
Baden-Württemberg Für Sozialwohnungen: BW-Immobilienunternehmer fordert 100 Milliarden Euro aus Sondervermögen
Händeringend suchen Studierende und Normalverdiener nach bezahlbaren Wohnraum. Die neue Bundesregierung will Bauen erleichtern und Sozialwohnungen schaffen. Aber reicht das?
Der Stuttgarter Immobilienunternehmer Alfred Hildebrandt hält eine große finanzielle Kraftanstrengung des Staates für nötig, um die Krise auf dem Wohnungsmarkt vor allem in Großstädten zu entspannen. Es herrsche "sozialer Unfrieden", weil die Menschen nicht dort wohnen könnten, wo sie arbeiten, und selbst außerhalb der Städte seien die Wohnungen zu teuer, sagt Hildebrandt im SWR-Videopodcast "Zur Sache! intensiv". Er fordert einen Teil des geplanten Sondervermögens für Infrastruktur der neuen Bundesregierung für den sozialen Wohnungsbau auszugeben.
Die sollen 100 Milliarden in das Wohnungspaket reinstecken, 300.000 Wohnungen bauen deutschlandweit in den Ballungszentren und wir haben kein Wohnungsproblem mehr. Alfred Hildebrandt, Immobilienunternehmer aus Stuttgart
Union und SPD wollen laut Koalitionsvertrag die Investitionen in den sozialen Wohnungsbau schrittweise erhöhen, die staatlichen Finanzierungsbedingungen für Wohnunternehmern verbessern und das Baugesetzbuch entschlacken. Die Wohnungswirtschaft geht davon aus, dass etwa 11 Milliarden Euro staatlicher Förderung pro Jahr nötig wären, um 100.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen. Laut Mieterbund ist jeder dritte der 21 Millionen Mieterhaushalte in Deutschland durch seine Wohnkosten überlastet. Für viele sei Wohnen zum Armutsrisiko geworden. Der Mieterbund fordert seit langem eine Erhöhung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau und die Verschärfung der Mietpreisbremse.
Hildebrandt: Staatliche Eingriffe in den Mietmarkt sind schädlich
Hildebrandt, der eine Immobilienfirma mit 14 Filialen und 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ganz Deutschland führt, hält staatliche Eingriffe in den Wohnungsmarkt wie die Mietpreisbremse für kontraproduktiv. Als Beispiel nannte er den Mietendeckel in Berlin. Dessen Folge sei gewesen, dass sich Investoren komplett zurückgezogen hätten. "Große institutionelle Anleger haben gesagt: In Berlin kaufen wir nix mehr, da bauen wir auch nix mehr. Da haben wir keinerlei politische Sicherheit."
Hildebrandt zeigt sich überzeugt: "Immer, wenn die Politik zu viel reguliert, zu viel einschränkt oder uns auch noch zwingt, irgendwelche Heizungen zu bauen oder PV-Anlagen aufs Dach draufzupacken oder irgendwelche Dämmstärken vorgibt", dann gehe das schief. "Wir befinden uns dann immer im Bereich Ideologie und das war schon immer schädlich für die Wirtschaft, auch für die Gesellschaft." Entscheidend sei für Investoren, dass es sich lohne zu bauen, ohne zu viel Bürokratie, die alles verzögere.
Sozialquote kann umgangen werden
Auch eine staatliche Sozialquote, bei der ab dem Bau von 10 Wohneinheiten 30 Prozent davon Sozialwohnungen sein müssen, hält Hildebrandt für wenig hilfreich. "Am Ende ist es eine relativ einfache kalkulatorische Angelegenheit. Das ist eine Quersubventionierung. Die anderen Wohnungen mache ich dann halt ein bisschen teurer. Wenn sich das nachher rechnet, kann ich das bauen." Der Immobilienentwickler sagt aber auch: "Wenn es nicht geht, mache ich das nicht. Soll ich deswegen ein schlechtes Gewissen haben?" So sei der Markt eben. Wer Sozialwohnungen bauen wolle, solle doch eine Stiftung gründen.
Haus und Grund hält Entbürokratisierung für dringender
Der Eigentümerverband Haus und Grund Württemberg hält die Forderung des Immobilienunternehmers nach der großen Finanzspritze für "Quatsch". Vorstand Sebastian Nothacker sagte dem SWR: "Wir haben heute schon überforderte Bauämter, durch den Flaschenhals muss man erstmal durchkommen." Zunächst müsse das System entbürokratisiert werden. "Wenn ich das System nicht mitreformiere, nützt es nichts, nochmal einen Haufen Geld draufzuschütten." Nothacker warnte auch vor explodierenden Baupreisen, wenn staatliches Geld ins Spiel komme. Zu den geplanten Milliarden aus dem Sondervermögen für Infrastruktur sagte er: "Wir freuen uns alle über neue Straßen und eine pünktliche Bahn, aber die Baukosten steigen, weil der Staat Auftraggeber ist."
In BW gibt es 55.000 Sozialwohnungen
In Baden-Württemberg gab es 2024 knapp 55.000 Sozialwohnungen, gut 1.000 mehr als im Jahr zuvor. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hält es für nötig, dass in BW pro Jahr 13.000 neue Sozialwohnungen gebaut werden, um die Lage zu entspannen. Bund und Land wollen dieses Jahr etwa 760 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau in BW ausgeben, das ist dreimal so viel wie 2021. Wer eine Sozialwohnung beziehen will, braucht einen Wohnberechtigungsschein. Die Bedingung dafür ist: Ein Haushalt mit zwei Personen darf höchstens ein Einkommen von 57.800 Euro pro Jahr haben.