Fragen und Antworten Welche Auswirkungen hat "Parteien-Sponsoring"?

Stand: 01.03.2010 20:13 Uhr

Angesichts der Sponsoring-Affären der CDU in Nordrhein-Westfalen und Sachsen wird der Ruf nach Transparenz bei diesen Zuwendungen immer lauter. Was versprechen sich Unternehmen und Parteien vom Sponsoring? tagesschau.de hat Antworten auf die wichtigsten Fragen zusammengestellt.

Worin unterscheiden sich Parteispenden von Partei-Sponsoring?

In Deutschland finanzieren sich die Parteien zu etwa 15 Prozent durch Parteispenden. Spenden über 10.000 Euro müssen im Rechenschaftsbericht ausgewiesen werden, die Spender namentlich genannt werden. Großspenden über 50.000 Euro müssen vom Bundestag unverzüglich veröffentlicht werden. Die Gelder sind zum Großteil nicht steuerlich absetzbar.

Sponsorengelder dagegen müssen Parteien beim Finanzamt nur unter "Einnahmen aus Veranstaltungen" oder "Sonstige Einnahmen" ausweisen. Die einzelnen Geldgeber müssen nicht genannt werden. Das Sponsoring reicht vom Schalten einer Anzeige in einem Parteiblatt über den Verkauf von Ausstellungsflächen auf Parteitagen bis hin zum jetzt im Fall NRW und Sachsen kritisierten Angebot: Gespräche mit dem Ministerpräsidenten gegen Geld.

Welche Vorteile versprechen sich Unternehmen vom Sponsoring?

Mittlerweile sind zahlreiche Firmen und Anwaltskanzleien in Deutschland mit dem Verkauf politischer Kontakte beschäftigt. Sie vermitteln die Teilnahme an Hintergrundgesprächen oder Empfängen und Abendessen mit Politikern. Die Unternehmen erhoffen sich einen Imagegewinn bei den Delegierten der Parteitage. Zudem gehört es mittlerweile zur Marketingstrategie, bei solchen Auftritten in den Medien aufzutauchen.

Auf den Parteitagen finden sich vor allem Interessenverbände und die Vertreter großer Unternehmen, darunter zahlreiche Dax-30-Konzerne. Elmar Wigand von LobbyControl glaubt, die Parteitage verkämen zeitweise zur "Lobby-Kirmes". Nach Ansicht des Parteienforschers Gerd Langguth vermuten Firmen, "sie hätten durch ihre Präsenz später leichteren Zugang zur Politik, wenn sie tatsächlich irgendwelche Fragen und Probleme haben".

Warum werben die Parteien so intensiv um die Wirtschaft?

Die Einnahmen der Parteien aus Mitgliedsbeiträgen und Parteispenden schrumpfen. Allein deshalb werden andere Einnahmequellen immer wichtiger. Parteienforscher Langguth schätzt den Anteil aus dem Sponsoring im Gespräch mit tagesschau.de zwar nur auf etwa ein Prozent. Dennoch reichten Einnahmen in der Regel aus, um beispielsweise einen etwa eine Million Euro teuren Bundesparteitag zum Teil zu finanzieren. Zudem müssen die Parteien Sponsorengelder nicht gesondert beim Finanzamt deklarieren, sondern können sie als "Sonstige Einnahmen" geltend machen.

Wie halten es andere Länder mit den Parteispenden?

Eine generelle Offenlegung ist nach Angaben der schwedischen Nichtregierungs-Organisation "Political Finance Database" z.B. in Bulgarien, Estland, Frankreich, Lettland, Litauen, Polen, Spanien, Tschechien und Ungarn vorgesehen. Grenzen, ab denen Spenden offengelegt werden müssen, gibt es unter anderem in Belgien, Dänemark, Deutschland und den Niederlanden. Keine Offenlegungspflicht existiert in Ländern wie Finnland, Malta, Schweden, der Slowakei und Zypern.

In rund der Hälfte der Länder Europas gibt es zusätzlich Obergrenzen der Summe pro Spender, entweder pro Jahr oder pro Wahlperiode. Dabei ist es wichtig, woher die Gelder stammen. Beschränkungen gibt es etwa für anonyme Spenden, Spenden von Auftragsnehmern der Regierung, Staatsunternehmen oder generell von Firmen oder Gewerkschaften.

In den USA gibt es seit Anfang des Jahres keine Grenze mehr für Geldspenden. Die bisherige Begrenzung hätte die Grundrechte der Unternehmen auf freie Meinungsäußerung verletzt, argumentierten die Richter des Obersten Gerichtshofes in ihrem Urteil vom Januar.

Sollte das Parteiengesetz geändert werden?

Als Konsequenz aus der Affäre um Zahlungen für Gesprächstermine mit den CDU-Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen und Sachsen fordern Grüne und die Linkspartei nun eine Änderung des Parteiengesetzes. Einnahmen aus Sponsoring sollten künftig genauso wie herkömmliche Parteispenden zeitnah und regelmäßig veröffentlicht werden. Zudem schaffe die Gleichbehandlung von Spenden und Sponsorengeldern mehr Transparenz. Elmar Wigard von LobbyControl fordert im Gespräch mit tagesschau.de, eine unabhängige Prüfstelle einzurichten, "die detaillierte Berichte von Parteien einfordert, diese überprüft, veröffentlicht und gegebenenfalls Sanktionen verhängen kann." Eine Änderung des Parteiengesetzes wäre mit der Mehrheit im Bundestag möglich.

Welche Positionen vertreten die einzelnen Parteien?

Sponsoring ist seit Jahren auf Parteiveranstaltungen von CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen verbreitet. Allerdings, so Parteienforscher Langguth seien "Regierungsparteien sicher attraktiver als Oppositionsparteien" und könnten deshalb auch höhere Preise verlangen. Im Gegensatz zu den Grünen und der Linkspartei sieht die Unionsfraktion keinerlei Regelungslücke.

Auch SPD und FDP halten eine grundlegende Änderung des Gesetzes derzeit nicht für notwendig. Alle drei Fraktionen würden sich nach Angaben aus Parteikreisen jedoch nicht sperren, wenn Übereinstimmung herrsche, dass das Gesetz geändert werden müsse.

Warum werden die CDU in NRW und Sachsen vehement kritisiert?

Die NRW-CDU hatte Parteitagsteilnehmern exklusive Gespräche mit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers für 6000 Euro angeboten. Ähnlich lief es in Sachsen. Für die Veranstaltung "Denkfabrik Sachsen" konnten Unterstützer zu einem Preis von bis zu 8000 Euro Standflächen erwerben - inklusive eines Fototermins, einer Erwähnung in der Begrüßungsrede sowie eines kurzen Gesprächs mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich.

Kritiker werfen Rüttgers und Tillich vor, ihr Amt als Ministerpräsidenten für Partei-Interessen zu missbrauchen. Parteiexperte Langguth sagt dazu: "Es ist doch ganz klar, dass wenn ein Landesvorsitzender, der vielleicht noch zudem Ministerpräsident ist, einen Standrundgang macht, immer bei denen länger stehen bleibt, die besonders viel investiert haben."

Zusammengestellt von Andreas Bauer und Oliver Steen für tagesschau.de