Alice Weidel, Bundes- und Fraktionsvorsitzende der AfD, und Tino Chrupalla, AfD-Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der AfD sind nicht begeistert über die Einstufung der AfD als "gesichert rechtsextremistisch" durch den Verfassungsschutz.

Baden-Württemberg AfD als "rechtsextremistisch" eingestuft: Warum einige BW-Politiker jetzt ein Parteiverbot fordern

Stand: 02.05.2025 21:29 Uhr

Der Verfassungsschutz stuft die AfD neuerdings als "gesichert rechtsextremistisch" ein. Politiker aus BW begrüßen die Entscheidung - von der AfD kommt scharfe Kritik.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD am Freitag als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft. Bereits seit 2021 gilt die Partei als rechtsextremer Verdachtsfall. Seither darf der Verfassungsschutz sogenannte nachrichtendienstliche Mittel verwenden, um Informationen über die AfD zu sammeln. Dass die AfD jetzt als gesichert rechtsextremistisch gilt, liege unter anderem am "ethnisch-abstammungsmäßigen Volksverständnis" der Partei, wie es in einer Mitteilung des Verfassungsschutzes heißt. Diese grenze Menschen aufgrund ihrer Herkunft aus und sei nicht mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung vereinbar.

Die neueste Entscheidung des Verfasschutzes bezieht sich auf die gesamte Partei. Derweil wird der baden-württembergische Landesverband bereits seit 2022 als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft.

BW-Innenminister Strobl (CDU) forciert politische Auseinandersetzung

Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) hält die Entscheidung für entlarvend. "Die AfD kann sich nicht mehr hinter dem Deckmantel der Bürgerlichkeit verstecken", sagte Strobl dem SWR am Freitag. Die neue Einstufung bestätige zudem, dass es gute Gründe dafür gebe, dass der AfD-Landesverband in Baden-Württemberg schon seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Man müsse jetzt weiter die politische Auseinandersetzung mit der AfD suchen.

AfD "gesichert rechtsextremistisch": SWR-Extremismusexperte ordnet ein

Wir müssen immer und immer wieder entlarven, dass diese angebliche Alternative keine Alternative ist und unser demokratisches Miteinander verächtlich macht. Thomas Strobl (CDU), Innenminister Baden-Württembergs

Finanzminister Bayaz fordert Konsequenzen für die AfD

Der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) geht noch einen Schritt weiter und fordert ein Verbot der AfD. Bislang habe es noch gute Gründe dafür gegeben, bei der Frage nach einem Parteiverbot skeptisch zu sein, schrieb Bayaz am Freitag auf der Social Media-Plattform X. "Aber es muss nun etwas daraus folgen, wenn eine Partei gesichert rechtsextrem ist. Sonst können wir uns jede Debatte über die wehrhafte Demokratie künftig sparen", so Bayaz weiter.

Danyal Bayaz (Grüne), Finanzminister von Baden-Württemberg, spricht sich für ein AfD-Verbot aus. (Archivbild)

Danyal Bayaz (Grüne), Finanzminister von Baden-Württemberg, spricht sich für ein AfD-Verbot aus. (Archivbild)

Der FDP-Landesvorsitzende Hans-Ulrich Rülke geht indes davon aus, dass die AfD gegen die Entscheidung klagen wird. Der Ausgang dieses Verfahrens bleibe abzuwarten. "Der AfD würde ich empfehlen, sich von Rechtsradikalen wie Herrn Höcke zu trennen, wenn sie nicht einem Verbotsverfahren ins Auge schauen will", sagte Rülke dem SWR.

Landtagspräsidentin stellt sich hinter den Verfassungsschutz

Die baden-württembergische Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) begrüßte die neue Einstufung. "Richtig so!", schrieb Aras auf X. Dabei richtete die Stuttgarterin ihren Post auch an CDU-Politiker Jens Spahn.

Dieser hatte sich vor Kurzem für eine Normalisierung im Umgang mit der AfD ausgesprochen. "Die AfD ist eben keine normale Oppositionspartei wie jede andere, sie hat sich in den letzten Jahren immer mehr radikalisiert und steht weit außerhalb der Werte des Grundgesetzes", schrieb Aras.

Die baden-württembergische Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) begrüßt die Entscheidung des Verfassungsschutzes. (Archivbild)

Die baden-württembergische Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) begrüßt die Entscheidung des Verfassungsschutzes. (Archivbild)

Stuttgarter Linken-Politiker fordert AfD-Verbot

Der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Luigi Pantisano (Linke) verwies auf X auf die Folgen, die die Verfassungsschutz-Entscheidung nun haben müssten. Man werde sich entweder positiv oder negativ an diesen Tag erinnern. "Positiv, wenn aus dem Bundestag heraus ein Verbotsverfahren gestartet wird oder negativ, wenn man sich verängstigt wegduckt und der rechtsextremen AfD die Machtergreifung ermöglicht", schrieb Pantisano am Freitag.

Die Linke setze sich für ein derartiges Verbotsverfahren ein. Elwis Capece, Landessprecher der Linken Baden-Württemberg, sagte, die AfD stelle "eine ernstzunehmende Gefahr für unsere Demokratie" dar. "Das Verbotsverfahren gegen die AfD muss endlich auf den Weg gebracht werden." Pantisano forderte die Bürgerinnen und Bürger außerdem dazu auf, ihren Wahlkreis-Abgeordneten zu schreiben und diese zum Handeln zu drängen.

AfD-Politiker erheben Vorwürfe gegen Verfassungsschutz

Anton Baron, Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag, kritisierte die Einstufung durch den Verfassungsschutz hingegen scharf. Baron sieht insbesondere die geschäftsführende Innenministerin Nancy Faeser (SPD) für die Entscheidung des Verfassungsschutzes verantwortlich.

"Diese Entscheidung ist wohl als letztes Zucken vom sogenannten Faeserland zu bewerten", sagte Baron am Freitag. Diesbezüglich wiederholte er den immer wieder von AfD-Funktionären vorgebrachten Vorwurf, dass der Verfassungsschutz von Weisungen des Innenministeriums abhängig und dessen Entscheidungen politisch motiviert seien.

Anton Baron, Fraktionsvorsitzender der Landtags-AfD, macht Innenministerin Nancy Faeser für die Einstufung seiner Partei verantwortlich. (Archivbild)

Anton Baron, Fraktionsvorsitzender der Landtags-AfD, macht Innenministerin Nancy Faeser für die Einstufung seiner Partei verantwortlich. (Archivbild)

AfD-Chefin Weidel kündigt Gang vor Gericht an

Emil Sänze, AfD-Co-Landesvorsitzender, schlug in die gleiche Kerbe. Die Argumentationskette des Verfassungsschutzes stehe auf "gläsernene Füßen", sagte Sänze am Freitag. Der Vorwurf, dass seine Partei gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung verstoße, sei unbewiesen. Der andere Landesvorsitzende, Markus Frohnmaier, sagte gegenüber dem SWR dass man trotz der neuen Einstufung so weitermachen werde "wie bisher".

Die beiden Co-Vorsitzenden der AfD, Alice Weidel (Wahlkreis Bodensee) und Tino Chrupalla kritisierten die neue Einstufung als "schweren Schlag gegen die bundesdeutsche Demokratie". Sie sei politisch motiviert und man werde sich dagegen juristisch zur Wehr setzen.

Faeser wehrt sich gegen Vorwürfe

Innenministerin Faeser wehrt sich gegen die Vorwürfe und betonte, dass der Verfassungsschutz die Entscheidung über die AfD selbst getroffen habe. "Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat einen klaren gesetzlichen Auftrag, gegen Extremismus vorzugehen und unsere Demokratie zu schützen", sagte sie laut einer Mitteilung.

Es hat keinerlei politischen Einfluss auf das neue Gutachten gegeben. Nancy Faeser (SPD), geschäftsführende Innenministerin

Die neue Einstufung sei das Ergebnis einer umfassenden Prüfung - diese sei in einem 1.100-seitigen Gutachten festgehalten.

Ex-Grünen-Chefin für Verbot der "gesichert rechtsextremen" Partei

Die frühere Parteicheichefin der Grünen, Ricarda Lang, plädierte indes dafür, ein AfD-Verbotsverfahren auf den Weg zu bringen. "Wann wäre der Moment, wenn nicht jetzt", sagte Lang, die für den Wahlkreis Backnang-Schwäbisch Gmünd im Bundestag sitzt, am Freitag beim Kirchentag in Hannover.

Sie sei dafür, dass der Bundestag solch ein Verfahren beschließt, ergänzte die Bundestagsabgeordnete und warb für entsprechende Gespräche der "demokratischen Fraktionen". Auch der Landesvorsitzende der baden-württembergischen Grünen, Pascal Haggenmüller, forderte ein AfD-Verbot. Die Partei sei eine "massive Gefahr" für Demokratie und Gesellschaft.

AfD Landesverband bleibt rechtsextremistischer Verdachtsfall

Für den baden-württembergischen Landesverband der AfD bedeutet die Entscheidung zunächst nichts. "Aktuell gilt weiterhin, dass die AfD in Baden-Württemberg als extremistischer Verdachtsfall bearbeitet wird", sagte ein Sprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz dem SWR am Freitag.

Die neue Einstufung nehme man aber zur Kenntnis und beziehe die neuen Erkenntnisse zur künftigen Beurteilung des AfD-Landesverbands Baden-Württemberg mit ein.

AfD kommt in Umfragen nahe an CDU heran

Bei der Bundestagswahl im Februar 2025 verdoppelte die AfD ihr Ergebnis im Vergleich zur Wahl im Jahr 2021. Mit 20,8 Prozent ist sie die zweitstärkste Fraktion im Bundestag und nimmt auf 152 Sitzen Platz. Doch in den Umfragen der vergangenen Wochen macht die AfD immer mehr Boden auf die Union gut. Sie erhielt bei der Wahl noch 28,6 Prozent aller Zweitstimmen. Dem aktuellen Deutschlandtrend zufolge liegt die CDU nur noch bei 26 Prozent, die AfD bei 24 Prozent.

Sendung am Fr., 2.5.2025 10:30 Uhr, SWR1 BW Nachrichten

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