FDP-Fraktionschefs der Länder qua Amt zum Präsidium.

Für den Vorstand kandidieren außerdem noch FDP-Landesvize Pascal Kober (Reutlingen), der frühere Justiz-Staatsekretär Benjamin Strasser (Ravensburg) und Jens Brandenburg (Rhein-Neckar), bis vor kurzen Staatssekretär im Forschungsressort. Als gesetzt aus BW für den Bundesvorstand gilt die Landes-Generalsekretärin Judith Skudelny (Stuttgart).

In Baden-Württemberg soll der neue FDP-Aufschwung beginnen

Als Hauptargument für die vielen Bewerber aus BW wird damit angeführt, dass im Stammland der Liberalen im März 2026 ein neuer Landtag gewählt wird. Hier soll nach dem Willen der FDP die Grundlage für neue Wahlerfolge der Partei gelegt werden. Derzeit sitzt die FDP hier in der Opposition.

Rülke macht sich Hoffnung auf eine gemeinsame Regierung mit der Union, eventuell zusammen mit der SPD in einer sogenannten Deutschlandkoalition. Kurz danach sind auch Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, im Herbst dann in Sachsen-Anhalt, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.   

Kritik dürfte Büttner trotzdem nichts anhaben

In der FDP wird aber davon ausgegangen, dass Büttner als Dürrs Kandidatin ohne Probleme gewählt wird. Die wenig schmeichelhafte Kritik aus BW werde sie deshalb verschmerzen können. Die Tochter einer Jamaikanerin und eines Deutschen gilt ohnehin als äußerst selbstbewusst. Sie soll die inhaltliche und personelle Neuaufstellung der Partei vorantreiben und mit dafür sorgen, dass die FDP 2029 wieder in den Bundestag einzieht. Sie will auch als Generalsekretärin weiter als Unternehmerin tätig bleiben. In einem Bewerbungsvideo für die Europawahl 2019 sagt sie, sie liebe die Freiheit und sei deswegen in der FDP. "Ich glaube, dass jeder selbst am besten bestimmen kann, was für ihn gut ist. Ich glaube an jeden von uns."  

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