
Baden-Württemberg Ein Viertel weniger neue Wohnungen in BW genehmigt - woran liegt das?
Im vergangenen Jahr wurden in Baden-Württemberg deutlich weniger Genehmigungen für neue Wohnungen erteilt als 2023. Wie kann der angespannte Wohnungsmarkt entlastet werden?
Der Wohnungsmarkt in Baden-Württemberg bleibt angespannt. Wie das Statistische Landesamt mitteilte, wurden im vergangenen Jahr mit knapp 27.000 fast ein Viertel weniger Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt als noch im Jahr 2023. Die Zahl der genehmigten Wohnungen im Land hat sich in den vergangenen Jahren damit in etwa halbiert: 2021 wurden den Statistikern zufolge noch etwa 54.600 Wohnungen zum Bau freigegeben. Die Zahlen umfassen sowohl genehmigte Wohnungen in Neubauten als auch im Bestand.
Verschärfend kommt hinzu, dass in Baden-Württemberg jährlich mehr als 10.000 Wohnungen zu wenig gebaut werden. Das ist das Ergebnis einer Datenanalyse, basierend auf einer Modellierung des Instituts der deutschen Wirtschaft.
Mehr Wohnungsbau durch Reform der Landesbauordnung?
Kürzlich hat der Landtag in BW die Reform der Landesbauordnung beschlossen, die Ende Juni in Kraft tritt. "Das ist keine Schönheitsreparatur, sondern eine tiefgreifende Maßnahme", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag. Mit der Reform will das Land unter anderem das Schaffen von Wohnraum im Bestand erleichtern und die Abläufe beschleunigen, sagte Nicole Razavi (CDU), Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen.
"Diese Zahlen müssen alle alarmieren, die mit Bau und Wohnen zu tun haben. Der Bau von Wohnungen rechnet sich aktuell schlicht nicht mehr. Das muss sich ändern", sagte Razavi. Dort, wo das Land Einfluss nehmen könne, werde alles getan, um dem Negativtrend entgegen zu wirken. "Wir digitalisieren, beschleunigen und vereinfachen zum Beispiel das komplette Baugenehmigungsverfahren und sind hier schon weit fortgeschritten", so die Bauministerin. Nach Angaben der Ministerin sollen zudem "unnötig hohe Standards" gesenkt werden.
Außerdem investieren Land und Bund "massiv" in den sozialen Wohnungsbau mit "einem neuen Rekordvolumen von 750 Millionen Euro pro Jahr", so Razavi. Jetzt brauche es aus Sicht der Ministerin unbedingt bessere Rahmenbedingungen durch die neue Bundesregierung als in den vergangenen Jahren.
Bauwirtschaft in BW pessimistisch
Die Baubranche befürchtet, dass der Wohnungsmarkt zu einem sozialen Pulverfass werden könnte. Der Geschäftsführer der Landesvereinigung Bauwirtschaft, Thomas Möller, teilte mit, dass durch die Entwicklung auch mit einem Einbruch bei der Fertigstellung von Wohnungen zu rechnen sei. Im Jahr 2023 wurden in Baden-Württemberg laut Landesvereinigung Bauwirtschaft noch gut 43.500 Wohnungen neu gebaut. Dieser Wert werde aller Voraussicht nach in den Jahren 2024 und 2025 deutlich unterschritten, so Möller.
In der Bauwirtschaft herrscht bereits seit einiger Zeit Alarmstimmung. Vor allem die Preisanstiege für Material und Energie sowie höhere Kreditzinsen machen Bauen für viele Auftraggeber unrentabel. "Zudem hat sich die Neubauförderung des Bundes seit 2022 deutlich verschlechtert", sagte Möller. Aber auch Vorschriften, Auflagen oder hohe Baustandards erschwerten die Situation.
Eigentümerverband kritisiert Grunderwerbsteuer
Der Eigentümerverband "Haus & Grund" sieht den Staat als einen der Hauptkostentreiber. Demnach würden etwa 37 Prozent der Baukosten direkt oder indirekt durch den Staat verursacht werden, sei es durch die Kaufnebenkosten, wie die Grunderwerbsteuer oder durch strenge Bauvorschriften. "Haus & Grund" fordert daher, die Grunderwerbsteuer abzuschaffen oder wenigstens zu senken.
Die Grunderwerbsteuer kritisiert auch der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Baden-Württemberg (BFW). Eine vom BFW vorgeschlagene Absenkung der Grunderwerbsteuer habe das Finanzministerium abgelehnt, teilte der Verband mit. Eine Steuersenkung hätte private Investitionen gerade bei jungen Familien fördern und den Mietmarkt entlasten können.
Auch an der kürzlich reformierte Landesbauordnung übt der BFW Kritik: Diese biete kaum Impulse für den Neubau, da sie vorrangig Bestandsimmobilien im Blick habe. Die Änderungen würden erst bei künftigen Planungen relevant und senkten die Kosten nicht, so die BFW-Vertreter.